Elefant tötete Spaziergänger in Buchen - Zirkusfamilie nimmt in einem offenen Brief Stellung / Ermittler haben noch immer keine "heiße" Spur

"Die ganze Situation ist für uns unbegreiflich"

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Fabian Greulich
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Zirkuselefant "Baby" tötete in Buchen einen Spaziergänger.

© Wörner

Buchen. Knapp drei Wochen nach dem tödlichen Angriff der Elefantenkuh "Baby" auf einen Spaziergänger in Buchen hat die Ermittlungsgruppe "Zirkus" noch immer keine heiße Spur. "Die Lage ist unverändert. Wir ermitteln nach wie vor in alle Richtungen", so Pressesprecherin Yvonne Schmierer gestern auf Nachfrage der Fränkischen Nachrichten.

Suche nach Hinweisen

Nach wie vor ist unklar, wie der Elefant am frühen Morgen des 13. Juni aus seinem Zeltgehege gelangen konnte. Zwar gibt es Hinweise auf Fremdeinwirkung. Konkrete Hinweise auf den oder die Verursacher fehlen jedoch. Nach wie vor steht im Raum, dass die Elefantenkuh entweder von Unbekannten gezielt befreit wurde, oder aber seitens der Zirkusmitarbeiter bei der Sicherung des Geheges geschlampt wurde.

Die Elefantenkuh "Baby" war aus ihrem Gehegezelt ausgerissen und hatte einen Spaziergänger in der Straße "Am Ring" tödlich verletzt. Nach eingehenden Diskussionen mit der Polizei erklärten sich die Zirkusbetreiber am Tag nach dem Unglück bereit, den Dickhäuter an den Safaripark Stutenbrock in der Nähe von Bielefeld abzugeben, wo er sich nach Angaben des Tierparks inzwischen gut eingelebt hat.

Aus Sicht der Verantwortlichen des Zirkus "Luna" liegt auf der Hand, dass der Dickhäuter durch Tierschützer in die Freiheit entlassen wurde. Tierschutzorganisationen wie "Peta" sind sich dagegen sicher, dass die Schuld beim Zirkus selbst liegt. "Peta" hat sogar eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro für den entscheidenden Hinweis ausgesetzt, der zur Aufklärung führt. "Der Hergang der Katastrophe in Buchen muss genau aufgeklärt werden, damit fahrlässigen Zirkusbetreibern endlich das Handwerk gelegt wird", hatte "Peta"-Wildtierexperte Peter Höffken dazu erklärt (die FN berichteten).

Am späten Dienstagabend hat sich nun die Zirkusfamilie in einem offenen Brief an Politiker, Behörden und Medien gewandt. Darin bringen die Angehörigen des Zirkus "Luna" zunächst ihr Mitgefühl gegenüber der Familie des 63-jährigen Opfers zum Ausdruck, kommen dann aber umgehend auf ihre eigene Situation zu sprechen. "Diese ganze Situation ist für uns immer noch unbegreiflich. Die Ermittlungen laufen noch und trotzdem werden wir von den Tierrechtsorganisationen mit Spekulationen und Schuldzuweisungen an den Pranger gestellt. Und leider damit auch andere Zirkusunternehmen", heißt es in dem Schreiben.

Und weiter: "Wir wissen noch nicht, wie es zu diesem Unglück kommen konnte. Dazu laufen noch die polizeilichen Ermittlungen. Was wir aber wissen, ist, dass schon seit einigen Jahren immer wieder von ,Peta' und Co. die Freiheit für ,Baby' gefordert wurde", so der Vorwurf an Tierschutzorganisationen aller Art.

Von "Hetzkampagnen" und "Aktionen" der Tierschützer ist die Rede. Dass es sich dabei um gezielte Stimmungsmacherei handele, würden "wissenschaftliche Studien, Begutachtungen, Kontrollen der Veterinärbehörden und die strengen Tierschutzbestimmungen belegen, denen Zirkusse mit Tieren Folge leisten müssen".

"Es wird auch zu militanten Aktionen aufgefordert", behaupten die Zirkusleute. Einbrüche in Ställe, Zerstörung von Stallanlagen, Freilassung von Tieren - all das habe es in der Vergangenheit schon gegeben.

"Natürlich sind auch wir dafür, dass jeder in unserem Staat seine Meinung sagen kann, allerdings darf dies nicht schon terroristischen Charakter haben", heißt es in dem Brief.

All das könne das Unglück in Buchen nicht ungeschehen machen. "Wir werden alles tun, damit die Ermittlungen vorwärts kommen. Als Konsequenz haben wir den Elefant abgegeben. Dies fiel uns sehr schwer, denn schließlich war er für uns auch ein Familienmitglied."

Zum Schluss sprechen sich die Zirkusleute vehement dafür aus, die Wildtierhaltung in Zirkussen nicht in Frage zu stellen: "Denn bei der ganzen Tragödie sollte man eingestehen, dass es hier einen Todesfall durch einen Elefanten gab, in den letzten Jahren allerdings einige Todesfälle von Wanderern durch Kühe und Todesfälle durch Attacken von Hunden. Unfälle mit Tieren hat es, wie auch im Straßenverkehr, immer schon gegeben und werden sich in Zukunft nicht verhindern lassen."

Tierhaltung komplett verbieten?

Folge man den Forderungen der Tierrechtsorganisationen, müsse Tierhaltung demnach komplett verboten werden. Aus Sicht der Verfasser des Briefs würde das bedeuten: "Keine Tiere mehr im Zirkus, keine Tiere mehr in Zoos, keine Tiere mehr in privater Haltung, kein Pferdesport mehr, keine Ausstellungen mehr, keine Verarbeitung für den menschlichen Bedarf und letztendlich auch keine Tierhaltung mehr für die Medizin. Und da stellt sich nun die Frage: Wo fängt man an, wo hört man auf?"

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