Bad Mergentheim. „Rund 32 Millionen Euro wollen wir verbauen“, verkündete Oberbürgerbürgermeister Udo Glatthaar bei der zweiten Bürgerwerkstatt zum Rahmenplan der Landesgartenschau. Knapp 60 Interessierte kamen am Dienstagabend in den Kursaal, um mehr über die anstehenden Projekte und Bau-Schwerpunkte in den nächsten zehn Jahren zu erfahren, ehe dann 2034 die Landesgartenschau ihre Tore offiziell öffnet.
Landesgartenschau mehr als nur Blumenschau
Dass die Landesgartenschau mehr als eine Blumenschau ist, ja vielmehr ein großes Stadtentwicklungsprogramm, wurde in den vergangenen Jahren schon öfter betont. Nach zahlreichen Debatten, Bürgerdialogen, Ideensammlungen und intensiven Planungen im Rathaus sowie im beteiligten Expertenbüro Planstatt Senner soll es nun ab 2024 in die Umsetzung konkreter Projekte gehen – und dann Jahr für Jahr immer mehr verwirklicht werden.
Die Stadt Bad Mergentheim werde einen großen Sprung machen, versprach OB Glatthaar erneut. „Denken Sie bei der Landesgartenschau nicht nur in dekorativen Wohlfühlprojekten, sondern denken Sie Landesgartenschau in erster Linie als Modernisierungs-Turbo und Problemlöser“, so das Stadtoberhaupt. Mit dem Umbau des Gänsmarktes gehe es 2024 endlich los. An diesem zentralen Platz in der Innenstadt zeige sich aber leider auch, so räumte Glatthaar ein, „wie quälend langsam manchmal etwas vorwärts geht“, denn eigentlich wollte man mit diesem Vorhaben schon weiter sein.
Ziele abstecken
Mit dem Rahmenplan stecke man nun die Ziele bis 2034 ab und werbe auf Landes- und Bundesebene als nächstes intensiv um Fördermittel, denn nur damit könne man letztlich alles in diesem Zeitraum finanzieren. Stadtbaudirektor Bernd Straub oblag es den groben Zeitplan für die großen Vorhaben näher zu erläutern. Folgende Umsetzungsphasen zeigte er auf: Das Sanierungsprogramm „Altstadt/Stadtgarten“ läuft über die gesamten zehn Jahre. Der Gänsmarkt ist 2024 bis Anfang 2025 im Fokus. Parallel kümmert man sich schon um den Hochwasserschutz an Wachbach und Tauber sowie um die Fischdurchgängigkeit. Ab 2025 geht es um die Wärmeplanung für die Altstadt und das „Urbane Quartier Herrenwiesen Süd“ (ehemaliges Sägewerk Rudolph bis zur Wachbach).
Ab 2026 sollen der „Grüne Boulevard“ in der Igersheimer Straße bis zur Schwimmbad-Kreuzung mitsamt „Willkommensplatz“ (vor dem Stadtkloster) realisiert werden sowie das Parkraumkonzept und das neue Regenrückhaltebecken am Schellenhäuschen. Ab 2028 sollen die Umgestaltung der Burgstraße und des Deutschordenplatzes anstehen, die Neueinrichtung einer Bahnhaltestelle unterhalb des „Solymar“ (am Volksfestplatz) sowie der Bau des „Urbanen Quartiers Herrenwiesen Süd“ mit mehrstöckigen Wohngebäuden beginnen.
Ab 2029 steht die Einrichtung des Landschaftsparks im Zentrum. Dieser erstreckt sich über 21 Hektar entlang der Tauber zwischen Wolfgangsbrücke und Volksfestplatz. Und ab 2030 kommt die Neugestaltung des Marktplatzes; ab 2031 folgen der Bahnhofsplatz und der Hans-Heinrich-Ehrler-Platz. Ab 2032 wird laut diesem Zeitplan abschließend der Waldbogen am Ketterberg umgesetzt. Und die Zukunftsstadt Auenland? Hier soll mit den Planungen 2029/2030 begonnen werden.
„Es ist sehr viel miteinander zu koordinieren und aufeinander abzustimmen. Das macht alles viel Arbeit“, betonte Stadtbaudirektor Straub. Dem Gemeinderat obliege es nun, diesen Rahmenplan im Dezember zu beschließen.
Carsten Müller, der städtische Pressesprecher, erinnerte an die bisherige Öffentlichkeitsarbeit, die Bürgergespräche und Ideensammlungen, Spaziergänge zum Ketterberg und zum Thema „Stadtbäume“, das Quartiersgespräch am Gänsmarkt – und er kündigte für 2024 weitere Bürgerbeteiligungen an, so unter anderem eine Baustellen-Führung am Gänsmarkt, einen Spaziergang an der Tauber, dazu neue Kinder- und Jugendformate.
Stellen am Fluss zugänglich machen
Auf den Landschaftspark entlang der Tauber (bis zum Volksfestplatz) in dessen Rahmen auch Stellen am Fluss wieder für die Bürger zugänglich gemacht werden sollen, ging Eva Müller vom Stadtbauamt ein. Dabei gelte es den Heilquellenschutz, den Hochwasserschutz, das FFH-Schutzgebiet und noch mehr zu berücksichtigen. Der einst angedachte Stadtstrand nahe der Wolfgangsbrücke könne deshalb so nicht kommen, so Müller, stattdessen habe man die Wachbach-Terrassen fest im Blick (nahe dem Mittelstandszentrum). Im Landesgartenschau-Jahr 2034 werde der Park eingezäunt sein und als kostenpflichtiger Veranstaltungsbereich genutzt.
Müller sagte auch etwas zur Umgestaltung der Plätze und Wege in der Altstadt: darunter den Marktplatz, den Hans-Heinrich-Ehrler-Platz, den Deutschordenplatz und die Burgstraße. Man wolle robuste Planungen anstellen und müsse viele Abwägungen aufgrund der Funktionalität machen. Es gehe um Aufenthaltsqualität, Sitzplätze und Grün, Barrierefreiheit und Wasser. Aber auch die Einbindung des Verkehrs spiele am Ehrler-Platz und genauso am Bahnhofsplatz eine wichtige Rolle.
Details aus der zweiten Bürgerwerkstatt
Eva Müller vom Stadtbauamt ging kurz auf die Aktion ein, 100 Bäume an Bürger zu verschenken, um für mehr Grün zu werben und nannte als Ziel, dies nun jedes Jahr anzubieten. Die Gewinner des Wettbewerbs 2023 würden in Kürze benachrichtigt. Es habe erfreulicherweise mehr Nachfrage als Angebot gegeben.
Die Idee des Jugendgemeinderates ein „grünes Klassenzimmer“ auf einer Wiese oder unter Bäumen einzurichten, stellten Mirjam Ulshöfer und Josua Landwehr vor. Es gehe darum, sich in der Natur zu treffen und dort gemeinsam zu lernen. Johann Senner vom gleichnamigen Fachbüro regte dazu an, die Schüler bei der Anlage des „grünen Klassenzimmers“ einzubinden, um mehr Wertschätzung dafür zu erzielen.
Auf das Starterprojekt „Gänsmarkt“ ab Januar 2024 ging Stadtbaudirektor Straub nochmals separat ein und sprach von „15 spannenden Monaten“. Da es viele Leitungen im Untergrund gebe und viele Anlieger-Interessen zu berücksichtigen seien, habe man vier Bauphasen (wie bereits berichtet) eingeplant. Die Verkehrsführung bleibe wie sie aktuell schon ist. Johann Senner berichtete, dass man 15 neue Bäume pflanzen wolle und eine ganz neue Art der Bewässerung mit unterirdischen Verbindungen vorgesehen habe. Oben solle ein großer Familienplatz entstehen. Auf die kritische Nachfrage eines Bürgers warum die Stadt, die 1030 Unterschriften gegen die Verkehrsführung ignoriere, antwortete Pressesprecher Carsten Müller, dass es seit 2019 eine konkrete Planung mit Bürgerbeteiligung gegeben habe und der Gemeinderat letztlich im November 2022 eine klare Entscheidung mehrheitlich getroffen habe und diese nun umgesetzt werde.
Müller verwies auf das so genannte „Beteiligungsparadox“ – dabei müsse allen klar sein, dass es ganz am Anfang immer die größten Einflussmöglichkeiten der Bürger auf Projekte gebe, je konkreter die Planung werde und sobald die Beschlüsse gefallen seien, werde es immer schwerer. Er appellierte an die Bürger sich früh zu Wort zu melden und nicht erst nach Jahren. sabix
Kühle Zonen im Zentrum Bad Mergentheims
Wie schon Ende Januar moderierte Dr. Thomas Pfohl gekonnt den Abend. Er gab auch immer wieder den Bürgern die Möglichkeit, Fragen zu stellen und das taten auch einige. Ein Bürger regte an, parallel zur Wärmeplanung auch eine Kälteplanung für die Innenstadt anzustoßen. Dazu sagte Stadtbaudirektor Straub, dass der Stadt der Hitzeschutz ein Anliegen sei und kühle Zonen im Zentrum geschaffen werden sollen – durch viel mehr Grün, aber ebenso durch „erlebbares Wasser“.
Dass die Radler auch am neuen Gänsmarkt willkommen seien, war kurz Thema, ebenfalls kam der Entensee im Schlosspark zur Sprache, dieser soll durch das Parkpflegewerk des Landes mit neuem Leben erfüllt werden. Das Problem mit den Nilgänsen, die andere Arten verdrängen, wurde aufgegriffen und auch die Qualitäten des Ketterbergs für die Naherholung. Kritik kam in mehreren Anläufen von Günter Knopp, der der Stadt langjährige Untätigkeit und zu viel Abwarterei an verschiedenen Stellen vorwarf.
OB Glatthaar und Stadtbaudirektor Straub warben abschließend für einen konstruktiven Austausch und die gemeinsame Suche nach Kompromissen, aber auch für das Verständnis, lange Planungsprozesse samt Bürgerbeteiligung und später demokratisch gefällte Entscheidungen im Gemeinderat zu akzeptieren. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns, aber Bad Mergentheim wandelt sich sichtbar und positiv“, versprachen die beiden und erhielten ordentlichen Applaus.
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