Zirkus "Stefano" gasierte in Buchen - Familienbetrieb Spindler präsentierte dem Publikum eine Mischung aus Akrobatik, Show und Zauberei

"Der Zusammenhalt ist das Wichtigste"

Von 
Ronja Straub
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Bei seinem Gastspiel in Buchen präsentierte der Zirkus Stefano dem Publikum eine bunte Mischung aus Show, Akrobatik und Zauberei.

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Buchen. Verschmitzt lachend entlässt der achtjährige Nachwuchsclown die Zirkusbesucher aus der Manege und gibt jedem Einzelnen höflich die Hand. Er heißt Richard Spindler und gehört mit einer siebenköpfigen Familie und fünf weiteren Helfern zum Zirkus "Stefano". Unter diesen Helfern ist auch ein sogenannter "Zirkusfreund", der einfach mal Zirkusluft schnuppern wollte und inzwischen seit einigen Jahren ehrenamtlich mit Familie Spindler unterwegs ist.

Gemeinsam hatten sie zuvor eine eineinhalbstündige Show abgeliefert, die einiges an Zirkuszauber, Clownkünsten und Artistenakrobatik zu bieten hatte.

"Manege frei, Musik soll erklingen, das Spiel kann beginnen", begrüßte Zirkusdirektorin Carina Spindler ihre Gäste und gleich darauf begann das Programm für die ganze Familie von einer ganzen Familie. Da zauberte dann der kleine Clown mit ganz viel Magie, die Direktorentochter bewies sich als "Mädchen im Mond" in einem großen Rad tanzend und der Chef "Stefano" höchstpersönlich wurde zum frechen Zirkusclown, der die Zuschauer inmitten der Manege als "Tarzan in Unterhose" zu "den besten Schauspielern Buchens" erstrahlen ließ. Hoch in den Zelthimmel hinaus wagte sich die neunzehnjährige Larissa, die ihr Können in schwindelerregender Höhe am Trapez bewies.

Aber auch für Tierfreunde hatte der Würzburger Zirkus etwas zu bestaunen. Angefangen mit den kleinen Täubchen, die ihrer Dompteurin Carina Spindler sprichwörtlich aus der Hand fraßen, bis hin zu den Kamelen "Fatima" und "Alibaba", die ein orientalisches Flair in das Zirkuszelt zauberten. Außerdem durften die kleinen Besucher während einer Pause auf "Lupo", dem Zirkuspony reiten oder die sechs Ziegen, eine Katze, vier Tauben und drei Kamele im Außenbereich streicheln.

Das Reiten gefiel der siebenjährige Agate Letov aus Buchen, die den Zirkus mit ihrer kleinen Schwester und ihrer Mutter besuchte am besten. Aber auch über die Zuckerwatte und den lustigen Clown hat sie sich sehr gefreut. Auch die drei Geschwister Cedric, Leni und Robin haben zum ersten Mal einen kleineren Zirkus besucht und waren begeistert.

Keine rosigen Zeiten

Im Publikum waren jedoch nicht nur junge Gäste zu finden. "Ich finde es sehr traurig, dass solche kleinen Zirkusse, keine Unterstützung vom Staat bekommen und deshalb immer weniger werden. Für Kinder gibt es doch nichts Schöneres, als die Tiere zu bestaunen und über die Clowns zu lachen", erzählt die 71-jährige Renate Lüdicke im Gespräch mit den FN. Gemeinsam mit ihrem Enkelkind besuchte sie die Vorstellung, um so dem Aussterben eines solchen Schauspiels entgegen zu wirken.

Tatsächlich sahen die Zirkuszeiten schon mal rosiger aus. Davon will sich das Familienunternehmen, das mittlerweile in der vierten Generation geführt wird, jedoch nicht beirren lassen.

Seit dem Jahr 2000 reist die Zirkusfamilie Spindler durch ganz Süddeutschland, lernt ständig neue Städte, Kulturen und Menschen kennen und fühlt sich überall zu Hause. "Das Wichtigste ist, dass wir als Familie zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen", versichert die 19-jährige Larissa, während sie die Popcornmaschine für die anstehende Vorführung vorbereitet.

Von klein auf sind die Kinder der Familie Spindler beim Zirkus dabei und können sich auch kein anderes Leben mehr vorstellen. "Das ist unsere Wohnung auf Rädern und da fühlen wir uns auch zu Hause", versichert Carina Spindler auf die Frage hin, ob sie sich und ihren Kindern nicht manchmal ein "normales" Leben wünscht. Sogar in die Schule können die Kinder gehen. Sie sind dann sogenannte Wanderschüler und besuchen jede Woche eine andere Bildungseinrichtung.

Großer Freundeskreis

Neben der Schule müssen die jungen Artisten allerdings auch noch für ihre Schaustücke üben. Die Routineübungen nehmen täglich etwa eine Stunde in Anspruch. Im Winter steht dann ein härteres Training auf dem Programm, um neue Übungen einzustudieren. All ihre Kunststückchen lernen die Nachwuchstalente von ihren Eltern und so werden die Tricks und Tipps von Generation zu Generation übertragen.

Dabei muss der Nachwuchs im Medienzeitalter keineswegs auf Freunde nicht verzichten. "Auch als Zirkuskind hat man Freunde", sagt Larissa Spindler. Schließlich gebe es Telefon und Facebook. Deshalb habe sie einen großen Freundeskreis, der allerdings zu 80 Prozent aus Zirkusmitarbeitern bestehe. Kennengelernt habe sie diese entweder über die Familie oder auf Jugendtreffs, die eigens für Zirkuskinder veranstaltet werden.

Zirkus als Lebenseinstellung

Sozusagen branchenbedingt, nämlich bei einer solchen Feier haben sich etwa die älteste Zirkustochter und ihr Freund getroffen. Auch er ist in einer Zirkusfamilie groß geworden und hatte als Jugendlicher einige Probleme mit dem Zirkusleben. "Es ist nicht immer ganz einfach als Zirkusjunge zu leben, aber der Familienzusammenhalt hat mich gestärkt, ich habe mich daran gewöhnt", erzählt er.

Seit ungefähr einem halben Jahr wandert er mit dem Zirkus seiner Freundin von Stadt zu Stadt und sagt aus Erfahrung: "Wir kennen es nicht anders. Zirkus ist eine Lebenseinstellung, eine Berufung".

Und so wird der Wanderzirkus "Stefano" am Dienstag wieder das Clownskostüm in der Verkleidungskiste verstauen, die Kamele in ihren Transportwagen führen und die Zelte abbrechen, um weiter nach Strümpfelbrunn zu fahren, wo nächste Woche die Vorstellungen beginnen.

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