Gesundheitsversorgung

Die letzte HNO-Praxis im Mittelbereich Buchen schließt

Dr. Veronika Schneider schließt Ende November ihr Hals-Nasen-Ohren-Praxis in Hainstadt. Sie geht in den vorgezogenen Ruhestand. Einen Nachfolger hat sie nicht gefunden.

Von 
Martin Bernhard
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Dr. Veronika Schneider schließt ihre Praxis in Hainstadt in drei Monaten. Sie war rund 25 Jahre in Buchen und Hainstadt als HNO-Ärztin tätig. © Martin Bernhard

Hainstadt. „Ich habe meinen Job sehr gern gemacht“, sagt Dr. Veronika Schneider im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. Etwa 25 Jahre lang war sie in Buchen und Hainstadt als Hals-Nasen-Ohren-Ärztin tätig. Ende November schließt sie ihre Praxis in Hainstadt. „Ich gehe in den leicht vorgezogenen Ruhestand“, sagt sie. Denn ihr Mann trete in die Passivphase der Altersteilzeit ein. Beide wollen ihre Enkelkinder aufwachsen sehen und reisen, so lange es ihre Gesundheit zulässt.

Seit 2011 Praxis in Hainstadt

Veronika Schneider war 1999 nach Buchen in die HNO-Praxis der Ärzte Heinrich Laier und Hans-Jürgen Streckfuß gekommen. Sie legte ihre Facharztprüfung ab und stieg im April 2001 als Partnerin in die Praxis ein. Als 2011 nach Dr. Laier auch Dr. Streckfuß in den Ruhestand wechselte, eröffnete sie eine eigene Praxis in Hainstadt. Im April 2022 gab sie ihre kassenärztliche Zulassung zurück und behandelt seitdem nur noch Privatpatienten und Selbstzahler. „Ich habe draufgelegt bei den Kassenpatienten“, erklärt sie diese Entscheidung. Seit Juni 2022 führt sie die Praxis ohne Angestellte.

Ihrer Meinung nach verfolgen die politisch Handelnden auf Bundesebene das Ziel, dass Facharztpraxen aus der Fläche verschwinden sollen. Diese sollen in großen Zentren konzentriert sein. Während die Gehälter für medizinisches Fachpersonal ständig gestiegen seien, seien die Honorare für Behandlungen nicht entsprechend angepasst worden. „Bestenfalls um ein Prozent im Jahr“, sagt Schneider. „Das Behandeln von Kassenpatienten war ein Zuschussgeschäft.“ Denn sie habe etwa 32 Euro an Budget pro Patient und Quartal erhalten. Dafür durfte der Kassenpatient so oft in die Praxis kommen, wie er wollte. „Zeit für Gespräche waren bei der Behandlung nicht mehr drin“, stellt die Ärztin fest. „Das war wegen der engen Zeittaktung nicht mehr möglich.“ Sie habe das, was sie für ihre Kassenpatienten eingenommen habe, allein für Personalkosten ausgeben müssen. Für Miete, Nebenkosten und ihr Honorar als Ärztin habe das Honorar der gesetzlichen Krankenkassen nicht gereicht. „Die Privatpatienten haben die Kosten für die Kassenpatienten mitfinanziert“, erläutert sie.

Wie der Landkreis Ärzte sucht

Kreisentwicklerin Leonie Teichmann erläutert, was sie unternimmt, um Ärzte für den Landkreis zu gewinnen.

Frau Teichmann, was hat der Landkreis unternommen, um einen möglichen Nachfolger für die HNO-Praxis zu finden?

Leonie Teichmann: Der Landkreis verfügt seit 2020 über ein eigens eingerichtetes Netzwerk „Wir für Medizin(er)“, das Ärztinnen und Ärzte vom Studium bis zur Niederlassung unterstützt, unter anderem im Rahmen der landkreisspezifischen Niederlassungsberatung. Diese umfasst zum Beispiel die Kontaktvermittlung zu Praxen, die auf der Suche nach einer Nachfolge sind, die Unterstützung bei der Suche nach Praxisräumen, die Beratung hinsichtlich finanzieller Fördermittel oder auch Unterstützung im privaten Bereich, wie Betreuungsangebote für Kinder. Das „Medizin(er)-Netzwerk“ hat auch Frau Schneider seit 2021 dabei unterstützt, einen Nachfolger zu finden. Es wurde gezeigt, auf welchen Portalen und durch welche Ansprechpartner auf die Nachfolgesuche aufmerksam gemacht werden kann. Außerdem wurden Kontakte zu Kliniken und anderen Praxen vermittelt, um niederlassungswillige Ärzte auf die Praxis aufmerksam zu machen. Zudem wurde die Nachfolgesuche in der Stellenbörse des „Medizin(er)-Netzwerks“ veröffentlicht. Weiterhin kontaktierte das Landratsamt Ärzte innerhalb seines Netzwerks sowie jene, die öffentlich bekannt machten, auf der Suche nach einer HNO-Praxis in Baden-Württemberg zu sein. Außerdem beteiligte ich mich auf Wunsch bei Praxisbesichtigungen von Interessenten.

Gab es Interessenten? Warum haben diese sich nicht für die Praxis entschieden?

Teichmann: Ja, es gab Interessenten. In denjenigen Fällen, in denen das Landratsamt involviert war, entschieden sie sich aufgrund ihrer familiären Situation dagegen.

Gibt es andere Überlegungen, wie die HNO-ärztliche Versorgung im Raum Buchen wohnortnah sichergestellt werden kann?

Teichmann: Zuallererst ist es wichtig zu erwähnen, dass der Sicherstellungsauftrag für die vertragsärztliche Versorgung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) liegt und nicht beim Landratsamt. Selbstverständlich ist es uns aber ein großes Anliegen, dass die ärztliche Versorgung im Landkreis aufrechterhalten wird. Deshalb steht der Landkreis wegen möglicher Lösungsansätze im regelmäßigen Austausch mit der KVBW. mb

Seit einigen Jahren sucht Schneider auch mit Hilfe des Landratsamts nach einem Nachfolger für ihre Praxis – bisher ohne Erfolg. Eine Interessentin aus Stuttgart habe sich die Praxis angeschaut, aber sich nicht mehr gemeldet. Zwar bezuschusst die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg die Übernahme einer Praxis in Mangelgebieten wie dem Neckar-Odenwaldkreis nach Angaben des Landratsamts mit bis zu 80 000 Euro. Doch das reicht nach den Worten von Schneider nicht aus. „Dass man keinen Nachfolger findet, liegt nur an der schlechten Honorierung.“

Im Neckar-Odenwald-Kreis praktizieren nach der Schließung der Praxis von Veronika Schneider drei HNO-Ärzte – alle in Mosbach. Weitere Praxien befinden sich in Tauberbischofsheim, Wertheim, Bad Mergentheim und Möckmühl. „Der Neckar-Odenwald-Kreis ist definitiv unterversorgt“, stellt Schneider fest. Eigentlich sollte er über fünf HNO-Ärzte verfügen.

Info: Patienten von Dr. Veronika Schneider können ihre Patientenakten nach telefonischer Absprache unter 06281/3711 abholen. Sie werden zehn Jahre aufbewahrt.

Redaktion

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