Bad Mergentheim. Die Kurstadt Bad Mergentheim zählt mit ihrer hohen medizinischen Kompetenz zu den größten Stoffwechselheilbädern Deutschlands. Zu verdanken ist dies sicher auch dem ersten Chefarzt der damaligen Stoffwechselklinik und heutigen Rehaklinik Ob der Tauber, Prof. Dr. Leo Wannagat, der auch als "Leberpapst" in die Geschichte eingegangen ist. Im Oktober feiert die Rehaklinik Ob der Tauber ihr 50-jähriges Bestehen.
Er machte sich auf dem Sektor der Leberforschung verdient und leitete über 33 Jahre die Lebertagungen und -kongresse in Bad Mergentheim, die jedes Mal Ärzte aus Wissenschaft und Praxis von überall her anlockte.
1990 wurde der ärztliche Leiter mit der Medaille der Universität Ulm für seine Verdienste geehrt.
Die Rehaklinik, welche im Volksmund "der Quarkbunker" genannt wird, thront mit ihrem imposanten Gebäude wie ein Wahrzeichen über der Kurstadt.
Die Klinik genießt seit vielen Jahrzehnten in der Region einen herausragenden Ruf als Stoffwechselklinik. Wissenschaftlich fundierte Therapiekonzepte sowie die Anerkennung durch Fachgesellschaften, wie zum Beispiel die Deutsche Diabetes Gesellschaft, und die seit jeher enge Kooperation mit Selbsthilfegruppen garantieren, dass hier nach den neuesten Therapieleitlinien behandelt wird. Doch wie hat das alles angefangen? In den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts entschied sich die Rentenversicherung Württemberg für den Standort Bad Mergentheim, um hier eine Stoffwechselklinik zu errichten. Die Kurstadt war mit Bedacht gewählt, bot sie doch die besten Voraussetzungen - die drei Heilquellen, die vor 185 Jahren von einem Schäfer entdeckt wurden, sind bekannt für ihre heilende Wirkung bei Stoffwechselstörungen, Erkrankung der Verdauungsorgane aber auch für Hautkrankheiten und Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates.
Mit dem schönen Ausblick über das liebliche Taubertal und dem direktem Blick auf den Kurpark, der zu den zehn schönsten Kurparks Deutschlands gehört, war das 30 000 qm große Grundstück der ideale Platz für eine Schwerpunkt-Rehabilitationsklinik.
Am 28. Juni 1958 begann mit dem ersten Spatenstich der Bau für die Stoffwechselklinik der LVA Württemberg. Nicht alle Mergentheimer waren glücklich über ein solch großes Gebäude, jedoch sollte dieses Vorhaben Arbeitsplätze in der Region schaffen. Nach fast zwei Jahren Bauzeit war Richtfest, und am 2. Oktober 1962 wurde der erste Patient in der Schwerpunktklinik für Stoffwechselkrankheiten aufgenommen.
272 Betten fasste das Haus und fast eben soviel Personal wurde eingestellt. Allein in der Technik arbeiteten neben Obermaschinenmeister und Elektromeister ein Werkstattmeister, fünf Heizer, fünf Gärtner, zwei Maler und ein Maurer. Es gab fünf Innenpförtner und zwei Außenpförtner, welche auch nachts anwesend waren und für die Sicherheit der Patienten sorgten. Alfons Brand war bis zu seiner Pensionierung 1982 der erste Verwaltungsleiter.
Prof. Dr. Wannagat und sein Team von Ärzten und Krankenschwestern waren stets auf der Suche nach neuen medizinisch therapeutischen und naturheilkundlichen Erkenntnissen. Sie arbeiteten im engen Kontakt mit den medizinischen Universitäten. So gab es unter anderem einen hochmodern eingerichteten OP-Saal mit Klimaanlage. Für Forschungszwecke baute man eigens einen Kleintierstall für Laborratten und Minischweinen. Die Tiere wurden bis in die 70-er Jahre von den Gärtnern und dem technischen Personal versorgt. Später wurde der Kleintierstall zum Büro für die Technische Leitung umgebaut.
Prof. Dr. Wannagat machte sich aber nicht nur durch die Leberforschung verdient. Er kümmerte sich warmherzig um seine Patienten und galt beim Personal als ein fairer, wertschätzender und gütiger Chef. Alkohol war strengstens verboten, statt dessen verordnete er dreimal täglich Quark. Dieser gilt seit jeher als ein wichtiger Lieferant für Aminosäure, welche den Leberstoffwechsel anregt, entgiftet und somit die Leber auch schützt. Auf dem täglichen Speisezettel der Klinik durfte dieses Nahrungsmittel daher nicht fehlen. Die Patienten nannten die Klinik deshalb gern scherzhaft den "Quarkbunker".
Um das Miteinander unter dem Personal zu stärken, aber auch um Wertschätzung für die geleistete Arbeit auszudrücken, fanden Betriebsausflüge, Grillfeste und Faschingsfeiern statt. Es wurde ein Personal-Chor gegründet. Die langjährigen Mitarbeiter erinnern sich gerne an diese Zeit zurück.
1972 eröffnete die Klinik die Elektromikroskopische Abteilung unter der Leitung von Chefarzt Dr. Dr. Schwalbach und die Nuklearmedizinische Abteilung unter Leitung von PD Dr. Gehring. Rein äußerlich veränderte sich die Klinik in den folgenden Jahren nur wenig. Im Kern wurde in den 80-er Jahren dagegen umfangreich modernisiert und renoviert. Nasszellen wurden eingebaut, Balkone renoviert und neue Funktionsräume, wie eine Diätlehrküche, Unterrichtsräume, Freizeit- und Kreativräume sowie eine Kegelbahn errichtet.
Die hauseigene Wäscherei wurde aufgelöst, ein Parkplatz gebaut und eine automatische Schrankenanlage in Betrieb genommen. Die Modernisierung ging in den folgenden Jahren immer weiter, "Schritt halten" war das Motto.
Aus dem Personalwohngebäude wurde Anfang der 90-er Jahre ein Schulungszentrum. Erste Computer wurden angeschafft. 1997 zählte die Klinik zu den Größten in Bad Mergentheim mit einer Bettenkapazität von 245 Betten in der klinischen und sieben Betten in der Nuklearmedizinischen Abteilung. 200 Mitarbeiter arbeiten in der Klinik, die inzwischen zu den Rehazentren Baden-Württembergs gehört und unter dem neuen Namen Rehaklinik Ob der Tauber geführt wird. Auch heute noch trifft man sich gern zum alljährlichen Grillfest und plaudert über längst vergangene Zeiten.
Um im täglichen Wettbewerb bestehen zu können, stellt sich die Klinik regelmäßig den Qualitätsprüfungen nach der ISO 9001. Im Juli 2010 trat Dr. Sylvia Zipse die Chefarztstelle an.
Mit Einführung des neuen dualen Klinikführungsmodells übernahm sie gemeinsam mit dem kaufmännischen Leiter Traugott Weber die Klinikleitung.
Mit den stetigen Gesundheitsreformen reduzierte das Haus auf nunmehr rund 175 Betten.
130 Mitarbeiter aus ärztlichem und pflegerischem Bereich, Diagnostik und Therapie, Küche, Verwaltung, Reinigung und Technik arbeiten täglich Hand in Hand und versorgen die Patienten unter dem Motto: Gesundheit fördern und Krankheit bewältigen. Birgit Erler-Lauerwald
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