Goldenes Buch

Goldenes Buch von Buchen: Eine Zeitreise durch die Stadtgeschichte

Politiker, Bischöfe, Schriftsteller und sogar eine thailändische Prinzessin haben sich durch ihre Unterschrift verewigt. Helmut Pöpperl gestaltet die Seiten

Von 
Martin Bernhard
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Drei Goldene Bücher hat die Stadt Buchen seit 1968 fast gefüllt. In dem aktuellen Band (rechts) sind nur noch vier Seiten frei. © Martin Bernhard

Buchen. Auf den Eintrag von Maha Chakri Sirindhorn im Goldenen Buch der Stadt ist Bürgermeister Roland Burger besonders stolz. Die thailändische Kronprinzessin weilte allerdings nicht auf Einladung der Stadt in Buchen, sondern des Unternehmers Harald Link. Im Goldenen Buch verewigte sie sich dennoch. Link leitet den Konzern „Grimm Group“ in Thailand. Links Mutter war eine Freifrau Rüdt von Collenberg, und zwar der Bödigheimer Linie. Der deutsch-thailändische Unternehmer zeigte seinen Freunden seine familiären Wurzeln mit Schloss und Familiengruft.

Seit über 40 Jahren gestaltet Helmut Pöpperl die Seiten des Goldenen Buchs am heimischen Wohnzimmertisch. © Martin Bernhard

Besondere Erinnerungen hat der Bürgermeister auch an einen Besuch von Otto von Habsburg, dem Sohn von Karl I., dem letzten Kaiser von Österreich-Ungarn. Dieser hielt auf Einladung der Paneuropa-Union in 1986 im Wimpinasaal einen Vortrag.

ersönliche Erlebnisse verbindet Burger mit der „Deutsch-Sowjetischen Landes-Jugend-Briefmarkenausstellung in Rang 2“, die von 27. bis 31. März 1986 in Buchen stattfand. Diese hatte er gemeinsam mit dem heutigen Landrat Dr. Achim Brötel für die Briefmarkenfreunde Buchen organisiert. Auch diese Veranstaltung fand Eingang in das Goldene Buch. Der Eintrag des ehemaligen Schachweltmeisters Anatoli Karpow gefällt Burger besonders gut. Der Russe besuchte die Stadt am 1. Januar 2011, um einen Stützpunkt der „Karpow Schachakademie Rhein-Neckar“ zu eröffnen.

Wer sich im Goldenen Buch der Stadt verewigen will, müsse Prominentenstatus besitzen, erläuterte Burger. Man wolle solchen Personen eine besondere Wertschätzung zeigen. Auch Ehrengäste und Teilnehmer bedeutender Veranstaltungen, die in Buchen stattfinden, dürfen sich in das Buch eintragen.

Blättert man in den drei Goldenen Büchern der Stadt, unternimmt man eine Zeitreise in die Bundesrepublik der vergangenen 55 Jahre. Der erste Band wurde im Jahr 1968 angelegt. Auf der ersten Seite stellt sich die Kreisstadt mit damals 5500 Einwohnern selbst vor. Es folgen Kurzdarstellungen von Betrieben aus Industrie und Handwerk. Der erste Eintrag eines Besuchers stammt von Bundeskanzler Dr. Kurt Georg Kiesinger vom 28. März 1968, der zweite von Ministerpräsident Dr. Hans Filbinger vom 23. April 1968. Damals wurden nur Name, Datum und Unterschrift aufgeführt, aber nicht – wie später – der Anlass des Besuchs. Außerdem wurde die Schrift nicht kalligraphisch gestaltet.

Außergewöhnlich: Der Eintrag einer thailändischen Prinzessin. © Martin Bernhard

Viele Bischöfe, die das Sakrament der Firmung in Buchen spendeten, fanden Eingang in das Buch. Lothar Späth unterschrieb mehrfach, zum ersten Mal am 25. März 1974 als CDU-Fraktionsvorsitzender, am 9. Juli 1979 als Ministerpräsident und am 12. März 2011 als Redner bei einer Wahlkampfveranstaltung. Inzwischen darf sich dieselbe Person nur ein Mal in das Buch eintragen.

Heiner Brand und Martin Walser

Man findet in dem Buch Prominente wie den ehemaligen Handball-Nationaltrainer Heiner Brand und den Schriftsteller Martin Walser. Jüngster Unterzeichner dürfte Boris Bachert sein, der sich im Alter von 13 Jahren als zweifacher Deutscher Tennis-Jugendmeister im Jahr 1994 einschrieb. Die Festgäste des Stadtjubiläums von 1980 findet man ebenso in dem Buch wie die Teilnehmer eines Fortbildungsseminars für Physiotherapeuten und Trainer der Nationalmannschaften und der Landesskiverbände in den Bereichen Skisprung und Nordische Kombination.

Eintrag eines Chors aus Kreta. © Martin Bernhard

Den aktuellen Band eröffnete am 3. November 2002 Dov Ben-Mair, stellvertretender Präsident der Knesset. Darin haben sich auch die Ehrengäste der Feier zur Eröffnung der Stadthalle verewigt und die Weltmeister der Hip-Hop-Gruppe „Connexion“. Weil der Platz immer knapper wurde, beschloss Roland Burger, dass Einträge auch auf den linken Seiten des Buchs beginnen dürfen. Im aktuellen Band sind noch vier Seiten frei. Die Stadt wird sich also bald ein neues Buch anschaffen müssen.

Für die künstlerische Ausgestaltung des Buchs ist seit 1978 Helmut Pöpperl verantwortlich – bis zum Jahr 2001 im Rahmen seiner Anstellung als Amtsbote, danach freiberuflich als Rentner. „Für jede Person baue ich einen kleinen Gag ein“, erläuterte der 81-Jährige. So habe er die Karpow-Seite mit einer Rochade gestaltet. Für die Seite für die thailändische Prinzessin wählte er Lotusblumen als Verzierung.

Auch der ehemalige Schach-Weltmeister Anatoli Karpow hat sich ins Goldene Buch eingetragen. © Martin Bernhard

Zu Pöpperls Werkzeugen gehören Filzstifte, Wachsmalkreide, Edding-Stifte, Blei- und Buntstifte, Radiergummi, Federkiele und Tusche. In der Regel beauftragt die Stadtverwaltung den Künstler vier Tage vor dem Besuchstermin mit der Seitengestaltung.

Würstlegriller trug sich ein

Immer wieder erhält Pöpperl positive Rückmeldungen zu seiner Arbeit. Manch einer fotografierte die Seite ab, weil diese ihm so gut gefiel. Und auch Anekdoten erzählte der 81-Jährige. Zum Beispiel die über einen Würstlebräter bei einem Benefiz-Fußballspiel im Buchener Frankenlandstadion. Das Goldene Buch lag aus, damit die Spieler sich später darin eintragen konnten. Kurzerhand ergriff der Würstlegriller den Stift und schrieb seinen Namen in das Buch. Bisher hat sich daran keiner gestört.

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