Nachwuchs bringt sich aktiv ins Klimaschutzkonzept ein

Junge Ideen für Bad Mergentheims Klima

Mit kreativen Projekten und viel Engagement gestalten Kinder und Jugendliche die Klimastrategie ihrer Stadt mit – und fordern Taten.

Lesedauer: 
Zu den spannenden Exkursionen rund um den Klimaschutz gehörte für die beteiligten Schülerinnen und Schüler auch ein Besuch im Naturwärme-Kraftwerk. © Stadt Bad Mergentheim

Bad Mergentheim. Mit einem breit angelegten Beteiligungsprozess arbeitet die Stadt Bad Mergentheim an ihrem Klimaschutzkonzept, wobei ihr die Einbindung der jungen Generationen besonders wichtig ist.

„Wir haben das ambitionierte Ziel, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden“, unterstreicht Oberbürgermeister Udo Glatthaar den Anspruch. Grundlage dafür sei zunächst eine umfassende Analyse der Treibhausgase-Bilanzierung, ergänzt um eine Potenzialanalyse und verschiedene Szenarien, die den Weg zur Klimaneutralität aufzeigen. „Die bisherigen Ergebnisse dazu sind vielversprechend“, so Udo Glatthaar.

Dabei geht es um eine Größenordnung von 141.570 Tonnen CO₂, die Bad Mergentheim im Jahr produziert. Der Wert ist für das Jahr 2021 ermittelt worden, dürfte also den Ist-Zustand recht gut beschreiben.

Stadt will Kapazitäten besser ausschöpfen

Die Arbeit am städtischen Klimaschutzkonzept wird im Bauamt von Stadt- und Landschaftsplanerin Eva Müller federführend koordiniert. Sie zeigt auf, dass es verschiedene Handlungsoptionen im Ausbau regenerativer Energien in Bad Mergentheim gibt, darunter Freiflächenphotovoltaik oder Windkraft: „Schon mit dem Bau von neun Windrädern auf der Gesamtfläche der Stadtgemarkung und der Modernisierung und Leistungssteigerung der bestehenden Windkraftanlage in Herbsthausen könnte der Strombedarf der Stadt vollständig gedeckt werden.“ Bei der Photovoltaik sei das Potenzial ähnlich groß, derzeit würden nur vier Prozent der möglichen Kapazitäten ausgeschöpft.

Schwieriger werde es vor Ort beim Thema Wärme. „Selbst wenn alle Möglichkeiten der erneuerbaren Energien voll ausgeschöpft würden, könnten nur etwa 80 Prozent des Wärmebedarfs gedeckt werden. Deshalb ist auch eine erhebliche Steigerung der Energieeffizienz, etwa durch bessere Gebäudedämmung, notwendig“, sagt Eva Müller. Eine weitere Option sei es, mehr Strom regenerativ zu erzeugen, und diesen dann für die Wärmeproduktion zu nutzen (Power-to-Gas oder Power-to-Liquid-Technologien).

Fokus liegt auf Kindern und Jugendlichen

Mit diesem Wissen um Herausforderungen, eigene Stärken und konkrete Handlungsoptionen ist der Beteiligungsprozess gestartet worden. Dabei lag der Fokus nicht nur auf der lokalen Wirtschaft, sondern besonders auf Kindern und Jugendlichen. Beim „Unternehmerfrühstück“ wurden die größten ortsansässigen Unternehmen über den aktuellen Stand der Klimaschutzbemühungen informiert. In lockerer Runde diskutierten die Verantwortlichen mit OB Udo Glatthaar und weiteren Vertreterinnen und Vertretern der Stadt vor allem das Thema Energieversorgung. Denn günstiger und flexibel verfügbarer Strom sowie Wärme sind für Unternehmen entscheidende Standortfaktoren – sowohl, um bestehende Betriebe zu halten, als auch, um neue, energieintensive Unternehmen anzusiedeln.

Besonders intensiv widmete sich die Stadtverwaltung daneben der jungen Generation. In Zusammenarbeit mit der Jugendtechnikschule wurden Workshops für die dritte Klasse der Grundschule am Kirchberg Neunkirchen-Stuppach und die achte Klasse der Kopernikus Realschule angeboten. „Der Grund für diesen Fokus liegt auf der Hand: Kinder und Jugendliche werden die Folgen des Klimawandels am stärksten zu spüren bekommen. Prognosen zufolge werden heute siebenjährige Kinder im Laufe ihres Lebens 70-mal mehr Naturkatastrophen erleben als ihre Großeltern. Umso wichtiger ist es, diese Altersgruppe frühzeitig für das Thema Klimaschutz zu sensibilisieren und auch ihre Familien einzubeziehen“, sagt Eva Müller. Unterstützt wurde sie bei den Aktivitäten von Iris Lange-Schmalz (Leitung Jugendtechnikschule) und Ann-Kathrin Murphy (Stadtwerk Tauberfranken).

Bedeutung des Klimas altersgerecht vermitteln

Die Grundschul-Kinder starteten mit einem zweitägigen Workshop, in dem sie altersgerecht die Unterschiede zwischen Wetter und Klima, die Bedeutung des Klimas und Möglichkeiten des eigenen Handelns erarbeiteten. Am zweiten Tag bauten sie ihre „Zukunftsstadt Bad Mergentheim“ – eine bunte, vielfältige Stadt mit viel Natur, mehrstöckigen Wohnhäusern, E-Mobilität und erneuerbaren Energien. Die Kinder legten Wert auf große Bäume, die Erlebbarkeit der Tauber und innovative Freizeitangebote wie eine Eisbar am Sandstrand.

Die Schülerinnen und Schüler der Kopernikus Realschule beschäftigten sich in einem dreitägigen Workshop mit den Grundlagen der Treibhausgasanalyse und den globalen wie lokalen Folgen des Klimawandels. Sie diskutierten auch die soziale Verantwortung, die Deutschland gegenüber dem globalen Süden trägt. Besonders spannend waren die Exkursionen: Die Jugendlichen besuchten das Naturwärmekraftwerk des Stadtwerks Tauberfranken, die Windkraftanlage in Althausen und den energieautarken Hof 8 in Schäftersheim. Dort erhielten sie exklusive Einblicke, konnten Fragen stellen und kreierten anschließend eigene Filme und Podcasts, um ihre Eindrücke festzuhalten. Am dritten Tag richteten sie den Blick auf sogenannte „Best-Practice-Städte“, die beim Klimaschutz bereits sehr weit sind, und diskutierten, welche Ansätze auf Bad Mergentheim übertragbar wären.

Klimaschutz soll nicht nur ein Konzept bleiben

Kürzlich präsentierten die Schülerinnen und Schüler beider Schulen ihre Wünsche, Ideen und Forderungen dem Jugendgemeinderat. Dabei wurde deutlich, wie wichtig es ist, dass das Klimaschutzkonzept nicht nur ein Papier bleibt, sondern eine umsetzbare Strategie wird, die Bad Mergentheim auch für zukünftige Generationen lebenswert macht.

„Es war eine spannende, engagierte Sitzung und die Stadt bedankt sich herzlich bei allen Kindern, Jugendlichen, Lehrkräften und Schulleitungen für ihr großes Engagement. Ihr Einsatz ist ein wertvoller Beitrag auf dem Weg zu einer klimaneutralen und lebenswerten Zukunft für alle Generationen. Verwaltung und Gemeinderat können daraus einige Impulse mitnehmen“, sagte der Oberbürgermeister im Anschluss an die Sitzung.

Das Jugend-Gremium wird sich auch weiter mit dem Klimaschutzkonzept befassen und es aus der eigenen Perspektive heraus in den Gemeinderat einbringen. Von der fachlichen Seite aus plant das Stadtbauamt, dem Rat nach der Sommerpause ein erstes Strategiepapier für den Weg zur Klimaneutralität vorzulegen. stv

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten