„Hirschen“ in Niederstetten

Niederstetten: Gasthaus soll zum Schmuckstück werden

Fridolin und Doris Hügel planen „Markthalle“ mit Event-Möglichkeiten und bis zu sieben Wohneinheiten in verschiedenen Größen

Von 
Bernd Hellstern
Lesedauer: 

Niederstetten. Im September konnten sich Interessierte einen Eindruck verschaffen: So sieht der „Hirschen“ im Herzen von Niederstetten derzeit aus – und das soll einmal aus ihm werden. Das Investorenpaar Hügel gibt jetzt Einblicke.

Stolz steht er da, der „Hirschen“ im Herzen der Vorbachmetropole Niederstetten, als wollte er sagen „schaut her, ich bin immer noch da – auch noch nach über 500 Jahren“. Denn so alt dürften die ersten Mauern sein, die den riesigen Gewölbekeller beherbergen, der etwa um das Jahr 1500 entstanden ist.

Seit Jahren fristet der „Hirschen“ allerdings ein eher trostloses Dasein, da schon seit Jahren die Gastwirtschaft im Untergeschoss geschlossen ist. Und auch die übrigen großzügigen Räumlichkeiten werden seit Jahren ebenfalls nicht mehr genutzt. Doch es deutet sich an, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird.

Der Grund dafür – es hat sich mit dem Wohnungsplaner und Möbelsachverständigen Fridolin Hügel und seiner Frau Doris ein Ehepaar als Käufer gefunden, das dem „Hirschen“, sofern sich die Pläne in der angedachten und vorgesehenen Form realisieren lassen, wieder neues Leben einhauchen will. Denn der altehrwürdige „Hirschen“ soll zu einer Stätte werden, in der Kommunikation stattfindet, in der Handel getrieben wird, in der es sich feiern lässt und in der es sich angenehm wohnen lässt.

Mehr noch: Der „Hirschen“ soll zu einem Schmuckstück der Baukunst inmitten der Stadt werden, in der sich Tradition und Moderne zu einer architektonischen Symbiose vereinen.

Eigentlich drei Gebäude

Schon Anfang September hatte die Bevölkerung die Möglichkeit, sich selbst ein Bild von dem Projekt zu machen, wovon sehr zur Freude der Hügels einige Hundert Interessierte Gebrauch machten. Diese erfuhren dann zur Überraschung, dass das Gebäude eigentlich aus drei Gebäuden besteht. Denn es gilt als sicher, dass sich das Objekt aus mindestens zwei wenn nicht gar drei Gebäuden unterschiedlicher Bauzeit zusammen setzt. Der Gewölbekeller ist – wie schon erwähnt – bereits um 1500 entstanden, das rechte Gebäude etwa um 1725 und das linke Gebäude Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Überdachung beider Häuser, mit einem gemeinsamen Dach und einem Gang, stammt wohl aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Kochschule inklusive

Von Fridolin Hügel war nun zu erfahren, dass die beiden Gebäude im Erdgeschoss verbunden werden, so dass eine ebenerdige, zusammen- hängende Fläche von rund 420 Quadratmetern entsteht. Zusätzlich kann der Saal im ersten Obergeschoss mit zirka 120 Quadratmetern plus Terrasse genutzt werden. Im Saal soll eine Kochschule eingerichtet werden, zusätzlich finden dort Veranstaltungen, Feiern und Tagungen statt, wofür dieser Raum für jedermann anmietbar ist.

Auch Parkplätze werden in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Zusätzlich kann im Neubau die Glasfront komplett geöffnet werden. Die Gestaltung des Anbaus wird sehr modern und außergewöhnlich sein, als starker Kontrast zu den historischen, denkmalgeschützten Bauteilen. Wunschvorstellung für die Nutzung im Erdgeschoss ist eine Markthalle mit Café, Imbiss, im Stil wie zum Beispiel der Kornhaus-scheunen in Schwäbisch Hall, der Markthalle in Ilsfeld oder der Markthalle in Obersulm. Die Räumlich-keiten bieten sich außerdem an für jede Art von Eventveranstaltungen.

In den oberen Etagen entstehen bis zu sieben Wohnungen in verschiedenen Größen. An der Rückseite des Gebäudes wird ein Aufzug angebaut, so dass alle Wohnungen barrierefrei zu erreichen sind.

Außerdem werden Balkone angehängt, so dass auch die Wohnungen im Altbau über eine hohe Wohnqualität verfügen. Der Altbau wird energetisch auf den aktuellsten Stand gebracht, mit neuen Fenstern, Innendämmung im Erdgeschoss und Außendämmung in den Obergeschossen.

Das Eternitdach wird entfernt, eine Außendämmung aufgebaut und dann mit Ziegeln neu eingedeckt, gemäß Absprache mit dem Denkmalamt.

Auf die Frage der Fränkischen Nachrichten, wie der Gerlachsheimer Fridolin Hügel und seine Frau Doris eigentlich auf die Idee kamen, das Projekt „Hirschen“ in Niederstetten in Angriff zu nehmen, meinte Hügel, es sei eine etwas kuriose Geschichte, die mehr oder weniger dem Zufall zu verdanken war.

Ein ähnliches Projekt, so Hügel, habe er in Knielingen – dort arbeitet er als Wohnungsplaner – vorgehabt. Alle waren begeistert – die Stadt Karlsruhe, das Denkmalamt und alle Institutionen, die für derartige Vorhaben notwendig sind. Doch ein benachbarter Lebensmittel-Multi mit den großen E als Markenzeichen, habe gegen die Pläne erfolgreich Einspruch erhoben, mit dem Verweis auf einen früheren Kaufvertrag (Konkurrenzausschluss), da in dem dortigen Projekt auch eine Bewirtschaftung und Lebensmittel angedacht waren.

Das Klima stimmt

Aber das Thema Denkmalschutz habe ihn nicht mehr losgelassen. Und beim Blick in die Seite „Verkäufliche Denkmäler In Baden-Württemberg“ des Regierungspräsidiums sei er zufällig auf den „Hirschen“ in Niederstetten gestoßen. Sofort wurden erste Kontakte geknüpft, Termine und eine Vorort-Begehung vereinbart.

Er möchte betonen, so Hügel, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt Niederstetten vom ersten Augenblick an von gegenseitigem Vertrauen und dem festen Willen geprägt war, dieses Projekt gemeinsam erfolgreich durchzuführen.

Auch aus diesem Grund sind Fridolin und Doris Hügel sehr guter Stimmung und zuversichtlich, dass das Projekt in zwei bis zweieinhalb Jahren abgeschlossen sein wird. Vorausgesetzt, es wartet im historischen Gemäuer und in puncto Denkmalschutz nicht die eine oder andere Überraschung, die eine Verzögerung der Arbeiten notwendig machen würde.

Mit welcher Leidenschaft und welchem Herzblut Fridolin und Doris Hügel hinter diesem Projekt stehen, das verdeutlicht übrigens ein Gespräch im familiären Kreis, als die Kinder meinten, ihre Eltern sollten doch endlich einmal das machen, was ihren Spass macht – und der Vater unter der nickenden Zustimmung seiner Frau entschlossen antwortet „Genau Kinder, das machen wir mit diesem Projekt“.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke