Bad Mergentheim. Das Modehaus Kuhn hat den ersten „Flagshipstore für Klopapier“ in der Region eröffnet. Trotz Lockdown im Landkreis bleiben die Türen nun offen. Es ist ein Protest gegen die Corona-Regeln.
Bad Mergentheim. Den bundesweit ersten „Flagshipstore für Klopapier“ eröffnete vergangene Woche das Modehaus Blum-Jundt am Marktplatz in Emmendingen, einer Stadt knapp 14 Kilometer nördlich von Freiburg gelegen. Es war eine Reaktion auf die neuerliche Schließung der Einzelhandelsgeschäfte in dieser Region im Rahmen der „Corona-Notbremse“. Ein großes Medienecho war die Folge und nun zieht das Bad Mergentheimer Modehaus Kuhn in gleicher Weise nach.
Es ist ein deutlicher Protest gegen die Ungerechtigkeiten in der Corona-Krise: Aldi, Lidl und Co. verkaufen weiter fleißig Klamotten, Schuhe und viele weitere Non-Food-Artikel, während unter anderem der Mode-Einzelhandel von einem Lockdown in den nächsten gezwungen wird. Und die Politik unternimmt scheinbar nichts dagegen.
„Wir wollen weiter geöffnet bleiben. Unser Hygiene- und Sicherheitskonzept funktioniert und ’Click & Meet’, also anmelden und dann erst shoppen, auch“, betonen Hans-Joachim Kuhn und seine Tochter Maike als Vertreter der Geschäftsführung im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie verstehen nicht, warum Einkaufsmärkte uneingeschränkt weiter offen bleiben und der Einzelhandel den Inzidenzwerten und der „Notbremse“ unterworfen ist.
Nudeln, Mehl und Mode
Jetzt gibt es also Klopapier, Nudeln, Mehl und viele andere Produkte im „Kaufhaus Kuhn“, genauso wie Mode. „Wir begrüßen unsere Kunden nach der Sortimentsumstellung zu unserer Neueröffnung des ersten Klopapier-Flagshipstore by Kuhn“, teilen Maike und Hans-Joachim Kuhn in einer Pressemitteilung mit. Gegenüber der Redaktion betonen sie weiter: „Handel ist Wandel.“ Das Unternehmen bestehe seit 54 Jahren nun in dritter Generation.
„Der Garant für unseren wirtschaftlichen Erfolg war, auf die sich abzeichnenden Veränderungen immer wieder zu reagieren und sich auf neue Situationen einzustellen“, so die Familie Kuhn: „Wir haben in der Corona-Krise viel gelernt und lernen immer noch dazu. Unsere empirischen Studien der letzten Monate haben uns zu der Erkenntnis geführt, dass der Verkauf von Lebensmitteln und Drogerieartikeln wohl bei der Virus-Ausbreitung keinen Vorschub leistet, weil sonst müsste es doch wohl in solchen Vertriebsformen Regelungen bezüglich der Kundenanzahl und Besuchsfrequenz geben.“
In der Presseerklärung heißt es zudem: „Mit unserem Angebot und unserer Nahversorgungsfunktion wollen wir die wichtigsten Bedürfnisse unserer Mitmenschen in Bad Mergentheim abdecken und Sie in der Pandemie unterstützen: Aus diesem Grund beschränken wir uns auf Toilettenpapier, Hygiene-Artikel, Desinfektionsmittel, Nudeln, Kaffee und Wasser. – In dieser sicheren Aura bieten wir auf unserer Non-Food-Aktionsfläche Frühjahrsmode an, die allerdings nur eine untergeordnete Rolle in unserem Businessplan (Sortimentsanteil 40 Prozent) einnimmt. Hier gilt vor allem, nur solange der Vorrat reicht und Abgabe nur in handelsüblichen Mengen.
Klopapier ist uns wirklich eine Herzensangelegenheit. Durch unsere Wäscheabteilung konnten wir schon sehr viel Expertise in diesem Bereich sammeln und sind nun froh, weitere Lösungen für unsere Kunden an dieser Stelle anzubieten.
„Endlich systemrelevant“
Bei Fragen, wenden Sie sich bitte an unser geschultes Verkaufspersonal, das froh ist, endlich auch als systemrelevant gefeiert zu werden. Wenigsten in einem Bereich können wir nun für ein Happy End sorgen und hoffen, dass es insgesamt auch für alle anderen ein Happy End gibt“, schließt die Pressemitteilung der Familie Kuhn.
Auch Marcel Jundt vom Modehaus Blum-Jundt in Emmendingen betonte gegenüber verschiedenen Medien, dass er nicht einfach weiter still sitzen bleiben könne und er sich darüber ärgere, dass Drogerien und Supermärkte weiterhin alles verkaufen dürften, er aber nicht. Mit seiner ungewöhnlichen Aktion seit vergangener Woche wolle er vor allem auf dieses Ungleichgewicht aufmerksam machen. Vom Gewerbeamt habe er für seine Produkterweiterung zusätzlich zum Verkauf von Kleidung eine offizielle Erlaubnis bekommen, so Jundt.
Und wie reagiert die Stadt Bad Mergentheim? Pressesprecher Carsten Müller teilt mit: „Uns haben tatsächlich Gewerbe-Ummeldungen hin zur Drogerie erreicht. Das ist gewerberechtlich nicht zu beanstanden und es ist keine Genehmigung erforderlich. Unser Ordnungsamt sieht sich das natürlich vor Ort genau an. Die Kollegen prüfen, ob die Voraussetzungen auch wirklich erfüllt werden. Aufgrund der 60/40-Regelung (Mischsortimentsregelung) aus der Corona-Verordnung ist es gestattet, neben den Drogerieartikeln (die 60 Prozent ausmachen müssen) andere Waren des Sortiments mit einem Anteil bis zu 40 Prozent zu verkaufen.
Wenn dies so ist, dann wird das von uns nach geltender Rechtslage auch gestattet. Es gibt Geschäfte, die die 60 Prozent Drogerieartikel noch nicht ganz erreicht haben. Hier räumt das Ordnungsamte diese Woche noch eine Kulanzwoche ein, dann müssen die Kriterien voll erfüllt sein. Das Ordnungsamt wird diese Einhaltung auch in den nächsten Tagen weiter kontrollieren.
Wir raten allen Einzelhändlern, die entsprechende Überlegungen anstellen, dass sie sich mit dem Ordnungsamt der Stadt abstimmen und den Kontakt suchen“, so Pressesprecher Müller.
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