Bad Mergentheim. Äste wackeln und Blätter rascheln, ohne dass ein Lüftchen geht, seltsame Geräusche sind entfernt aus dem Unterholz zu hören und ungewohnte Lichter breiten sich mitten im Wald aus. Eines steht fest: Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu. Über 150 Festgäste bewiesen am vergangenen Freitagabend Mut und ließen sich ins neue Reich der Zwerge, Wichte, Hexen und vor allem Kobolde entführen. Letztere haben sich eine gewaltige Burg bauen lassen, direkt am Bad Mergentheimer Wildpark.
Eine fantastische Erlebniswelt ist in nur sieben Monaten Bauzeit entstanden, dort wo einst ein Schiff auf einer Sandbank gestrandet war und über viele Jahre zum Spielen einlud. 11 200 Nägel, 9050 Schrauben, 1400 Meter Kabel und stolze 5374 Arbeitsstunden nur allein durch die Wildpark-Mitarbeiter geleistet, zeugen von einem Bauwerk, dessen Entdeckung lohnt - ja, Jung und Alt verzaubert.
"Kleines Dorf"
Ein "kleines Dorf" umgeben von acht Türmen wartet auf die Besucher. Winkel, Nischen, Ecken, Tunnel, Verstecke, Zimmer, Rutschen, Labyrinthe, Stege, Brücken, Kletterbalken, Seile und vieles mehr wollen erkundet und ausprobiert werden. Die beiden oberen Etagen der Türme bieten Schlafmöglichkeiten für bis zu 42 Kinder. In zwei separaten Koboldhäuschen stehen zudem Schlaf- und Sanitärräume für sechs Betreuer zur Verfügung. Doch bevor die müden Augen zufallen, lädt Kobold Klabauke zum Klettern und Toben ein oder zu Rollenspielen in der Zauberschule, dem Kaufladen, der Tierarztpraxis, der Schmiede und vielem anderen mehr.
Auf rund 2000 Quadratmetern bespielbarer Fläche haben die Wildpark-Verantwortlichen zusammen mit der Künstlerischen Holzgestaltung Bergmann in Süddeutschland etwas Einmaliges aus über 160 Kubikmetern Rundholz geschaffen. Und so freuten sich die drei Geschäftsführer des Wildtierparks, Marcus und Stephan Rügamer sowie Frank Hofmann, sichtlich darüber, mit so vielen Gästen die Eröffnung des neuen "Spielplatzes" feiern zu können.
"Alles begann mit Fantasie und Flausen im Kopf! Eine Idee wurde verwirklicht, die ab sofort mit allen Sinnen genossen werden kann. Es ist das bisher größte Projekt unserer 40-jährigen Wildpark-Geschichte." Mit diesen Worten leitete Marcus Rügamer eine kleine Geschichte ein, die seinem Publikum die Entstehungs- und Bauphase der neuen Koboldburg näher bringen sollte. "Alles begann im Mai 2011. Unser damaliges Schiff war in die Jahre gekommen und musste abgewrackt werden. Doch was sollte der Ersatz für die Kinder sein - und für den Klabautermann, der uns mit all seinen Piesackereien hier oben stets auf Trab gehalten hatte?"
Ein erster Kontakt mit dem Burgenbauer Jürgen Bergmann in Görlitz kam zustande, berichtete Rügamer: "Viele Ideen wurden eingebracht und im Oktober 2012 stellten wir ein windschiefes, krummes, buntes und ungetarntes, offenes 'Etwas' als Modell vor." Eine Koboldburg sollte es werden, "aber das brachte natürlich einige Schwierigkeiten mit sich, denn keiner vom Bauamt, vom Verkehrsamt, von Feuerwehr, Forstamt, Naturschutzbehörde, Brand- und Katastrophenschutz, etc. hatte bis dahin so eine Burg gesehen, geschweige denn geplant oder gar genehmigt!" Alle Beteiligten seien fortan unter den großen Vermittlungs- und Dolmetscherbemühungen des städtischen Verkehrsdirektors Kersten Hahn, der explizit gelobt wurde, konstruktiv und bemüht dabei gewesen, das Projekt voranzubringen, blickte Marcus Rügamer erleichtert zurück.
"Nur lächerliche sieben Monate nach der Vorstellung der ersten Modellskizze, vielen Gesprächen und 'klitzekleinen' Änderungen konnte ab Juni 2013 im Wildpark Klabaukes 3D-Modell bestaunt werden - allerdings ohne Löschwassertank, denn der passte nicht in das Modell hinein." Inzwischen besitze der Wildpark aus Brandschutzgründen rein terminlich noch vor der Stadt ein eigenes, geöffnetes "Hallenbad", meinte Rügamer augenzwinkernd und erntete freudiges Gelächter.
Im September vergangenen Jahres starteten die Umbauarbeiten am Spielplatzgelände - "und nach einer Teilfreigabe erreichte uns die komplette Baugenehmigung kurz vor Weihnachten. Schon am nächsten Tag wurde mit 113 Kubikmetern Beton das stolze Fundament für die neue Burg gegossen". Sein Dank gelte allen Helfern rund um dieses Großprojekt, besonders den höchst engagierten Wildpark-Mitarbeitern, "denn zusammen haben wir etwas Einzigartiges geschaffen", sagte Rügamer und erhielt zustimmend großen Applaus.
Der Wildpark sei ohne Frage eine tolle Bereicherung und ein enormer Anziehungspunkt für den Main-Tauber-Kreis erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Professor Dr. Wolfgang Reinhart in seinem Grußwort und lobte die neu geschaffene Attraktion. Er selbst habe schon viele große und kleine Geburtstage hier oberhalb der Kurstadt feiern dürfen und die gezeigte Tierwelt bei vielen Rundgängen immer wieder genossen, fuhr Reinhart fort und dankte seinerseits den Eigentümer-Familien Rügamer und Hofmann für ihren Einsatz dieses touristische "Highlight" stets weiter zu entwickeln.
Oberbürgermeister Udo Glatthaar sprach begeistert von einem "super Konzept", das die Wildparkbetreiber verfolgen. "Ich sehe mit wie viel Herzblut die Familien Rügamer und Hofmann hier agieren und wir von der Stadt wollen sie weiter nach Kräften unterstützen", betonte Glatthaar. Seit knapp drei Jahren sei er nun OB in Bad Mergentheim und sehe mit Freude, was hier auf dem Berg so alles entstehe.
Mit der Koboldburg sei ein wunderbarer neuer Spielplatz geschaffen worden, der abends noch zum spannenden Übernachtungsort werde. Das sei eine zusätzliche tolle Attraktion, mit der man neben den vielen präsentierten Tierarten wiederum in ganz Süddeutschland Furore machen könne. Rolf Rügamer wäre sicherlich stolz auf das bislang Geleistete, zeigte sich OB Glatthaar überzeugt.
Eckdaten zur Koboldburg und zum Wildpark
Anzahl der Türme: acht. Sie bilden zusammen ein kleines Spieldorf. In zwei Türmen sind getrennte Schlafmöglichkeiten und eigene Sanitärräume. Übernachtungsplätze: 48. Für Schulklassen, Gruppen und Vereine ab 25 Personen. Bauzeit sieben Monate. Verbrauchsmaterial: Robinie, Douglasie und Eiche.
Wenn der Park um 18 Uhr seine Tore schließt, ist der Spaß auf der Koboldburg jedoch noch lange nicht vorbei. Ab 18.30 Uhr ist sie für Schulklassen, Gruppen und Vereine reserviert.
Der Wildpark hat sich zu einem mittelständischen Unternehmen mit 36 fest angestellten Frauen und Männern entwickelt. Dazu kommen noch während der Saison 20 bis 30 Aushilfskräfte. Die Tierpflege ist fest in Frauenhand. Sieben ausgebildete Tierpflegerinnen kümmern sich um die vielfältigen Bedürfnisse der Wildparkfauna, der Wald wird von drei Forstwirten gepflegt.
Der Wildpark Bad Mergentheim beeindruckt mit über 70 Tierarten auf insgesamt 35 Hektar Fläche.
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