Deutsch-kenianische Zusammenarbeit am Caritas-Krankenhaus

Ein Modell für nachhaltige Fachkräftegewinnung

Austauschprogramm ermöglicht jungen Menschen aus Ostafrika eine Pflegeausbildung in Deutschland

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Nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland fand im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim ein Treffen statt, bei dem die ersten Erfahrungen der kenianischen Pflegeschüler ausgetauscht wurden. © Tilman Englert

Bad Mergentheim. In einem zukunftsweisenden Projekt arbeiten Hochschulen aus Nairobi und Koblenz gemeinsam daran, dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken und jungen Kenianerinnen und Kenianern neue Perspektiven zu bieten.

Ein entscheidender Schritt in dieser Kooperation ist ein Austauschprogramm, das jungen Menschen aus Ostafrika eine Pflegeausbildung in Deutschland ermöglicht. Nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland fand im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim ein Treffen statt, bei dem die ersten Erfahrungen der kenianischen Pflegeschüler ausgetauscht wurden.

Ein gemeinsames Ziel

Das Projekt wurde von der Hochschule Koblenz in Zusammenarbeit mit der Mount Kenya University (MKU) in Nairobi initiiert. Hintergrund ist der prognostizierte Mangel an bis zu 500 000 Pflegekräften in Deutschland bis zum Jahr 2030.

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Professor Dr. Christian Lebrenz, Professor für Human Resource Management an der Hochschule Koblenz, betonte: „Um den Mangel nachhaltig zu verringern, ist es unverzichtbar, Nachwuchs aus dem Ausland nicht nur anzuwerben, sondern auch langfristig in Deutschland zu halten. Das Treffen mit der ersten Gruppe was daher extrem wichtig, um eventuelle Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Es war aber auch einfach schön, die Schüler wiederzusehen, die wir auf dieser langen Reise bis hierhin begleiten durften.“

Die Vorbereitung der kenianischen Pflegeschüler begann bereits anderthalb Jahre vor ihrer Ankunft in Deutschland. Ein selbstfinanzierter Deutschkurs war der erste Schritt. Anschließend absolvierten die Schüler einen Kurs an der MKU, der nicht nur medizinische Fachterminologie und Anatomiekenntnisse vermittelte, sondern auch Wissen über das Leben und die Kultur in Deutschland.

Das Curriculum wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim entwickelt. Norbert Stolzenberger, Leiter des Bildungszentrums am Krankenhaus, betont neben dem medizinischen Vorwissen die Bedeutung von Sprachkenntnissen und interkulturellem Wissen: „Wir beschäftigen uns seit Jahren mit dem Thema Fachkräftegewinnung aus dem Ausland. Daher war uns klar, wie wichtig neben guten Sprachkenntnissen auch interkulturelles Wissen ist.“

Da die erste Gruppe aus Kenia auch für das Bildungszentrum am Caritas-Krankenhaus noch ein Pilotprojekt war, ist es umso erfreulicher, wie Stolzenberger vor den Schülern von seiner Klasse schwärmte: „Die Schüler sind aufmerksam, interessiert, beteiligen sich. Man merkt ihnen an, dass Sie hier sind, um zu lernen und saugen alles auf, was wir im Unterricht durchnehmen.“

Durchweg positive Erfahrungen

Nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland wurde das Projekt von beiden Seiten positiv bewertet. Thomas Wigant, Regionalleiter der Region Tauberfranken-Hohenlohe, richtete dankbare Worte an die Pflegeschüler: „Man bekommt aus dem ganzen Krankenhaus, aus der Schule und von allen, denen ihr begegnet, nur positives Feedback. Ihr passt mit eurer Art einfach gut zu uns und unserem Leitbild: denn ihr seid dem Menschen zugewandt.“

Auch die kenianischen Pflegeschüler berichteten von durchweg positiven Erfahrungen: „Keine Verständnisprobleme, keine Rassismusprobleme, hilfsbereite Kollegen in allen Abteilungen.“

Die Schülerinnen und Schüler ziehen nach den ersten Monaten eine ähnliche Bilanz: „Alle heißen uns willkommen, wir fühlen uns sehr wohl. Der Schulstoff ist schwierig, aber, wenn wir etwas nicht verstehen, halten wir uns an unsere eigene Vorgehensweise: Fragen, fragen, fragen!“

Frank Feinauer, Pflegedirektor am Caritas-Krankenhaus, nahm das Feedback der Stationsleitungen nach den ersten Einsätzen der Schüler auf Station durchweg anerkennend wahr und fasste zusammen: „Pünktlich, fröhlich, freundlich. So wie wir es uns hier wünschen und erwarten.“

Um den kenianischen Auszubildenden das Einleben in Bad Mergentheim zu erleichtern, stellte das Krankenhaus ihnen ältere Auszubildende als „Buddys“ zur Seite. Caroline Mwangi, CEO & Co-Founder von AG-Career Hub, vermittelte zudem Kontakt zur kenianischen Community in Deutschland. Thomas Wigant unterstrich die Bedeutung der kenianischen Pflegeschüler: „Ihr seid die Botschafter für die Schüler, die in Kenia sind und überlegen, ihre Ausbildung in Deutschland zu machen. Und wenn man das zusammenfasst, was man über euch erfährt und den Eindruck, den ich persönlich wiedergeben kann: Ihr seid gute Botschafter!“

Neben der beruflichen Integration werden auch Freizeitaktivitäten und kultureller Austausch gefördert. Die Pflegeschüler äußerten Wünsche für ihre Freizeitgestaltung in Deutschland, darunter vor allem: Schwimmen lernen und Schach spielen. Ein Rückblick auf einen Schulausflug nach Österreich zeigte, dass sie auch außerhalb der Arbeit aktiv am gemeinschaftlichen Leben teilnahmen, etwa durch gemeinsames Kochen und Wandern. Auch wenn die Schüler im Rückblick lachend berichten: „Es wurde sehr viel gewandert, vielleicht manchmal zu viel.“

Natürlich gab es auch Herausforderungen – vor allem bürokratische. Ein Auszubildender erinnert sich: „Die Anerkennung der Dokumente der Teilnehmenden hat lange gedauert. Aber jetzt sind wir hier, das ist die Hauptsache!“ Der Besuch von Professor Dr. Lebrenz und Caroline Mwangi diente deshalb nicht nur der Bestandsaufnahme, sondern auch der Weiterentwicklung des Projekts. Professor Dr. Lebrenz betonte die Wichtigkeit des Feedbacks: „Ihr seid wichtig, und euer Feedback ist wichtig, um das Projekt weiterzuentwickeln.“

Verbesserungspotenzial sehen die Schüler nur im Vorbereitungskurs „Anatomie“, der in Kenia bisher auf Englisch gehalten wurde. „Der Kurs wird in Zukunft auf Deutsch angeboten werden, da wir mittlerweile die notwendigen Lehrkräfte vor Ort gefunden haben.“

Davon wird bereits die zweite Gruppe Kenianer profitieren, die im Oktober 2024 ihre Ausbildung im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim startet.

Die positiven Erfahrungen der ersten kenianischen Pflegeschüler und das überwältigend positive Feedback von beiden Seiten lassen hoffen, dass dieses Projekt als Modell für zukünftige Initiativen dienen kann. te

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