Buchen. Die älteste Apotheke in Buchen, die Stadt-Apotheke am Bild in der Hochstadtstraße, schließt am 6. Juni für immer ihre Türen. Damit endet eine lange Tradition der Gesundheitsversorgung in der Stadt, die seit 1811 andauerte. „Die schwierige wirtschaftliche Lage, eine Softwareumstellung, die mit hohen Investitionen verbunden ist, und ein eklatanter Personalmangel lassen uns keine andere Wahl“, erklärt Mitinhaberin Doris Friesenhahn im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten.
Die Familie Balkenhol führte seit 1937 die Apotheke. Nach dem Tod von Anette Balkenhol übernahm Familie Friesenhahn im Oktober 2020 die Stadt-Apotheke. „Wir wollten die Tradition erhalten und haben uns deshalb an das Vorhaben herangewagt“, informiert Rudolf Friesenhahn. Es sei eine Herzensangelegenheit für das Ehepaar gewesen. Die Schließung falle ihnen schwer. „Wir sind dankbar für die Treue unserer Kunden und die schönen Begegnungen“, sagt er. Die aus dem Saarland stammende Familie führt seit 1995 noch die Apotheke am Musterplatz. Die Sonnenapotheke kam 1999 dazu.
Rahmenbedingungen haben sich verschlechtert
Im Vergleich zu 2020 haben sich die Rahmenbedingungen verschlechtert. Es sei immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden, erklärt der Apotheker. Viele würden lukrativere Tätigkeiten vorziehen, zum Beispiel in Pflegeberufen oder in einem Krankenhaus. Auch seien dort die Arbeitszeiten geregelter. 100 Notdienste hätten sie im vergangenen Jahr geleistet. Die hohe Arbeitsbelastung sei für das Ehepaar, das über 60 ist, nicht mehr stemmbar. „Steigende Kosten, geringere Erträge und mehr Bürokratie erschweren zusätzlich das Geschäft“, sagt Rudolf Friesenhahn. Die Honorierung sei seit 20 Jahren kaum angepasst worden, fügt Doris Friesenhahn hinzu. Auch die Konkurrenz aus dem Internet mache zu schaffen.
Nicht nur geringere Margen und der Personalmangel führen zur Schließung der Stadt-Apotheke. Trotz der Probleme hatten die Friesenhahns nicht vor, sie zu schließen. Tochter Anna-Lena hatte die Leitung der Apotheke übernommen, um die Eltern zu entlasten. Eine Softwareumstellung im Juni, die pro Apotheke 150.000 bis 200.000 Euro kosten wird, bewog die Familie, umzudenken. „Die Kosten sind nicht mehr tragbar“, sagt Doris Friesenhahn.
Apothekensterben ist seit Jahren zu beobachten
Die Schließung der Stadt-Apotheke ist kein Einzelfall in Deutschland. „Das Apothekensterben geht unvermindert weiter. Im vergangenen Jahr haben 530 Apotheken für immer geschlossen, im Jahr davor waren es knapp 500“, informiert Frank Eickmann, stellvertretender Geschäftsführer des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg. Im ersten Quartal 2025 seien weitere 133 in Deutschland verschwunden, sodass aktuell etwa 16.900 Apotheken die Menschen mit Arzneimitteln versorgten. Vor zehn Jahren seien es noch rund 20.000. „Dieser traurige Trend geht auch an Baden-Württemberg nicht vorbei, wo im vergangenen Jahr 79 Apotheken geschlossen haben“, erklärt Eickmann. Im EU-weiten Durchschnitt würden 31 Apotheken pro 100.000 Einwohner zur Verfügung stehen. In Deutschland nur 20. Die neue Bundesregierung habe eine Anpassung des Honorars in Aussicht gestellt. „Die muss nun aber schnell kommen, um die flächendeckende Versorgung durch Apotheken nicht vollständig zu verlieren“, sagt er.
Gerade im ländlichen Raum ist die Apotheke ein wichtiger Gesundheitsdienstleister. „Sie gehört zur kritischen Infrastruktur“, sagt der Walldürner Apotheker Jan Reuter, Beiratsmitglied im Landesapothekerverband Baden-Württemberg. Das habe sich besonders in der Corona-Pandemie gezeigt. „Die enge Zusammenarbeit mit Ärzten und Pflegepersonal ist hier nicht nur hilfreich, sie ist unverzichtbar. Wenn diese Struktur wegbricht, verlieren die Menschen nicht nur eine Arzneiausgabe, sondern einen verlässlichen Ansprechpartner für Gesundheit, Versorgung und Beratung“, fügt er hinzu.
Was aus dem Gebäude der Stadt-Apotheke wird, ist noch nicht sicher. Der Mietvertrag läuft noch zehn Jahre. „Der zur Tradition gewordene geschmückte Weihnachtsbaum und die Fastnachtsbeschmückung des Schaufensters wollen wir, solange es uns möglich ist, fortführen“, sagt Doris Friesenhahn. Trotz der Schließung der Stadt-Apotheke ist Buchen weiterhin gut mit Apotheken versorgt: vier in der Kernstadt und eine in Hettingen.
Die sechs Mitarbeiter werden auf die anderen Apotheken verteilt. Insgesamt beschäftigt die Familie 30 Personen. Durch die Zusammenlegung sehen sich die Friesenhahns gut für die Zukunft aufgestellt. „Die Kunden werden ihre Apotheke vermissen, sie werden aber weiterhin vertrauten Gesichtern in den beiden anderen Apotheken begegnen“, sagt Rudolf Friesenhahn.
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