Tauber-Odenwald/Laudenbach. Sechs Wochen Planungszeit haben sich gelohnt - das dürfte wohl das erste Fazit des Organisationsteams um den Markelsheimer WG-Chef Michael Schmitt sein. Er war sich im Vorfeld nicht ganz sicher, wie gut das Format „Ländlicher Raum trifft Politik“ ankommen würde. Denn nach dem ersten Wahlforum in Bad Mergentheim war die Veranstaltung in der Laudenbacher Zehntscheune bereits die zweite Runde der Bundestagskandidaten in recht kurzem Abstand. Und dann auch noch zu einem speziellen Thema, der Agrarpolitik. Ob das genügend Leute interessiert? Die mit knapp 500 Gästen randvolle Zehntscheune sprach hier eine klare Sprache.
Und nicht nur die volle Halle, auch die Besetzung des Podiums zeigte wohl die Wichtigkeit des Themas. Zum einen, weil mit Nina Warken nun auch die tatsächliche Bundestagskandidatin für die CDU anwesend war (zuletzt wurde sie durch Wolfgang Reinhart vertreten). Zum anderen, weil der junge SPD-Kandidat Philipp Hensinger selbst am Vorabend wichtiger Studienprüfungen nach Laudenbach kam. Für Moderator Schmitt ein klares Signal: „Es kann sich keiner erlauben, nicht zu uns zu kommen.“
„Ländlicher Raum trifft Politik“ - dieses Motto galt schon vor dem Diskussionsabend in Laudenbach. Denn wie Michael Schmitt erläuterte, ging es ihm und seinen Mitstreitern schon direkt nach der Organisation der Bauernproteste vor rund einem Jahr darum, „mit der Politik in den Dialog zu treten.“ Das taten sie, mehrfach waren bereits Politiker von Land und Bund auf deren Initiative zu Gast.
Nun also eine Podiumsdiskussion zur Agrarpolitik. Das war insofern ein Kontrast zu normalen Podiumsdiskussionen, als dass das spezielle Thema für alle Kandidaten Neuland war. Wie gelingt es da, sinnvolle Antworten zu kriegen? Die Antwort: Mit einem leicht geänderten Konzept im Vergleich zu herkömmlichen Podiumsdiskussionen. Denn im ersten Teil des Abends stellten Meisterschüler der Akademie für Landbau und Hauswirtschaft in Kupferzell insgesamt drei agrarpolitische Fachfragen, die den Kandidaten bereits im Vorfeld zugingen. So gab es für alle eine Woche Vorbereitungszeit.
Die Zukunft von Biogasanlagen nach dem neuen EEG-Gesetz, Planungssicherheit für Stallbauten und eine Einschätzung zur europaweiten Zielsetzung für Biolandbau bis 2030 - keine einfachen Fragen. „Ich hätte auch nicht auf jede Frage sofort eine Antwort gehabt“, bekannte Schmitt. Mit entsprechender Vorbereitung hatten die Kandidaten jedoch auf alle Fragen eine Antwort.
Planungssicherheit und sichere Finanzierung für die Landwirte
Es gab von allen Parteien durchweg wohlwollende Töne für die Landwirte. Bürokratie müsse abgeschafft, kleine und mittlere Betriebe staatlich gefördert und „Planungssicherheit für mindestens 20 Jahre“ geschaffen werden. Biogasanlagen seien definitiv zukunfts- weil grundlastfähig und eine verlässliche Finanzierung der Landwirte soll durch staatliche Verträge und Haushaltsmittel des Bundes gelingen - dafür gab es höflichen Applaus der rund 500 Zuhörer. Legt man die Antworten aller sechs Parteivertreter übereinander, dürften die Aussichten für Landwirte in der neuen Regierung koalitionsunabhängig positiv sein. Mit staatlichen Mitteln (Nina Warken, CDU) und Mindesterzeugerpreisen (Robert Binder, Linke) finanziert, durch staatliche Förderprogramme bei Umbauten unterstützt (Philipp Hensinger, SPD und Horst Berger, Grüne) und „mit der Kettensäge“ von Bürokratie befreit (Mirwais Wafa, FDP) sollte die Branche (sei es nun Bio- oder konventioneller Betrieb) eigentlich positiv in die Zukunft blicken. Wäre da nicht die EU, die Johann Martel (AfD) ebenso kritisiert wie den Mindestlohn für Erntehelfer. Ein Favorit der Anwesenden war zumindest am Applaus nicht so richtig auszumachen.
Es war trotz insgesamt zweieinhalb Stunden Dauer ein kurzweiliger Abend. Das lag auch an sehr großer ‚Zeitdisziplin‘ beim Beantworten der Fragen. Das Limit von einer Minute wurde quasi immer eingehalten, oft auch unterboten. So gab es kurze und pointierte Statements, keine endlos ausschweifenden Monologe - eine konzentrationsfördernde Dynamik. Fair und sachlich (sieht man von vereinzelten Spitzen der AfD-Vertreter ab) ging es zu, parteipolitische Angriffe blieben die Ausnahme. Während bei der ersten Podiumsdiskussion in Bad Mergentheim bei dem ein oder anderen Politiker noch eine gewisse Nervosität spürbar war, zeigten sich die sechs Kandidaten dieses Mal allesamt sehr souverän mit der ein oder anderen guten Pointe. Moderator Michael Schmitt blieb trotz großer Kulisse stets souverän und ließ es sich nicht nehmen, als gewissermaßen ‚moderierender Mann vom Fach‘ unmittelbar kurze Bewertungen des Gesagten vorzunehmen.
Dabei war er weniger kritisch als der ein oder andere Zuhörer in der anschließenden offenen Fragerunde. „Ich habe herausgehört, dass sich alle sechs Kandidaten mit den Themen befasst haben“, lobte er. Auch die Möglichkeit der Vorbereitung auf einen Teil der Fragen verteidigt er: Man wolle durch die Fachfragen „niemanden vorführen“. Mit einem Wahlappell und einem Abschiedspräsent für die Podiumsteilnehmer beendete Schmitt den Abend, jedoch ausdrücklich nicht die Gesprächsbereitschaft. Die verschenkten Weine seien in Mehrwegflaschen mit Pfand abgefüllt, „also kommen Sie gerne nochmal vorbei.“ Der ein oder andere Disskusionsteilnehmer dürfte darauf zurückkommen, der Auftakt in Laudenbach war jedenfalls vielversprechend. Wenngleich wohl keiner der Kandidaten jemals das Amt des Landwirtschaftsministers übernehmen würde, wie sie auf eine entsprechende Frage ehrlich zugaben.
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