Schloss- und Burgführung in Bödigheim - Helga Rüdt von Collenberg stellte das Anwesen ihrer Familie vor / Blick auf die Ahnengalerie geworfen

Interessanter Streifzug durch die Geschichte

Von 
Maria Gehrig
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Bödigheim. Ein wenig Romantik schwingt schon mit: Der laue Spätsommerabend am Ende eines sonnigen Tages lädt förmlich dazu ein, die Schloss- und Burganlage in Bödigheim einmal näher kennenzulernen. Diese Gelegenheit bekommt man äußerst selten, denn das Anwesen ist komplett in Privatbesitz und normalerweise nicht zugänglich.

Das Interesse an der von der Volkshochschule Buchen angebotenen Führung ist groß - kein Wunder, denn das Areal weist eine Reihe von Besonderheiten auf, die Helga Rüdt von Collenberg als Mitglied der Adelsfamilie bei einem Rundgang verdeutlicht.

Drei Zeugen aus drei verschiedenen Kulturepochen, das gibt es im Neckar-Odenwald-Kreis nur einmal. Ausgehendes Mittelalter, Renaissance und Barock - diese drei architektonischen Baustile sind in Bödigheim noch gut erhalten und zu bewundern.

Die letzten Sonnenstrahlen tauchen den im 13. Jahrhundert erbauten Bergfried in ein sanftes Abendlicht. Der Erbauer mit Namen Wipertus hätte wohl heute noch seine helle Freude dran. Mit ihm beginnt die 700 Jahre alte Geschichte der Familie Rüdt, die - als weitere Besonderheit - heute noch im Besitz der Anlage ist. Jener "Wipertus zu Amorbach dictus de Rüde zu Rüdenau" ist Mitte des 13. Jahrhunderts Vogt in Bödigheim, das Zentrum der Grundherrschaft des Benediktinerklosters Amorbach war.

Der Mann ist ehrgeizig und eignet sich auch Rechte im Dorf an, kauft die Collenburg am Main und stirbt als begüterter Mann.

Der Spaziergang führt weiter vom Schlosshof hinauf zur Burg und die Treppe entlang des 30 Meter hohen Bergfrieds hoch zum "Burggärtchen" mit dem Badehaus, einem in der Tat "lauschigen Plätzchen", das über den Dächern des Schlosses einen absolut herrlichen Blick auf das Dorf mit seiner Kirche gewährt.

"Das wäre ein schöner Ort für Verliebte", schwärmt eine Teilnehmerin förmlich. Doch es ist nur den Bewohnern des Schlossareals zugänglich und auch nicht für ein Wochenende mal zu mieten. Ganz geschlossen ist der Turm. Helga Rüdt von Collenberg gesteht: "Ich war vielleicht vor 50 Jahren das letzte Mal da oben". Bewohnt ist der Bergfried dennoch: von Schleiereulen und Turmfalken.

Langsam bricht die Nacht herein und der Weg führt in die "gute Stube", den Ahnen- und zugleich Speisesaal. Unzählige Gemälde mit Vorfahren der zum niederen Landadel gehörenden Rüdts schmücken die Wände.

Einer sticht ob seiner Größe und Bedeutung besonders heraus. Es ist das Porträt von Johann Ernst, dem 1640 geborenen Stammvater aller heute lebenden Rüdts, welche in der 21. Generation die Bödigheimer Linie vertreten.

Kein Zuckerschlecken

Dass das Leben in früheren Jahrhunderten kein Zuckerschlecken war, zeigt der 30-jährige Krieg recht exemplarisch. Schloss und Dorf lagen in Schutt und Asche, die Einwohnerzahl Bödigheims dezimierte sich von 1000 auf 150.

Leibeigenschaft, Aufstände gegen die Grundherrschaft, Streit mit dem Dorf, die Abschaffung der Feudalherrschaft - der Lauf der Geschichte machte auch vor Bödigheim nicht Halt. Von Romantik ist da nun wirklich keine Spur.

Der Brand des Pavillonbaus 1943 ist ein weiterer Schock für die Familie. Ende des 20. Jahrhunderts finden sich Investoren, die den Nordbau des Barockschlosses renovieren und den Mittelpavillon als Wohnraum ausbauen. Der Großteil des Areals ist heute vermietet, teilweise haben sich Familienmitglieder Ferienwohnungen eingerichtet. Wen wundert's. Die Rüdts sind über den ganzen Erdball verstreut und leben teilweise in Amerika, Australien, Thailand, Spanien und in ganz Deutschland.

Die Schlossgesellschaft mit 18 Familienmitgliedern kümmert sich um den Erhalt der Anlage. Das ist kein leichtes Unterfangen, wie Helga Rüdt von Collenberg weiß.

Nach knapp zwei Stunden ist der aufschlussreiche Abend dann zu Ende. Ganz heimlich hat der Vollmond den Nachthimmel erobert und schaut friedlich auf den alten Burgturm.

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