"Wir wissen, was wir an Ihnen haben", bekräftigte OB Glatthaar anlässlich der Feier zum zehnjährigen Bestehen des Forschungsinstituts der Diabetes Akademie Mergentheim (Fidam).
BAD MERGENTHEIM. "Fidam führt das Thema Diabetes in den gesellschaftlichen Diskurs hinein", so der Oberbürgermeister weiter und er betonte ferner den weltweiten Stellenwert der Diabetes-Klinik sowie deren gute Verankerung zusammen mit Fidam am Gesundheitsstandort Bad Mergentheim.
Anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten der Forschungseinrichtung im Foyer des Mittelstandszentrums Tauberfranken blickte Professor Dr. med. Thomas Haak, Chefarzt der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim, auf den Stellenwert der Diabetesforschung. Gegenwärtige Therapieziele seien das Vermeiden von Folgeschäden, die Erhaltung der Lebensqualität sowie eine sichere Therapie ohne unerwünschte Nebenwirkungen. "Wobei aus Sicht der Patienten der Aspekt der Lebensqualität an erster Stelle steht", erklärte Professor Haak. Zugleich mahnte er, dass es aktuell rund zwei Millionen Menschen in Deutschland gebe, die von ihrer Diabeteserkrankung nichts wissen würden. "Es ist das Wichtigste", so der Chefarzt, "diese Menschen zu erkennen und früh zu behandeln". Denn so gebe es noch die Möglichkeit, die Krankheit ins Stadium der Prädisposition zurückzudrängen.
2009 habe die Bundesregierung das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) gegründet, erklärte Prof. Haak. In diesem nationalen Forschungsverbund sei Fidam Projektpartner mit dem Deutschen Diabetes Zentrum DDZ in Düsseldorf.
Als Handlungsfelder der Diabetesforschung nannte Thomas Haak Präventionsstrategien, Therapieoptimierung, Früherkennungskonzepte, Behandlungskonzepte bei Folgeschäden sowie technische Verbesserungen des Selbstmanagements, denn "es kostet viel Energie, den Diabetes im Leben immer mitlaufen zu lassen". Im Bereich der Behandlungsstrategien ginge es darum, sichere, einfache und kostengünstige Therapien zu entwickeln.
Offene Fragen, mit denen sich die Forschung noch zu befassen habe, so der Professor, seien etwa die Suche nach Ursachen und die Klärung der Entstehung des Diabetes mellitus, nach der Epidemiologie oder etwa das Auffinden einer Methode zur Heilung des Diabetes statt einer symptombezogenen Therapie. Ein Weg hierzu sei ein interdisziplinärer Ansatz, der sich mit Grundlagenforschung, Epidemiologien und klinischer Forschung befasse.
Auf die Frage, warum Fidam seinen Sitz gerade in der Provinz habe, erklärte Professor Haak: "Es handelt sich zwar um die einzige nicht-universitäre Forschungseinrichtung auf dem Sektor Diabetologie, aber es existiert eine enge Verzahnung mit der Diabetes-Klinik und der Diabetespraxis".
Zudem fände man bei dieser Forschungseinrichtung ein jahrelanges, stetig wachsendes Know-how in klinischer und psychosozialer Forschung, die es sonst nirgends in Deutschland gebe. In diesem Sinne schlussfolgerte er: "Diabetes ist mittlerweile salonfähig geworden. Seine Bedrohung für die Volksgesundheit ist anerkannt. Aber es bleibt noch viel zu tun, da noch viele Fragen offen sind." Diese gelte es im kollektiven Verbund zu klären.
Mehr als tausend Buchseiten sowie mehr als 2200 Folien sind in den letzten zehn Jahren im Kontext der Schulungsprogramme von Fidam entstanden. Dazu kommen noch Veröffentlichungen in mehr als 60 Zeitschriften sowie insgesamt über 500 wissenschaftliche Publikationen. Einblick in diese beeindruckenden Leistungen der vergangenen zehn Jahre von Fidam gaben die Geschäftsführer Professor Dr. Norbert Hermanns und Professor Dr. Bernhard Kulzer unter dem Motto "Zehn Jahre Fidam - ein Blick zurück, ein Blick nach vorne". Zu den Arbeitsfeldern der Forschungseinrichtung gehören Seminare, strukturierte Patientenschulungen, klinische Studien sowie patientenbezogene Outcomes und der Bereich Diabetestechnologie.
"Bundesweit gibt es Angebote für Trainerseminare für Arztpraxen und Schulungspersonal", so Bernhard Kulzer. "Diese werden von mehr als 350 Referenten durchgeführt." Die Schulungsprogramme entstehen in Kooperation mit einer großen Anzahl von diabetologischen Schwerpunktpraxen aus ganz Deutschland, so Professor Kulzer weiter. In diesem Jahr gab es nun auch schon mehr als 110 Seminare mit fast 16 000 Teilnehmern.
"Bei den Patient reported Outcomes geht es darum, die Patientenperspektive in die Bewertung von therapeutischen Maßnahmen und Technologie miteinzubeziehen", erklärte Professor Hermanns. Ein konkretes Beispiel hierfür sei der Smart-Fragebogen. Bei diesem geht es um die Erfassung therapierelevanter Fertigkeiten zur Berechnung des Insulins und des Kohlenhydratgehalts der Mahlzeit. Exemplarisch für den Bereich der Diabetestechnologie nannte Dr. Kulzer die von Fidam konzipierte individuell angepasste Schuheinlage zur Druckentlastung. Mit Blick auf die Zukunft von Fidam sprach Professor Kulzer von computeradaptierten Testen sowie von Webinaren und Online-Schulung als mögliche Optionen, die zum Einsatz kämen.
Die Geschäftsführer zogen zum Abschluss ihrer kleinen Zeitreise eine positive Bilanz. "Ich bin stolz auf unsere Arbeit, wir haben viele Dinge erledigt, Publikationspunkte gesammelt und haben Schulungskonzepte auf die Straße gebracht und helfen Menschen, ihren Alltag zu meistern", so Professor Hermanns. Professor Kulzer schloss sich dem an: "Ich bin stolz auf unsere tollen Mitarbeiter, die sich stets weiterentwickeln und uns unentwegt fordern."
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim_artikel,-bad-mergentheim-diabetes-ist-salonfaehig-geworden-_arid,958859.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim.html