"In Bad Mergentheim ist unter der Woche nachts kein Taxi zu bekommen, das ist eine unhaltbare Situation", beklagt SPD-Stadträtin Inge Basel. Wir hakten bei Taxi-Unternehmen im Kreis nach.
Bad Mergentheim/Main-Tauber-Kreis. Die Recherchen zu diesem Thema gestalteten sich sehr schwierig, weil Taxi-Betreiber aus Bad Mergentheim und Umgebung keine Stellung nehmen wollten. Weder am Telefon noch per E-Mail-Anfrage waren sie bereit, Auskunft zu geben, über die Taxi-Versorgung in den Abend- und Nachtstunden.
Beschwerden an die Stadt zu melden - dazu hatte Franz Dittmann, Fachbereichsleiter im Bad Mergentheimer Rathaus, öffentlich aufgerufen, nachdem Stadträtin Basel von mehreren Fällen im Gemeinderat berichtet hatte, bei denen nachts kein Taxi für Bürger zu bekommen war. Dittmann wollte die Beschwerden dann direkt an das zuständige Landratsamt als Aufsichtsbehörde weiterleiten.
"Es sind seither keine weiteren formalen Beschwerden bei uns eingegangen - unabhängig davon bleiben wir aber an diesem Thema dran, da wir wissen, dass es hier eine für die Bürger sehr belastende Versorgungslücke gibt", teilte Carsten Müller, Pressesprecher der Stadt Bad Mergentheim, unserer Zeitung auf Anfrage mit. Und auch Oberbürgermeister Udo Glatthaar hatte Inge Basel versprochen, das Thema aktiv anzugehen.
Aus dem Landratsamt wird dazu Folgendes mitgeteilt: "Aufgrund von Beschwerden in der Vergangenheit über Taxen, die in der Nacht in Bad Mergentheim nicht verfügbar seien, hat das Verkehrsamt des Landratsamtes Main-Tauber-Kreis seit 2002 einen so genannten Bereitschaftsdienstplan für die Taxiunternehmen in Bad Mergentheim auf freiwilliger Basis erstellt", erklärt Markus Moll, Pressereferent der Kreisbehörde. "Dadurch soll zum einen gewährleistet werden, dass zumindest ein Taxiunternehmen in der Nacht erreichbar ist. Zum anderen wird dadurch die grundsätzlich für jedes Taxiunternehmen bestehende Betriebspflicht nach Paragraf 21 Personenbeförderungsgesetz auf ein verhältnismäßiges Maß reduziert."
Wichtig zu wissen ist dabei, dass die Taxi-Genehmigungen selbst, die vom Landratsamt vergeben werden, keine explizite Regelung zur Betriebspflicht enthalten, sondern lediglich Hinweise auf die Geltung des Personenbeförderungsgesetzes.
Bei Beschwerden werde der Sachverhalt natürlich geprüft, heißt es aus dem Landratsamt, bis jetzt allerdings konnte den Unternehmen kein Verschulden nachgewiesen werden, wenn nachts kein Taxi erreichbar war.
Auf Nachfrage wurde dem Landratsamt jedes Mal eine Begründung geliefert, wie beispielsweise folgende, "dass sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Anfrage gerade in einem Bereich ohne Mobilfunkverbindung bewegt hat", so Markus Moll.
Kenner der Szene berichten unter der Hand unserer Zeitung, dass sich auch gerne bei nächtlichen Anrufen der Fahrer "leider gerade auf dem Weg zum Flughafen Frankfurt befinde".
Dementsprechend mussten auch noch nie Sanktionen ausgesprochen werden und da sich die Zahl der Beschwerden beim Landratsamt nicht erhöht habe, sieht die Kreisbehörde derzeit auch keine Notwendigkeit eine neue Rechtsverordnung zu erlassen.
Wir fragten auch in anderen Städten im Kreisgebiet nach und bekamen dann doch noch einige Antworten zu Rufbereitschaft und nächtlicher Erreichbarkeit. Laut Kurt Weiland vom gleichnamigen Taxiunternehmen in Lauda-Königshofen gibt es in seinem Gebiet keine nennenswerten Probleme. "Es sind natürlich auch weniger Nachfragen als in Bad Mergentheim", erläutert er.
Für das Unternehmen Taxi-Böck erläutert Corina Böck die derzeitige Lage: "In Tauberbischofsheim wird wochentags die Bereitschaft bis 24 Uhr aufrecht erhalten, danach bleibt dann ein Fahrer in Bereitschaft. Am Wochenende sind bis 2 Uhr Taxen zu erreichen. Danach geht ein Fahrer in Bereitschaft." Bei Festivitäten - wie beispielsweise dem Altstadtfest - "fahren wir die ganze Nacht mit allen Fahrzeugen. Falls man eine Fahrt schon vorher anmeldet, können Fahrten gut eingeplant und flexibel durchgeführt werden".
In Wertheim hat die Firma Taxi-Stemmer mit der Stadt eine Regelung getroffen. Um der Gastronomie entgegen zu kommen, fahren die Taxis von Montag bis Donnerstag von 6 Uhr morgens bis 1 Uhr früh am nächsten Tag. Am Wochenende sind vier Fahrzeuge rund um die Uhr von Freitagmorgen bis Montagmorgens um 1 Uhr im Einsatz. Bei größeren Veranstaltungen würde man nachts auch gerne mehr Fahrzeuge besetzen, doch leider ließen sich für diese Zeiten nicht mehr Fahrer finden.
Dass sich die Klagen häufen, dass es nachts zu wenig verfügbare Taxis gibt, räumen auch Branchenvertreter hinter vorgehaltener Hand ein. Viele Unternehmer schieben das vor allem auf den Mindestlohn. Dabei sind sie gar nicht gegen den Mindestlohn, aber sie sagen, dass es nicht zu leisten sei, die ganze Nacht zu bezahlen, wenn es oft wenig bis gar keine Fahrten gibt.
Zudem sei es schwer, für diese Zeiten Fahrer aufzutreiben. Häufig wurden und werden sie auch mit Fake-Anrufen genervt. Kommen sie zu nachtschlafender Zeit dann an einem Lokal oder einem Wohnhaus an, will niemand ein Taxi gerufen haben.
So prallen die verschiedenen Interessen aufeinander. Auf der einen Seite der berechtigte Wunsch auch nachts per Taxi nach Hause gebracht werden zu können, auf der anderen Seite die Taxiunternehmen, für die sich das Ganze auch betriebswirtschaftlich rechnen muss. Eine Lösung dieses Konflikts ist nicht in Sicht. . .
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