Bildung und Ausbildung

Im zweiten Anlauf den richtigen Beruf gefunden

Der Beruf soll Spaß machen und eine erfüllende Aufgabe sein. Schließlich sollte man sie für lange Zeit ausüben. Sabrina Döpfner und Esther Wüst haben ihren Traumjob gefunden – im zweiten Anlauf hat es „gematcht“.

Von 
Diana Seufert
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Sind im zweiten Anlauf mit ihrem Berufswunsch sehr glücklich: Esther Wüst (rechts), Auszubildende als Bäckerin, und Sabrina Döpfner (Zweite von rechts), Bäckerei-Fachverkäuferin. Über das Engagement ihrer jungen Mitarbeiterinnen freuen sich Bäckermeister René Dittmann und seine Frau Kathy. © Diana Seufert

Gerchsheim/Odenwald-Tauber. Sich in jungen Jahren für einen Beruf zu entscheiden, bedeutete früher häufig, über Jahrzehnte auf die gewählte Branche festgelegt gewesen zu sein. Nicht selten war der Ausbildungsbetrieb die berufliche Heimat, die man bis zuar Rente nicht mehr verlassen hat.

Dieses Bild hat sich gewandelt. Und immer häufiger nehmen junge Leute heutzutage den Wechsel in ein ganz neues Berufsbild auf sich, das wenig bis gar nichts mit der ersten Ausbildung zu tun hat.

Traumberuf gefunden

So wie bei Esther Wüst. Die 26-Jährige hat nach einer Ausbildung als Fachpraktikerin Hauswirtschaft nun ihren Traumberuf gefunden, wie sie mit einem strahlenden Lächeln mitteilt. Seit einem Jahr macht sie in der Bäckerei Dittmann in Gerchsheim eine Lehre zur Bäckerin. Plunder- und Blätterteiggebäck produziert sie mit Vorliebe. Aber auch das Ausstechen von Figuren aus Mürbeteig mache ihr viel Spaß.

Unterschiedliche Sorten Brot und Brötchen werden täglich hergestellt, dazu Laugengebäck und Baguette, süßes Gebäck, Kuchen und Torten. Für die leidenschaftliche Bäckerin, die schon zuhause gerne Tortenkreationen auf den Tisch gebracht hat, genau das Richtige. „Es reizt mich einfach, leckere Dinge herzustellen, die vielen Menschen schmecken.“ An die nächtlichen Arbeitszeiten habe sie sich gewöhnt.

Bäckerin sei schon immer ihr Wunsch gewesen, erklärt die junge Pülfringerin. Doch weil ihr im Berufsbildungswerk Würzburg keiner zugetraut hat, die schulischen Voraussetzungen zu schaffen, versuchte sie es zunächst als Fachpraktikerin Hauswirtschaft. Als Beste habe sie abgeschlossen, berichtet sie mit Stolz. „Gewechselt habe ich, weil es nicht das war, mit dem ich glücklich werden konnte.“ In der Gerchsheimer Familienbäckerei fühlt sie sich sehr wohl.

„Es ist kein Makel, sich nach einer ersten Ausbildung noch einmal umzuorientieren“, macht Stefan Schubert, Geschäftsführer Operativ bei der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim, deutlich. Er ermuntert, beim Gefühl, nicht den richtigen Job zu haben, auch umzusatteln. Selbst wenn das Berufsumfeld komplett gewechselt werde, müsse das kein Nachteil sein. Das breitere Wissen könne für den zweiten Beruf sogar hilfreich sein. Und Schubert ergänzt, dass nicht wenige Arbeitgeber dies schätzen. „Wenn schon ein Fundament an Wissen vorhanden ist, kann auch über eine Verkürzung der Lehrzeit nachgedacht werden“, so Schubert.

Prüfungsbeste

Esther Wüsts Kollegin Sabrina Döpfner nickt zustimmend. Die 23-Jährige kennt die Phase, im neuen Job richtig glücklich zu sein, ebenso. Die Ausbildung zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk (SP Bäckerei) hat sie kürzlich als Prüfungsbeste abgeschlossen. Ein Erfolg, der die junge Frau, aber auch Bäckermeister Rene Dittmann und vor allem seine Frau Kathy mit Stolz erfüllt. Denn sie hatte Sabrina Döpfner während der Ausbildung betreut und freut sich nun über eine engagierte Mitarbeiterin, die von den Kunden ebenso geschätzt wird wie von der Belegschaft des Familienbetriebs.

Mit ihrer ersten Ausbildung verbindet Sabrina Döpfner kaum noch etwas. „Fachpraktikerin für Holzverarbeitung“ war gar nicht ihr Ding. Über eine Orientierungsmaßnahme bei der bbg (Bildungs- und Beschäftigungsgesellschaft) mit Sitz in Lauda kam sie zunächst über ein Praktikum in die Gerchsheimer Bäckerei. Eine sehr erfolgreich abgeschlossene Ausbildung folgte.

Eine Statistik, wie viele junge Leute sich nach der ersten Berufswahl neu entscheiden, gibt es nicht. Doch sind die beiden Frauen in der Familienbäckerei Dittmann in guter Gesellschaft. Der Wunsch, sich beruflich zu verändern, kann vielfältige Gründe haben. Nicht immer stimmt die Vorstellung von einem Beruf dann mit den praktischen Erfahrungen während der Lehre überein. Andere finden vor Ort nicht die passende Ausbildungsstelle, wurden vielleicht zum künftigen Beruf „überredet“, obwohl sie dies nicht wirklich wollten, oder orientieren sich nach einem Interessenwechsel um.

Eine Neuorientierung kann auch nötig werden, wenn etwa die erste Ausbildung auf dem Markt vor Ort nicht mehr nutzbar ist. Schubert nennt ein Extrembeispiel: Ein Binnenschiffer zieht in eine andere Region und kann somit seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben. Dann wäre eine neue Ausbildung im Gespräch.

Vielfältige Gründe zu wechseln

Zudem besteht in vielen Bereichen die Möglichkeit zu Umschulung, Qualifizierung oder Weiterbildung. Dafür könne die Agentur für Arbeit auch finanzielle Unterstützung bieten. „Das muss aber im individuellen Fall geprüft werden“, rät Schubert Interessierten, sich zu informieren. Und das betreffe nicht nur junge Leute, verweist er auf die „Berufsbegleitung im Erwerbsleben“.

Für Sabrina Döpfner und Esther Wüst ist die Suche nach dem richtigen Beruf nun beendet. Sie sind glücklich. Und auch die Inhaber der Familienbäckerei, René und Kathy Dittmann, wollen auf die beiden engagierten Kräfte nicht mehr verzichten.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

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