Bad Mergentheim. Der noch im Vorjahr gestartete 4. Main-Tauber Weihnachtscircus biegt zu Beginn des neuen Jahres so langsam auf die Zielgerade ein. Noch stehen bis Sonntag, 7. Januar, pro Tag zwei Vorstellungen auf dem Volksfestplatz in Bad Mergentheim an, doch schon jetzt kann Geschäftsführer Rudi Bauer eine außerordentlich erfreuliche Bilanz bezüglich der Besucherzahlen ziehen.
Die Fränkischen Nachrichten hatten nun die Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen des Circus’ zu schauen und zu einem kurzen Gespräch mit dem Geschäftsführer, der augenblicklich fast rund um die Uhr auf den Beinen ist. Er pendelt zwischen Circus, Eislaufbahn und den regionalen Geschäftspartnern hin und her, ganz zu schweigen von den unzähligen Telefonaten, die zu führen sind. Wer Glück hat, der bekommt von ihm persönlich am Vorverkaufs-Ticketschalter die Tickets in die Hand gedrückt.
Quasi im Vorbeigehen erzählt er nicht ohne Stolz, dass er mit den Verkaufszahlen sehr zufrieden ist. Ende letzter Woche bei der Halbzeit angelangt, habe man bereits die Zahlen aus dem Vorjahr überschritten, was mit ziemlicher Sicherheit auf einen neuen Verkaufsrekord hindeutet.
Erfreulich sei das überaus positive Feedback der Besucher. Schon jetzt stehe er in Verhandlungen mit hochkarätigen Artisten für die fünfte Auflage des Main-Tauber-Weihnachtscircus’, denn „nach dem Weihnachtscircus ist vor dem Weihnachtscircus für uns“, so Rudi Bauer, bevor er wieder zum nächsten Termin weitereilt. Pressesprecherin Barbara Rott übernahm dann die Führung im Backstage-Bereich, wo die Möglichkeit bestand, mit einigen Artisten über ihre speziellen Nummern und den Alltag eines Artisten zu sprechen. In den letzten Wochen sei übrigens aus Individualisten aus knapp 20 Nationen eine große internationale Familie geworden, die in den knappen freien Stunden neben der eigenen Familie – sofern mit dabei – die Gemeinschaft pflegt. So auch am Heiligen Abend und an Silvester, als man gemeinsam das neue Jahr begrüßte.
Hinter dem großen Circuszelt bzw. in der Manege herrscht den ganzen Tag über bis zu den Vorstellungen reges Treiben. Da wird am Hochseil trainiert, am Equipment gearbeitet, die Tiere gepflegt, oder sich mit anderen Dingen beschäftigt, die irgendwie mit dem jeweiligen Auftritt zusammenhängen.
Wie Clown „Jimmy Folco“ zum Beispiel, der einer vielen Generationen alten italienischen Circus-Familie aus Verona entstammt, die seit jeher immer wieder erfolgreiche Circus-Clowns hervorbringt. Oder wie er es selbst im so sympathischen „Italo-Deutsch“ ausdrückt: „Wia schon imma tun mit Comedy und Clown“.
Nach dem Engagement im Weihnachtscircus geht es für ihn weiter nach Budapest zu einem Festival und dann nach Dänemark zu einer mehrmonatigen Show, wo er als Produzent tätig ist. Weitere Stationen sind Florida in USA, Monte Carlo und schließlich der Schweizer Circus Knie. Sein Circus-Alltag beginnt als Italiener morgens natürlich erst einmal mit einem Espresso. Er geht sehr gerne in Restaurants zum Essen, berichtet er. Deswegen gefällt es ihm in der Region des mittleren Taubertals besonders gut, denn da gibt es viele gute Restaurants und guten Wein, freut sich Jimmy Folco. Ebenfalls einer alten Circus-Familie entstammt Danny Lauenburger mit seiner Chow-Chow-Hunderevue. Der Tag des Tiertrainers ist selbstredend auf seine vierbeinigen Partner abgestimmt. Sein erster Gang führt zum Hundegehege und sein letzter ebenfalls: nach der Vorstellung macht er eine letzte Inspektion, damit die Tiere auch gut versorgt sind.
Auch Danny Lauenburger entstammt einer alteingesessenen Artistenfamilie mit ehemals eigenem Circus aus der Nähe von Leipzig. Die Hunderevue entstand rein zufällig nach einer Tiersendung im Fernsehen, in der auch Chow-Chows vorkamen. Er fasste den Plan, selbst eine solche Nummer aufzubauen, obwohl er vorher noch nie mit Tieren gearbeitet hatte. Er kaufte sich eine Hündin, die zur Stammmutter einer ganzen Chow-Chow Familie wurde: die Tiere in seiner Show sind allesamt Brüder und Schwestern samt Eltern.
Für Lauenburger sind die Hunde nicht Mittel zum Zweck, sondern Familienmitglieder, die gehegt und gepflegt werden, als wären es seine Kinder. Man sieht und spürt es auch, denn seine Chow Chows sind richtige kleine Schmuselöwen, die sich sichtlich wohl fühlen. Vom Charakter her und ihrer Verhaltensweise, so Danny Lauenburger, seien Chow-Chows eher Katzen als Hunde.
Seine Show ist übrigens aufgebaut wie eine echte Löwennummer, mit Käfig, um den Besuchern zumindest das Feeling einer Raubtierdressur zu vermitteln. In seiner Freizeit – und während seine Frau beim Einkaufen oder im Haushalt beschäftigt ist, frönt er seiner frisch entdeckten Lieblingsfreizeitbeschäftigung, dem Schlittschuhlaufen.
Weltreisende in Sachen Circus-Artistik sind „The Diorios“: fünf Brasilianerinnen und Brasilianer mit ihrer sensationellen Motorrad-Show „Splitting Globe“ im lediglich etwas über vier Meter Durchmesser großen Kugelkäfig. Chef der Truppe ist Daniel Michael Campos, der seit über 20 Jahren in diesem nicht ganz ungefährlichen, aber unheimlich spannenden und faszinierenden Job tätig ist.
Bedingung für unfallfreies Gelingen seien, so Campos, absolutes Vertrauen in die übrigen Mitglieder der fahrenden Truppe und die perfekte Technik der Motorräder. Dies im Besonderen, wenn sich die Kugel öffnet und die rasende Fahrt mit bis zu 70 Stundenkilometern im oberen und Teil der Stahlkugel getrennt weiter geht, und die Besucher in Atem hält.
Daniel ist derzeit noch mit der ganzen Familie auf Tour, solange die Kids noch nicht schulpflichtig sind. Seine Frau Vanessa ist Mitglied des fahrenden Teils der Truppe.
Klar, dass der technische Zustand der Motorräder die wichtigste Voraussetzung ist, damit die Show ohne Pannen über die Bühne gehen kann, auch wenn der Faktor Mensch eine ebenso wichtige Rolle spielt. Deswegen halten sich die Akteure nicht nur körperlich fit, sondern sorgen durch tägliche – vor und nach jedem Auftritt – peinlich genaue Inspektionen der Maschinen für den optimalen Zustand der Technik. Wenn dann noch Freizeit übrig bleibt, pflegen Vanessa und Daniel mit ihren Kindern ein ganz normales Familienleben, mit Einkaufsbummel, Besuch vom Weihnachtsmärkten und Ausflügen in die nähere Region. Vor dem Engagement in der Badestadt war die Splitting-Globe-Truppe beim finnischen Reisecircus „Finlandia“ tätig und beim wichtigen Festival im französischen Lille. Nach einem Kurzurlaub in der Heimat geht es als Teil einer internationalen Artistengruppe auf eine mehrmonatige Welttournee, ehe sich der eine oder andere Weihnachtscircus dann wieder die Dienste dieser einzigartigen Motorrad-Show aus Brasilien sichert.
Er sei überzeugt davon, so Rudi Bauer abschließend, dass die Menschen draußen in der Region auch künftig seine Bemühungen honorieren werden und das Gespür dafür haben, dass ihnen der Main- Tauber Weihnachtscircus das unvergleichliche Flair und die Faszination des klassischen Circus im ursprünglichsten Sinne und in bester Qualität bieten wird.
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