Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim - Aus Aufregung wurde Alltag / Krisenteam gebildet / Ein echter Wendepunkt war der Beginn der Impfkampagne

Main-Tauber: Vor zwei Jahren kam der erste „Corona-Patient”

Am 8. Februar vor genau zwei Jahren stand der erste „Corona-Patient“ vor der Tür des Caritas-Krankenhauses. 480 Patienten wurden bis heute nach ihrer Covid-19-Behandlung wieder entlassen, 46 Corona-Patienten haben es nicht geschafft.

Von 
Sascha Bickel
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Blick auf die Intensivstation. © Caritas

Main-Tauber-Kreis. Die Aufregung im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim war groß: Am Samstagabend, 8. Februar 2020, also vor genau zwei Jahren, kam der erste Patient mit Verdacht auf eine Corona-Infektion in die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) direkt neben dem Eingang zur Notaufnahme des Caritas-Krankenhauses.

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„Wir hatten zwar schon von der neuen ansteckenden Lungenerkrankungen aus China gehört und unser Hygiene-Team hatte bereits am 24. Januar 2020 auf der Basis der damaligen Erkenntnisse eine Verfahrensanweisung erstellt, wie mit diesen Patienten umgegangen werden sollte“, berichtet der Pflegedirektor des Caritas-Krankenhauses Frank Feinauer im Rückblick. „Doch wenn dann der erste Patient mit den typischen Symptomen und zugleich Reiserückkehrer aus China im Zimmer steht, herrscht doch kurz Aufregung“, räumt er ein.

Was folgte, war ungewöhnlich und beispiellos: Sperrung der KV-Notfallpraxis, Kontaktaufnahme zum Gesundheitsamt des Kreises, Rückfragen beim Landesgesundheitsamt, Recherche beim Robert-Koch-Institut (RKI), vorsorgliche Vorbereitung einer Isolierstation im Caritas – und schließlich die Botschaft der Behörden: Der Patient kann nach Hause entlassen werden und muss sich dort in Isolation begeben.

Das Bild entstand während des ersten Corona-Lockdowns in Deutschland im März 2020. Die Mitarbeiter des Caritas-Krankenhauses haben die Pandemie bis heute hautnah miterlebt und viel für die Gesellschaft geleistet. © Caritas-Krankenhaus

Erst Unruhe, später Routine

Was damals noch Unruhe auslöste, ist heute fast schon Routine. Der Umgang mit corona-positiven oder aber -verdächtigen Patienten ist in diesen zwei Jahren zum Alltag im Caritas-Krankenhaus geworden.

Bis heute wurden im Caritas-Krankenhaus insgesamt 480 Patienten nach der Behandlung ihrer Covid-19-Erkrankung wieder entlassen – manche nach wenigen Tagen, andere nach vielen Wochen des Aufenthalts. 46 Covid-Patienten haben es jedoch trotz aller medizinischen Bemühungen nicht geschafft, sie sind an ihrer Covid-Erkrankung gestorben.

„Diese zwei Jahre haben unser aller Leben auf eine Weise verändert, wie man das zuvor nicht für möglich gehalten hätte“, zieht Frank Feinauer Bilanz. „Und wir als Mitarbeitende im Krankenhaus waren von Anfang an immer mitten drin, haben alle Höhen und Tiefen der nunmehr vier Krankheitswellen nicht nur miterlebt, sondern waren der Krankheit unmittelbar ausgesetzt, haben die betroffenen Menschen behandelt, sie versorgt und sind ihnen in allen Phasen der Erkrankung beigestanden – eine hohe körperliche und psychische Belastung.“

Wichtige Schutzausrüstung

Größte Sorge zu Beginn der Pandemie für die Mitarbeitenden im Krankenhaus war der Schutz vor einer Ansteckung durch die rasch steigende Zahl an Covid-Patienten. „Dank der weitsichtigen Planung und des hohen persönlichen Engagements unserer Materialwirtschaft unter Leitung von Matias Weiß, konnten wir unsere Mitarbeitenden immer ausreichend mit Schutzausrüstung versorgen. Mundschutz, FFP2-Masken, Schutzkittel, Schutzbrillen, Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel waren immer ausreichend vorhanden“, erläutert Frank Feinauer. „Das war wichtig und sehr beruhigend.“ Denn Schutzkleidung und Hygiene waren anfangs die einzigen Möglichkeiten, sich selbst bei der Versorgung der Covid-19-Patienten vor einer Infektion zu schützen.

Viel Arbeit für das Krisenteam im Caritas-Krankenhaus

Im März und April 2020 auf dem Höhepunkt der ersten Welle traf sich das gebildete Krisenteam des Caritas-Krankenhauses täglich, um auf die aktuellen Entwicklungen reagieren zu können und für alle Fälle gewappnet zu sein.

Regeln für die Schutzkleidung wurden festgelegt, Videos zur Anleitung gedreht; ein Stufenplan für die weitere Umwidmung von Stationen in Isolierbereiche erstellt; die Verteilung der anderen Patienten auf die Stationen besprochen; Prozesse für die Aufnahme von Covid-Patienten hinterlegt; Besuchseinschränkungen erlassen; Anästhesiepersonal aus dem OP in die Intensivstationen umgeschichtet.

Eine zweite Notaufnahme wurde vorbereitet für die Osterfeiertage, aber laut Caritas-Verantwortlichen zum Glück nie gebraucht.

Zusätzliche Ärzte und Pflegende der Diabetes-Klinik unterstützten für wenige Wochen die Versorgung der Patienten; ein Sicherheitsdienst wurde eingesetzt, um den Zutritt zum Haus zu kontrollieren; Verwaltung, IT und Personalabteilung arbeiteten und arbeiten phasenweise in getrennten Schichten, um die Funktion auch beim Ausfall eines Teils aufrechtzuerhalten; eine Betreuung für Mitarbeiterkinder wurde organisiert, eine Teststation eingerichtet, eine Teststrategie für Patienten, Besucher und Mitarbeitende ausgearbeitet; Quarantäne und Isolationsbestimmungen umgesetzt, Impfungen organisiert – um nur einige Maßnahmen zu nennen. ckbm/sabix

Von Beginn an war daher die Materialwirtschaft Teil der Covid-Krisenrunde im Caritas-Krankenhaus, die sich seit nunmehr zwei Jahren regelmäßig trifft, um aktuelle Entwicklungen zu besprechen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

„Am 26. Februar 2020 tagte das Covid-19-Krisenteam zum ersten Mal, um Maßnahmen wie die Sperrung von mehreren Zimmern für Covid-Patienten zu beschließen. Danach folgte praktisch im Wochenrhythmus die Ausweitung der Isolierbereiche zunächst auf eine Station, später auf das gesamte Bettenhaus E“, erinnert sich der Ärztliche Direktor und Hygiene verantwortliche Arzt Dr. Ulrich Schlembach.

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Mehr Covid-Patienten als letzte Woche auf den Intensivstationen

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dpa
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Im Caritas-Krankenhaus erreichten die Corona-Fallzahlen in den ersten beiden Aprilwochen 2020 ihren Höhepunkt. Zeitweise mussten 14 Covid-Patienten gleichzeitig beatmet werden, dazu kamen weitere intensivpflichtige Covid-Patienten sowie mehrere beatmete nicht-infektiöse Notfall-Patienten. Dafür wurden in kurzer Zeit zusätzliche Beatmungskapazitäten geschaffen. Auf den drei Isolierstationen lagen in Spitzenzeiten zeitgleich mehr als 60 Corona-Patienten, darunter mehr als 30 positiv Getestete sowie weitere Verdachtsfälle in Quarantäne.

Rückgang in 2022

Diese Werte wurden auch in den späteren Krankheitswellen tatsächlich nicht mehr erreicht, allerdings spiegelte sich jede Krankheitswelle auch im Caritas-Krankenhaus wider: Sehr hoch war die Zahl der Covid-Patienten noch einmal Mitte November 2020, um den Jahreswechsel 2020/2021, um Ostern 2021 sowie Mitte November 2021 bis zum Jahresende. Seither geht die Zahl der Covid-19-Patienten vor allem auf der Intensivstation zurück. „Seit Mitte Januar haben wir zum ersten Mal seit vielen Wochen Tage, an denen kein Covid-19-Patient intensivmedizinisch überwacht werden musste – eine wichtige Verschnaufpause für die Kolleginnen und Kollegen dort“, betont Pflegedirektor Feinauer.

Der Beginn der Impfkampagne markiert den Wendepunkt. © Caritas

Mütter, Kinder, Babys

„Zeitgleich steigt jetzt täglich die Zahl der Covid-19-Patienten auf der Isolierstation, darunter auch immer wieder Kinder sowie Mütter mit ihren neugeborenen Babys.“ Im Moment reiche die Isolierstation noch aus, sollten die Patientenzahlen weiter steigen, plane man bereits die Ausweitung auf eine weitere Station.

Ein echter Wendepunkt für die Mitarbeitenden im Krankenhaus war dann im Januar 2021 die Verfügbarkeit einer wirksamen Impfung gegen das Corona-Virus. „Das war ein „Game-Changer“, wie man neudeutsch sagt, oder – altmodisch – ein Segen“, machen die beiden Verantwortlichen des Caritas deutlich.

„Die Impfung reduziert das Infektionsrisiko, schützt weitgehend vor schweren Krankheitsverläufen, ist praktisch ohne Nebenwirkungen und weist damit einen sicheren Weg aus der Pandemie – das ist inzwischen zweifelsfrei wissenschaftlich belegt“, macht Dr. Schlembach deutlich.

Über 90 Prozent

Alle Ärztinnen und Ärzte sowie deutlich mehr als 90 Prozent der nicht-ärztlichen Mitarbeitenden im Caritas-Krankenhaus sehen das genauso und haben sich impfen lassen. „Wir hoffen und appellieren daher an alle Menschen: Lassen Sie sich impfen und tragen Sie so dazu bei, dass wir die Pandemie bald überwinden und zur Normalität zurückkehren können.“

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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