Bad Mergentheim. Manuela Hartl, Stationsleitung auf der Corona-Isolierstation, ist weiterhin auf einer Fachweiterbildung. Deshalb berichtet wieder ihre Stellvertreterin Franziska Löblein exklusiv in den Fränkischen Nachrichten von ihren Erlebnissen:
Auch wenn es vielleicht komisch klingt – wir auf der Isolierstation im Caritas-Krankenhaus haben uns nach den vielen Wochen an Corona gewöhnt, es ist für uns inzwischen Alltag, wie eben viele andere schwere Erkrankungen auch, die wir bei uns auf Station sonst versorgen. Das heißt nicht, dass wir gleichgültig oder nachlässig geworden sind – ganz im Gegenteil: wir haben nach wir vor großen Respekt vor der Infektionsgefahr, keine von uns geht ohne Vollschutz in ein Patientenzimmer oder „nur mal schnell“ ohne Maske, um etwas zu holen. Denn oft genug haben wir erlebt, dass ein Patient plötzlich Hilfe braucht und man dann nicht geschützt wäre. Aber es gab und gibt eben auch andere Erkrankungen, die einen plötzlichen Verlauf nehmen können oder bei denen wir dem Patienten – trotz aller medizinischer Möglichkeiten – nicht mehr helfen können. Das ist Teil unseres Berufes und Teil unserer Arbeit.
Was mich zurzeit aber eher mit Zufriedenheit erfüllt: meine Kolleginnen und ich hier im Team können tatsächlich etwas gegen Corona tun. Wir sitzen nicht im Homeoffice vor dem Computer, starren nicht gebannt auf die Zahl der täglichen Neuinfektionen und vertrödeln Zeit in endlosen Diskussionen.
Packen an und helfen
Wir gehen jeden Tag auf Station, kümmern uns um die betroffenen Menschen, packen an und helfen ihnen. Das ist es, was meinen Job als Krankenschwester ausmacht und weshalb ich immer noch froh bin, dass ich diesen Beruf gewählt habe: Ich kann gezielt helfen, ich habe eine gute Ausbildung und genügend Erfahrung und weiß, was ich tun muss, damit es meinen Patienten besser geht, oder wie ich sie auch in schweren Stunden begleiten kann.
Dazu gehört, dass ich der schwachen älteren Patientin bei der Körperpflege helfe, ihr das Essen anreiche und dass ich gemeinsam mit den Physiotherapeuten versuche, sie wieder aus dem Bett zu mobilisieren und auf die Beine zu bringen.
Vieles gehört dazu
Dazu gehört auch, dass ich den 50-jährigen Covid-Patienten in kurzen Abständen aufmerksam beobachte, regelmäßig seine Vitalzeichen messe, um bei einer Verschlechterung sofort reagieren zu können. Und dazu gehört selbstverständlich, dass ich den Covid-Patienten, die von der Intensiv-Station zu uns zurückverlegt werden, zuhöre, wenn sie von ihren Erfahrungen auf Intensiv erzählen. Fast alle berichten von ihrer Angst, keine Luft mehr zu bekommen, der Furcht, bei klarem Bewusstsein zu ersticken. Diese Patienten sind dann oft sehr froh, wieder bei uns auf der Isolierstation zu sein, und genießen die neue Freiheit, sich ganz ohne Überwachungskabel und Zugänge im Zimmer frei bewegen zu können.
Niemand will sie übernehmen
Gut eine Woche dauert es in der Regel, bis diese Patienten soweit zu Kräften gekommen sind, dass sie wieder entlassen werden können. Schwieriger wird es, wenn der PCR-Test immer noch positiv ist, denn viele Reha-Kliniken oder Pflegeeinrichtungen nehmen keine positiven Patienten auf. Sie fürchten, dass dann die ganze Einrichtung unter Quarantäne gestellt wird oder andere angesteckt werden können. Auch das gehört zum Alltag auf Station: Patienten, die niemand übernehmen will.
Mittlerweile bin ich mir ziemlich sicher: Corona wird nicht einfach aufhören und eines Tages verschwinden. Es wird eine Infektionskrankheit sein, wie andere auch – etwas ansteckender und gefährlicher für uns Menschen. Das haben wir durch unsere Arbeit auf der Isolierstation vielleicht etwas schneller realisiert als andere. Wir werden uns wohl im Krankenhaus dauerhaft darauf einstellen müssen, Covid-19-Patienten zu behandeln – auch auf meiner Station. Und dann ist es gut, Routine zu haben.
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