Buchen. Es ist ein glückliches Zusammentreffen: Das Bezirksmuseum Buchen stellt zur Zeit Werke von Ludwig Schwerin im Audienzsaal des Steinernen Baues aus – und erhielt nun als Geschenk von Walter Jaegle eine Zeichnung von Schwerin aus dem Jahr 1925.
Eine Zeichnung, die eine ganz eigene Geschichte hat. Sie ist von Buchen über Südrhodesien nach England und von dort wieder zurück nach Buchen gereist.
Ludwig Schwerin hat 1925 das Portrait von „Frau D. Im Alter von 95 Jahren“ mit Tuschfeder gezeichnet und mit mehreren Farben koloriert. Wer „Frau D.“ ist, lässt sich heute nicht mehr sagen. Walter Jaegle nimmt an, dass es sich bei der um 1830 geborenen Frau um ein Mitglied der Nachbarsfamilie der Schwerins in der Buchener Vorstadt, den Scheuermanns, gehandelt haben könnte.
Die Zeichnung trägt noch einen weiteren Vermerk: „Herrn Jac. Mayer in Dankbarkeit und zur Erinnerung. L. Schwerin Juni 34.“ Der Künstler hatte das Blatt also am Beginn der Nazizeit – als Jacob Mayer schon als jüdischer Buchener unter Druck gekommen war – dem zuvor hoch angesehenen Bürger geschenkt.
In seinen Erinnerungen, den „Jahresringen“ , schrieb Schwerin, dass der „Kaufmann Jacob Mayer“ einst als erster dafür plädiert hatte, dass Ludwig Schwerin Lehrer werden sollte – was dieser unter keinen Umständen wollte.
Jacob Mayer schenkte vor seinem Freitod im Jahr 1939 das Blatt mit der Zeichnung Susi Levi, einer entfernten Verwandten. Ihr gelang es, 1939 nach Südrhodesien zu emigrieren, wohin schon ihr Mann Herbert direkt aus dem Konzentrationslager nach der Reichspogromnacht ausgereist war. Ihre Kinder Albrecht und Hella wurden mit Kindertransporten nach England gerettet. Nach dem Tod ihres Mannes zog Susi Levi ebenfalls nach London um.
Nach ihrem Tod kam die Zeichnung aus ihrem Nachlass an ihren Sohn Albert Lester (er hatte sich nach seiner Einbürgerung in England umbenannt).
Dieser versprach sie im hohen Alter seinem Freund Walter Jaegle. Nach Albert Lesters Tod vor etwas mehr als einem Jahr löste sein Sohn Guy den Haushalt des Vaters auf und das Versprechen Albert Lesters ein. Er schickte das gerahmte Bild nach Buchen.
Doch die Zeichnung drehte noch eine „Ehrenrunde“. Da die Sendung falsch deklariert war, schickte sie der deutsche Zoll nach London zurück und erst nach der richtigen Deklaration und dem Bezahlen des anfallenden Zolls (62 Euro) konnte Jaegle das Bild im Empfang nehmen.
Er beschloss, die gerahmte Zeichnung nicht bei sich aufzuhängen, sondern sie an das Bezirksmuseum weiterzugeben. Dort wird sie, so Vorstandsmitglied Jürgen Strein beim Abholen des Geschenks, zeitnah in die laufende Sonderausstellung „geachtet. verfolgt. gerettet. Der Künstler Ludwig Schwerin (1897-1983) in Deutschland und Israel“ aufgenommen, und die weit über 150 Werke umfassende Sammlung von Bildern Schwerins wird um ein weiteres – auch thematisch eng mit Buchen verbundenes – Werk bereichert.
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