Bad Mergentheim. Als am Freitagabend die letzten Töne des Turmblasens über den Deutschordenplatz glitten, war, wie jedes Jahr zum Abschlussturmblasen, eine besondere Wärme zu spüren. Das Turmblasen der Fränkischen Nachrichten, seit diesem Jahr gestaltet von einem Quartett der Blaskapelle Löffelstelzen, bewahrt eine Herzensangelegenheit für die Stadt, die weit über das Zuhören hinausgeht, sondern als Erinnerung vieler bewahrt wird.
Fest verankerte Tradition
Über viele Jahrzehnte hinweg hat das Turmblasen, eine traditionsreiche Stiftung der Fränkischen Nachrichten, das kulturelle Leben Bad Mergentheims geprägt. Diese festlichen Musikgrüße vom Schloss- und Bläserturm sind zu einer tief verankerten Gewohnheit der Stadt geworden. Jeden ersten Freitag im Monat versammeln sich Bürgerinnen, Bürger und Gäste auf dem Deutschordenplatz, richteten erwartungsvoll den Blick empor und ließen sich, oft bei lauen Sommerabenden, von den weithin hörbaren Bläserklängen berühren.
Das neue Quartett und ein Abschied vom Bläserturm
Eine besondere Rolle spielt seit dieser Saison das Quartett der Blaskapelle Löffelstelzen. Es hat die schöne Aufgabe übernommen, das musikalische Erbe zu bewahren und in wechselnder, generationsübergreifender Besetzung fortzusetzen. Frischer Wind kam auf, denn es sind nicht mehr nur feste Formationen wie früher, sondern unterschiedliche Musikerinnen und Musiker, die mit viel Engagement traditionelle Weisen und romantische Klänge über den Platz tragen. Ebenfalls seit dieser Saison lässt das Quartett stets seine Lieder aus den Fenstern des Roten Saals im Residenzschloss klingen. Leider ist es aufgrund zahlreicher Bestimmungen der Staatlichen Schlösser und Gärten nicht mehr möglich, den Bläserturm zu betreten. Hier geht ein Stück Bad Mergentheimer Kulturgeschichte verloren.
Das Quartett der Blaskapelle Löffelstelzen, bestehend aus David Blank und Martin Gabel (beide Flügelhorn), Florian Ott (Horn) und Michael Engert (Tuba), ließen die schönsten Volkslieder über den Deutschordenplatz erklingen. Der Abend begann mit „Am Brunnen vor dem Tore“, es folgten Lieder wie „Die Gedanken sind frei“ und „Im schönsten Wiesengrunde“, bei „Der Jäger aus Kurpfalz“ und „Kein schöner Land in dieser Zeit“ kam heimelige Stimmung auf.
Als schließlich die beiden Abendlieder „Der Mond ist aufgegangen“ und „Guten Abend, gut‘ Nacht“ erklangen, summten die Zuhörer leise mit, ehe sie zufrieden und erfüllt nach Hause gingen.
Blaskapelle mit langer Tradition
Die Blaskapelle Löffelstelzen selbst kann auf eine eigene lange Geschichte zurückblicken. Schon seit den späten 1960er Jahren vereinten sich unter ihrem Dach zahlreiche Musikbegeisterte, die mit tiefer Freude ein vielfältiges Repertoire pflegten und so zur Lebendigkeit des Turmblasens beitrugen.
Eine sich wandelnde Tradition
Das Turmblasen selbst wurde über die Jahre mit behutsamen Neuerungen immer wieder belebt. Waren zunächst die Turmbläser Kurt Hinze (von 1954 bis 1967), Rudi Braun (von 1968 bis 1987) und Uwe Kurz (von 1988 bis 2013) stets jeden Freitag die 202 Stufen auf den Bläserturm hinaufgestiegen, so ließ Turmbläser Maximilian Ortmeier ab 2014 nur jeden ersten Freitag seine Melodien über die Stadt erklingen. Er war es auch, der mit unterschiedlichen Ensembles und Mottoabenden neue, interessante Akzente brachte.
Das festliche Eröffnungsturmblasen im Mai zusammen mit der Stadtkapelle Bad Mergentheim ist jedoch stets in das Geschehen eingebunden. Gerade der Wechsel zwischen schwungvollen und stillen Tönen verleiht dem Turmblasen seinen besonderen Reiz.
Romantischer Ausklang und Vorfreude
Jedes Jahr ist der Abschied im Oktober ein romantischer Ausklang. Die Zuhörer verweilen, lauschen und nehmen die Einladung zum Innehalten an – im Wissen, dass die Tradition im kommenden Frühjahr mit neuem Leben erfüllt wird. Bis dahin herrscht nun Stille auf dem Deutschordenplatz, doch schon die Aussicht auf ein Wiedersehen im Mai ist ein Anlass für Vorfreude.
Das Turmblasen bleibt, seit dieser Saison getragen vom Quartett der Blaskapelle Löffelstelzen, über Generationen hinweg mehr als nur Musik: Es ist ein Zeichen gelebter Gemeinschaft, der Verbundenheit zur Heimatstadt und ein Ritual, das die Herzen der Menschen auf besondere Weise berührt.
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