Kostenexplosion

Main-Tauber-Kreis: Frieren fürs Vaterunser

Die Kirchen stellen sich den Herausforderungen der Energiekostensteigerung: eisernes Sparen ist angesagt

Von 
Peter Keßler
Lesedauer: 
Gotteslob muss sein: Damit in Zeiten des Energiesparens weiter Gottesdienste stattfinden können, sind Maßnahmen wie die Verteilung von Sitzkissen angesagt. Auch wärmende Decken und warme Getränke werden empfohlen. © Matthias Bein, DPA

Main-Tauber-Kreis. Auch die beiden großen Kirchen leiden unter der Steigerung der Energiekosten und sehen sich zudem in besonderer Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung. Konkrete Maßnahmen wurden eingeleitet.

„Sparen, sparen, sparen!“, so fasst Bogdan Stolarczyk, kommissarischer Dekan des katholischen Dekanats Mergentheim, das jetzt Notwendige zusammen. Den theologischen Unterbau dazu liefert seine evangelische Kollegin Dekanin Renate Meixner. „Die aktuelle Energiekrise“, so stellt sie fest, „gibt dem biblischen Auftrag, die Schöpfung zu bewahren und verantwortungsvoll mit ihren Ressourcen umzugehen, eine neue Dringlichkeit“. Neben dem Sparzwang, den sie voll bejahe, gehe es „vor allem darum, Energie einzusparen und das Klima zu schützen“.

Vorgaben per „Handreichung“

Mehr zum Thema

Kostensteigerungen

Auch Kirchen sparen Energie

Veröffentlicht
Mehr erfahren

In der Umsetzung gehen beide Konfessionen auf unterschiedliche Weise vor. Mit einer „Handreichung“ macht die Diözese Rottenburg-Stuttgart Vorgaben, welche Temperaturen in den Kirchen einzuhalten sind. Und „wenn der Bischof etwas verordnet, dann wird das in den Gemeinden auch so umgesetzt“, stellt der Bad Mergentheimer Verwaltungsdirektor Peter Striffler dazu kurz und knapp fest.

Die evangelische Landeskirche von Württemberg beschränkt sich auf „Empfehlungen“, die vor Ort zu beraten und von den Kirchengemeinderäten in eigener Verantwortung anzuwenden sind.

Daraus ergibt sich eine größere Vielfalt an Regelungen im evangelischen Bereich.

Unterschiedliche Akzente ergeben sich auch auf der Bedeutung der Kirchengebäude für die Gottesdienste. Dem katholischen Bischof Dr. Gebhard Fürst ist „wichtig, dass die Kirchen offen und für die Feier von Gottesdiensten nutzbar bleiben, auch wenn sie kaum beheizt wären“. Ein Ausweichen auf Gemeindesäle sei nur „in Einzelfällen“ möglich. Das ist aufgrund des Charakters einer katholischen Kirche als „geweihtem Raum“ verständlich.

Dagegen sind „Winterkirchen“ in den Gemeindehäusern in den evangelischen Gemeinden des Weikersheimer Kirchenbezirks schon seit längerer Zeit verbreitet, etwa in Elpersheim, Frauental und Reinsbronn.

Neunkirchen will im Januar in den Gemeindesaal umziehen, Althausen verhält sich „abwartend“ und der Edelfinger Kirchengemeinderat hat beschlossen, in der Kirche zu bleiben. In Weikersheim sieht man den Nutzen geringerer Heizkosten, ist aber abhängig von der Corona-Entwicklung besorgt um die Einhaltung von Sicherheitsabständen im Gemeindesaal. Dekanin Renate Meixner regt auch die Abhaltung von Gottesdiensten im Freien an, wie sie sich zu Corona- Zeiten gerade in Weikersheim und den umliegenden Ortschaften bewährt hätten. Auch die in den letzten Jahren erprobten digitalen Gottesdienste werden an manchen Orten weitergeführt.

Wärmende Decken

Einig ist man sich darin, dass die Thermostate in den Kirchen heruntergedreht werden müssten – was allerdings bei manchen älteren Heizungen technische Probleme bereitet. Immer wieder wird dabei allerdings befürchtet, dass dann Gemeindemitglieder wegbleiben könnten. Dem versucht man durch Sitzkissen auf den Kirchenbänken oder die Verteilung von wärmenden Decken zu begegnen – oder es wird dazu aufgerufen, solche von daheim mitzubringen.

Es gibt auch die Empfehlung, ein warmes Getränk nach dem Gottesdienst zu reichen. Ein Grad Temperaturabsenkung, so informieren die Kirchenleitungen, könne bis zu zehn Prozent Heizenergie einsparen. Dabei legt die katholische Kirche eine „Grundtemperatur“ von mindestens fünf Grad fest. Ob sie erreichbar sei, ohne dass es in den Kirchen zu feucht werde, müsse vor Ort erprobt werden. Mehr als 13 Grad sei jedenfalls nicht möglich.

Die evangelische Kirche empfiehlt dagegen 15 Grad. Bekannt ist, dass die Kirchenorgeln kaum kälteempfindlich sind und man zu ihrem Schutz nur auf eine nicht zu hohe Luftfeuchtigkeit achten muss. Ein grundsätzliches Problem bleibt, dass gerade ältere Kirchengebäude schlecht isoliert sind, weil man ursprünglich nie daran gedacht hatte, sie zu beheizen. Das seien „unpopuläre Maßnahmen“, räumt Peter Striffler ein, aber sie seien unumgänglich – auch im Bereich anderer kirchlicher Gebäude und Einrichtungen.

Im Bereich der Bad Mergentheimer Münstergemeinde habe man in den letzten Jahren längst Energiesparmaßnahmen ergriffen, etwa durch Modernisierungen von Heizungen. Beheizt würden nur die jeweils benützen Räume. Jetzt würde auch auf eine Außenbeleuchtung soweit möglich verzichtet.

Die evangelische Schwestergemeinde kann da durchaus mithalten, hat sie doch längst das landeskirchliche Gütesiegel fürs Energiesparen, den „Grünen Gockel“ errungen.

Freier Autor

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten