Sommerlicher Ortsrundgang (Teil 9) - Ortsvorsteher Manfred Ballweg-Moe ist davon überzeugt, dass Stürzenhardt "die schönsten Bauplätze im Kreis" hat

Ein Superlativ nach dem anderen

Von 
Maria Gehrig
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Ruhe, Idylle und eine atemberaubende Aussicht bietet der Buchener Stadtteil Stürzenhardt. Ortsvorsteher Manfred Ballweg-Moe fühlt sich hier pudelwohl.

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Stürzenhardt. Mit Superlativen kann sich der Buchener Stadtteil Stürzenhardt schmücken. Ortsvorsteher Manfred Ballweg-Moe zählt sie auf: "Stürzenhardt ist der kleinste, jüngste, höchste und schönste Ortsteil der Odenwaldstadt." Das ist jede Menge für das 90-Seelen-Dorf, das 2004 sogar die Schallmauer von 100 Einwohnern durchbrochen hatte und 103 Bürger zählte.

Jüngster Stadtteil

"Wenn eine oder zwei Familien mit Kindern wegziehen, dann schlägt sich das natürlich deutlich in der Einwohnerzahl nieder", erklärt Ballweg-Moe. Von den 24 Häusern in Stürzenhardt stehen momentan drei leer. "Diese Problematik hält sich bei uns noch in Grenzen", meint der Ortsvorsteher und ist stolz darauf, dass "sein Stadtteil" unter den Buchener Teilgemeinden demografisch gesehen der jüngste ist. Der Altersdurchschnitt aller Einwohner liegt deutlich unter 40 Jahren.

Das bietet gute Zukunftschancen. Zumindest aus heutiger Sicht betrachtet. "Man weiß nicht, wie sich alles weiterentwickelt", gibt der Ortsvorsteher zu bedenken. Noch hat Stürzenhardt in seinen Mauern drei Vollerwerbslandwirte, die den Großteil der Gemarkungsfläche bewirtschaften. Zudem sind im Dorf ein Rosenzüchter und ein Hersteller von Kräuterelexier ansässig. Rund 90 Prozent der Erwerbstätigen pendeln nach Buchen.

Dass sich die Bürger trotz Schließung des Gasthauses "Goldener Adler" vor Jahren auch heute noch treffen können, um Neuigkeiten auszutauschen und die Geselligkeit zu pflegen, gibt es das umgebaute und sanierte Dorfgemeinschaftshaus mitten im Dorf. "Dieses Angebot ist Gold wert", betont Ballweg-Moe. Dort hat sich ein fester Stammtisch etabliert. Jeder kann kommen, wenn er will. Sein Wunsch ist es, dass auch die Neubürger hier Kontakt zur Dorfbevölkerung finden.

Mit Infrastruktur zufrieden

Freitags, samstags und sonntags ist das Lokal geöffnet. Regelmäßig genutzt wird auch der Jugendraum im gleichen Haus, allerdings mehr im Winter. Denn im Sommer genießen die jungen Leute ihre Freizeit eher draußen.

Bereits Anfang der 1990er-Jahre wurde das Baugebiet "Hostwiesen" geschaffen. Dieses Fleckchen Erde gibt an klaren Tagen einen unvergesslichen Blick über den Odenwald und das Bauland bis hin zur Schwäbischen Alb frei. Buchen, Osterburken und jede Menge Windräder im Umkreis tauchen auf und berauschen den Betrachter. Allerdings pfeift der Wind bei rund 450 Höhenmetern ganz schön um die Ohren.

Ob der tollen Aussicht ist Ortsvorsteher Ballweg-Moe fest davon überzeugt, dass Stürzenhardt wegen seiner Höhenlage die schönsten Bauplätze im ganzen Neckar-Odenwald-Kreis vorweisen kann. Vier neue Häuser sind in den "Hostwiesen" bereits entstanden, fünf öffentliche und zwei private Bauplätze stehen noch zur Verfügung. 2015 soll die Erschließungsstraße fertiggestellt sein.

Mit der Infrastruktur Stürzenhardts ist der Ortsvorsteher zufrieden. Die Ortsdurchfahrt wurde mit Gehwegen sowie Ver- und Entsorgungsleitungen vor etwa 20 Jahren in Schuss gebracht. Sogar eine eigene Kläranlage besitzt das Dorf. Allerdings steht diese in technischer Hinsicht auf dem Prüfstand. Mit der Stromgewinnung durch Photovoltaikanlagen ist Stürzenhardt inzwischen nahezu autark.

Dass es keinen Laden im Ort gibt, stört die Bewohner wenig. Sie waren schon fast immer Selbstversorger. Die nötigen Einkäufe erledigt man im Umland, doch man ist auch dankbar, dass ein Bäcker zweimal pro Woche vorbeikommt.

In der kleinen, 1795 errichteten Kapelle finden werktags in regelmäßigen Abständen noch Gottesdienste statt. Bis 1871 gehörte man als Filialort zu Buchen, danach bis heute zur Pfarrei Steinbach/Mudau. Das kleine Gotteshaus wird gern für Trauungen nachgefragt.

"Wir sind eigentlich wunschlos glücklich", sagt der Ortsvorsteher. Und weil keine Wünsche vorhanden sind, meldet der Ortschaftsrat auch keine Mittel beim städtischen Haushalt an. Aber ein Aufreger-Thema gibt es in Stürzenhardt dann doch, besser gesagt zwei.

"Viele sind verärgert über die unzuverlässige Beförderung mit dem öffentlichen Bus in Richtung Buchen", echauffiert sich Ballweg-Moe. Gelegentlich sei es dem Zufall überlassen, ob der Bus angefahren komme, oder nicht. Im Winter sei das eine Katastrophe, wenn die Schulkinder in der Kälte stehen müssen. "So einen Zustand kann man nicht hinnehmen. Es muss eine Lösung her", wendet er sich an das für die Beförderung zuständige Landratsamt in Mosbach.

Was den Stürzenhardtern noch aufstößt, ist das alte und marode Telefonnetz in Richtung Mudau. Oftmals seien die Anschlüsse wochenlang lahmgelegt. Dank DSL sind einige Haushalte inzwischen aufs Telefonieren per Internet umgestiegen - und auf's Fernsehen via Computer, wenn Stürme den konventionellen Empfang wieder einmal unmöglich gemacht haben.

"Natur pur", Wanderrouten mit herrlichen Ausblicken und der Golfplatz Mudau um die Ecke seien Überlegungen wert, ob Stürzenhardt das Thema Tourismus forcieren sollte, so der Ortsvorsteher. Im Frühjahr und Sommer fährt er gern mit seinem Rad vom "Stürzenhardter Brückle" die Serpentinen hoch bis zum Grillplatz, zu Spitzenzeiten achtmal hintereinander die drei Kilometer lange Strecke - bei 200 Metern Höhenunterschied. Das muss ihm erst mal jemand nachmachen!

Fakten zu Stürzenhardt

Einwohner: 90.

Gemarkungsfläche: 300 Hektar, davon die Hälfte Wald.

Ersterwähnung: Hochmittelalterliche Rodungssiedlung, erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1366, Ortsherrschaft beim Kloster Amorbach, zu Beginn des 15. Jahrhunderts als Lehen an die Rüdt von Collenberg, nach 1642 wieder durch das Kloster direkt ausgeübt, Landesherrschaft beim Kurfürstentum Mainz. Seit der Säkularisation 1803 beim Fürstentum Leiningen, 1806 zum Großherzogtum Baden.

Ortsvorsteher: Manfred Ballweg-Moe (seit 2004).

Größte Vereine: Jugend- und Heimatverein, Freiwillige Feuerwehr.

Landwirtschaftliche Betriebe im Haupterwerb: 3.

Gaststätten: Keine. Am Wochenende gibt es aber Bewirtung im Dorfgemeinschaftshaus.

Lebensmittelläden: Keine.

Wichtigste Feste: Grillfest der Feuerwehr, Sonnwendfeuer und Oktoberfest des Heimatvereins.

Das alte Wappen (Bild): In halb gespaltenem und geteiltem Schild vorn in Rot eine goldene Krone, hinten in Blau eine silberne Lilie, unten in Blau ein rotbewehrter, rotbezungter silberner Adler. - Krone und Lilie erinnern an das Kloster Amorbach, der Adler an die Fürsten von Leiningen.

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