Weinbauverband Württemberg

„Trockenheit war das bestimmende Element“

Gute Ernteprognose. Die Qualität stimmt, aber die Erträge fallen sehr unterschiedlich aus. Preissteigerungen zwischen zehn und 15 Prozent erwartet

Von 
Werner Palmert
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Weinbauverbandspräsident Hermann Hohl (Dritter von links) sieht zum Beginn der Traubenlese in Württemberg den Weinjahrgang 2022 von der Qualität her ganz oben. Bei der Menge können die Ergebnisse allerdings sehr unterschiedlich ausfallen, denn die Niederschlagsmengen während der gesamten Vegetationsperiode waren im Anbaugebiet Württemberg doch sehr weit auseinander, wie bei der Herbstpressekonferenz des Verbands auf dem Schlossweingut Hohenbeilstein zu hören war. © Palmert

Auch 2022 wird für die Wengerter des Weinbauverbandes Württemberg kein „normales Weinjahr“. So viel steht für den Verbandspräsidenten zum deutlich früheren Auftakt der Traubenlese jetzt schon fest.

Markelsheim/Hohenbeilstein. Die Qualität des Jahrgangs 2022 wird sich wohl in die Kategorie der großen Jahrgänge einreihen lassen, meint Hermann Hohl, der Präsident des Weinbauverbandes Württemberg, der 2022 als kein „normales Weinjahr“ ansieht. Bei der Traubenmenge rechnet er eher mit einem durchschnittlichen Ertrag, der regional „durchaus sehr unterschiedlich“ ausfallen kann.

Diese Einschätzung des Präsidenten für das gesamte Anbaugebiet Württemberg teilt auch der Vorstandsvorsitzende der Weingärtnergenossenschaft Markelsheim, Michael Schmitt, für die bevorstehende Traubenernte im Einzugsgebiet der Genossenschaft. „Die Aussichten für die diesjährige Ernte sind insgesamt gut. Witterungsmäßig war die Dürre das bestimmende Element der Vegetationsphase. Alte Weinstöcke die auf tiefgründigen Böden stehen präsentieren sich hervorragend. Junge Anlagen und Weinberge auf flachgründigen Böden leiden dagegen sehr und mussten auch teilweise kräftig mit Wasser unterstützt werden um die Reben zu erhalten.“ Das Bild der Weinberge in den einzelnen Mitgliedsgemeinden beschriebt Schmitt als „sehr inhomogen“. Die Trauben sind im Moment noch sehr gesund und haben für Anfang September sehr gute Zuckergehalte, so der Vorstandsvorsitzende.

Seiner Beurteilung nach kam die Witterung in diesem Jahr eher dem Rotwein entgegen, nachdem 2021 mehr ein Weißweinjahr war. Michael Schmitt rechnet mit dem Lesestart der Frühsorten in der nächsten Woche. Das tatsächliche Ergebnis, was die Menge betrifft, sehe man erst am Ende der Lese, wenn der Wein im Keller ist, sind sich der Vorstandsvorsitzende und der Weinbauverbandspräsident einig.

Gemeinsam mit Staatssekretärin Sabine Kurtz, Weingutsbesitzer Joschua Dippon und Weinprinzessin Franziska Pfizenmayer wagte Präsident Hermann Hohl diese Woche in den Weinbergen des Schlossweinguts Hohenbeilstein eine erste offizielle Herbstprognose.

Bis zu Totalausfällen

„Die Qualität stimmt. Beim Ertrag in den einzelnen Regionen sieht es allerdings sehr unterschiedlich aus“. Das reicht von Ertragseinbußen von 30 bis 40 Prozent bis zu Totalausfällen bei Junganlagen, die bewusst zurückgeschnitten wurden.

Selbst in älteren, tief wurzelnden Weinbergen wurden die verfügbaren Wasservorräte offensichtlich knapp, was sich etwa in kleineren Beeren zeige.

Im Rückblick kann man bei der jetzigen Beurteilung des Jahrgangs 2022 Parallelen zum Weinjahrgang 2003 ziehen, der mit hohen Mostgewichten und niedrigeren Erträgen in Erinnerung bleibt.

Der Präsident des Weinbauverbandes rechnet mit einer durchschnittlichen Menge von 100 Hektoliter Traubenmost auf einen Hektar Rebfläche. In den Gebieten mit großen Trockenschäden dürfte die Menge deutlich niedriger ausfallen. Die bisher gemessenen Mostgewichte sind durchweg vielversprechend.

Dem neuen Wein schreibt Hohl eine ausgeprägte Aromatik und Farbintensität zu: „Württemberg erwartet einen charakterstarken Weinjahrgang 2022“, so seine Prognose zum deutlich früheren Lesebeginn als in vorherigen Jahren.

Bereits Mitte September werde das gesamte Weinbaugebiet in die Hauptlese eingestiegen sein, so der Präsident.

Rückblickend auf das Weinjahr sah Hohl die Grundlage für einen erfolgreichen Jahrgang 2022 bereits im Rebschnitt in den Wintermonaten. Im Vergleich zum Vorjahr führten die moderaten Tiefsttemperaturen zu keinen wesentlichen Frostschäden. Die gefürchteten Spätfröste bleiben aus, es folgten ein früher Austrieb und eine frühe Blüte.

Frühsommerliche Temperatuten im Mai mit zweistelligen Nachttemperaturen beschleunigten das Wachstum deutlich. Ohne nennenswerte Starkregen und Hagelereignisse im Sommer waren die Grundvoraussetzungen für einen guten Herbst im Weinberg geschaffen. Die hochsommerlichen Temperaturen im Juni ließen das Beerenwachstum fortschreiten.

Mehrgefahrenversicherung

Mangels genügend Regen zeichnete sich dann bereits im Juli an manchen Standorten der Trockenstress an den Rebstöcken ab. Die Verfügbarkeit von Wasser wurde schließlich zum entscheidenden Kriterium für den Jahrgang 2022.

Präsident Hohl machte daher die Staatssekretärin erneut auf die Notwendigkeit und staatliche Förderung einer Mehrgefahrenversicherung aufmerksam, die alle relevanten Ereignisse wie Starkregen, Hagel und auch Dürre beinhalten müsse, denn der Weinbau leide zunehmend unter dem fortschreitenden Klimawandel.

Auch das Thema Preissteigerung wurde in der Herbstpressekonferenz angesprochen. Allein im vergangenen Jahr stiegen die Beschaffungskosten für landwirtschaftliche Produktionsgüter um teilweise über 25 Prozent, so Hohl. Hinzu kommen

Schwierigkeiten in der Verfügbarkeit von ausländischen Saisonarbeitskräften und vor allem die Anhebung des Mindestlohns.

Präsident Hermann Hohl rechnet daher mit Preissteigerungen zwischen zehn und 15 Prozent im Weinhandel.

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