Heute vor zehn Jahren, also am 5. Mai 2007, ist in Bad Mergentheim das "Neue Rathaus" am Bahnhofsplatz eröffnet worden. Früher residierte dort die Partin-Bank.
BAD MERGENTHEIM. Nur die schweren eisernen Tresortüren mit ihren armdicken Sicherheitsriegeln erinnern noch immer daran, dass es sich bei diesem Gebäude einst um eine Bank gehandelt hat. Es sind die letzten Spuren der Vorgeschichte des Neuen Rathauses von Bad Mergentheim. Man findet sie im Keller, wo die städtischen Ämter heute ihre Akten einlagern.
Anfang der 80er Jahre wurde das Gebäude vom Bankhaus Partin erbaut und diente mit Ausnahme einiger vermieteter Flächen fortan als dessen Hauptsitz. Schon die Baustelle war ein Ereignis in Bad Mergentheim: Zwei Ebenen ging es in die Tiefe, so dass gegenüber vom Bahnhof ein riesiger Krater entstand. Das war ungewöhnlich in diesem Areal, wo der Baugrund als schwierig gilt. Heute profitieren Besucher von der direkt an das Haus angebundenen Tiefgarage - und die Verwaltung kann insgesamt zwei "unterirdische" Stockwerke nutzen.
Von außen präsentierte sich der Neubau nach seiner Fertigstellung als markanter Hingucker - vor allem wegen des Flachdachs mit umlaufender Schräge und seinen vielen aufgereihten Erkerfenstern. Für die Bank unter diesem Dach kam jedoch nach knapp 20 Jahren im neuen Domizil das Aus: Im Frühjahr 2001 schloss das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen das Bankhaus Partin, weil dessen haftendes Eigenkapital aufgezehrt war.
Nach der Insolvenz war es die Stadt Bad Mergentheim, die ihre Fühler nach dem großen Gebäude ausstreckte. Was die Idee eines weiteren oder "neuen" Rathauses so reizvoll machte, verdeutlicht ein Blick auf die Organisation der Stadtverwaltung in den frühen 2000er Jahren: Auf fünf Gebäude der Innenstadt war die Verwaltung damals verteilt. Während der Oberbürgermeister, die Hauptverwaltung und das Bürgeramt im historischen Alten Rathaus auf dem Marktplatz untergebracht waren, saßen die Mitarbeiter von Kämmerei und Bauamt in jeweils separaten Gebäuden im Unteren Graben und das Ordnungsamt in der Mörikestraße während das Verkehrsamt wiederum das linke Zwillingshaus nutzte.
Aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen wäre es sinnvoller, die gesamte Stadtverwaltung in einem Gebäude zusammenzuziehen, so die Überlegung. Im Jahr 2005 kaufte die Stadt schließlich das nun ehemalige Bankhaus für rund 3,8 Millionen Euro. Weitere 2,5 Millionen Euro wurden allein in die ersten beiden Bauabschnitte des Umbaus investiert. Ein finanzieller Ausgleich ergab sich aber nicht nur aufgrund hoher Fördermittel, sondern auch dadurch, dass nun weniger Gebäude angemietet werden mussten und andere aus dem Besitz der Stadt abgestoßen werden konnten.
Mit einem Tag der offenen Tür wurde das Neue Rathaus am 5. Mai 2007 offiziell eingeweiht, was viele Bad Mergentheimer nutzten, um sich den neuen Sitz ihrer Verwaltung einmal genauer anzusehen. Einige Flächen blieben zunächst an Externe vermietet - nach und nach zogen aber auch die Zahnarztpraxis und das Reisebüro aus.
Inzwischen werden die 4500 Quadratmeter Fläche auf sieben Stockwerken komplett von der Stadt genutzt. Vollendet wurde das große Umziehen im Jahr 2009 mit dem Einzug der Tourist-Information im inzwischen ebenfalls umgestalteten Alten Rathaus.
Dessen "großer Bruder" am Bahnhofplatz 1 ist auch nach zehn Jahren noch eine wichtige Anlaufstelle für die Bürgerschaft. Zum Service gehört inzwischen eine zusätzliche Öffnung auch samstags für Berufstätige sowie eine verlängerte Öffnungszeit am Mittwoch bis 18 Uhr oder der internationale Schalter für ausländische Besucher.
Aus Sicht der Verwaltung ist aber noch ein weiteres Rathaus hinzugekommen - ein virtuelles. Das Internetportal "www.bad-mergentheim.de" ist längst nicht mehr nur ein Informationsmedium, hier finden unter anderem die Bußgeldanhörung oder die zentrale Kitaplatz-Vormerkung online statt. Das transparente Ratsinformationssystem gewährt Einblicke in die politischen Entscheidungen.
Außerdem ist die Stadt auf verschiedenen Social-Media-Plattformen präsent.
"Trotzdem wird die persönliche Beratung und der Dialog vor Ort für eine moderne und bürgernahe Stadtverwaltung wie unsere immer eine zentrale Rolle spielen", sagt Oberbürgermeister Udo Glatthaar. Er ist der erste Verwaltungschef, dessen Schreibtisch von Beginn seiner Amtszeit an im Neuen Rathaus stand.
"Ich verstehe den Wehmut mancher Mitarbeiter, die noch den historischen Charme des Alten Rathauses genossen haben - und bin selbst sehr gerne in diesem besonderen Gebäude", sagt der OB. Die Zentralisierung im Neuen Rathaus habe sich aber bewährt und sei rückblickend die richtige Entscheidung gewesen: "Nicht nur bei großen Projekten der Stadtentwicklung, sondern auch bei vielen Routine-Themen stellen wir immer wieder fest, dass eine schnelle Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Ämtern, kurze Wege und eine enge Verzahnung unerlässlich sind."
Am heutigen "Geburtstag" ihres Arbeitsplatzes werden die Mitarbeiter des Rathauses übrigens nur kurz auf das Jubiläum anstoßen - von 8 bis 12.30 Uhr sind sie nämlich wie gewohnt für die Bürger erreichbar. Carsten Müller
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