Ein bundesweiter Apotheken-Protesttag ist am kommenden Mittwoch, 14. Juni, geplant.
Tauber-Odenwald. Die Fränkischen Nachrichten sprachen mit Dr. Richard Krombholz über den anstehenden Streiktag. Er ist Inhaber der Adler-Apotheke und der Apotheke im Ärztezentrum Ellwangen und ist Mitglied im Beirat des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg. Als Vorsitzender der Region Ostwürttemberg setzt er sich für die Belange der niedergelassenen Apotheker dieser Region ein.
Wann ist der Streik geplant? Wie lange soll er dauern? Wie viele Apotheken machen voraussichtlich mit?
Der Protesttag der Apothekerinnen und Apotheker ist der 14. Juni. Die Apotheken sind bundesweit aufgerufen, an diesem Tag geschlossen zu bleiben. „Mein Eindruck ist, dass sich die allermeisten Apotheken in ganz Baden-Württemberg an dem Protest beteiligen werden“, sagt Dr. Richard Krombholz.
Was ist der Anlass für diesen Streik?
„Angesichts eines zehnjährigen Stillstands beim Apothekenhonorar, einer sich zuspitzenden Lieferengpass-Krise, eines massiven Personalmangels in den Apotheken und einer nicht mehr hinnehmbaren bürokratischen Last wehrt sich der Berufsstand der Apothekerinnen und Apotheker gegen die schon seit Jahren anhaltende Ignoranz der Politik“, so Dr. Richard Krombholz.
Wo genau liegen die Probleme und wie lange sind sie schon Thema?
In Deutschland schließt statistisch gesehen jeden Tag eine Apotheke – im Jahr 2022 waren es laut Branchenberichten über 400 Betriebe. Ein trauriger Rekord. „Die Apothekerschaft macht sich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger große Sorgen um die Zukunft der ortsnahnen Arzneimittelversorgung“, sagt Dr. Richard Krombholz und führt weiter aus: „Innerhalb der letzten 20 Jahre wurde die durch den Staat festgelegte Honorierung der Apotheken für rezeptpflichtige Medikamente nur einmal erhöht. Das war vor zehn Jahren und die damalige Anhebung lag mit drei Prozent schon damals unterhalb der Inflationsrate.“
Seit zehn Jahren habe es gar keine Anpassung mehr gegeben, während die Betriebs- und Personalkosten wie überall auch in der Apothekenbranche stark angestiegen seien. „Seit Jahresbeginn wurde die Honorierung sogar noch gekürzt (durch Erhöhung des so genannten Apothekenabschlags). Das fehlende wirtschaftliche Fundament, gepaart mit anwachsender Mehrarbeit, deren keine Bezahlung gegenübersteht, verursacht massive Personalprobleme und führt immer häufiger zur Schließung einzelner Betriebe“, erklärt Dr. Richard Krombholz. Hinzu komme die von den Krankenkassen verursachte „überbordende Bürokratie, über die man an vielen Stellen nur den Kopf schütteln kann“. Und die immer schlimmer werdenden Lieferengpässe verursachten zusätzlich „eine gigantische Mehrarbeit in den Apotheken, um unseren Patienten gerecht zu werden und deren Versorgung sicherzustellen“.
Was wird von der Politik gefordert?
„Die Politik muss endlich handeln. Sie muss nach zehn Jahren endlich das Honorar der Apotheker an die zu tragenden und ständig steigenden Belastungen anpassen. Konkret fordern wir, dass unser so genanntes Fixhonorar von derzeit 8,35 Euro auf zwölf Euro angehoben wird“, so Dr. Richard Krombholz.
Er betont weiter: „Darüber hinaus brauchen wir effektive Maßnahmen der Politik, um die Lieferengpässe bei Arzneimitteln wenigstens abzumildern. Auch das hat etwas mit Geld zu tun, denn viele Hersteller von Medikamenten haben sich vom deutschen Markt zurückgezogen, weil sie in anderen Ländern für ihre Arzneimittel schlicht und ergreifend mehr Geld bekommen. Unsere gute Versorgung wurde und wird kaputtgespart. Drittens muss Schluss sein mit der Gängelung, die wir in den Apotheken Tag für Tag von den Krankenkassen erfahren. Wegen kleiner Formfehler auf einem Rezept wird der Apotheke nicht selten Geld abgezogen – manchmal bekommen wir sogar kein Geld, obwohl wir einen Patienten ordentlich versorgt haben. Das ist Bürokratie der schlimmsten Sorte! Damit und mit vielen anderen Regelungen,die uns die Luft nehmen, muss endlich Schluss sein.“
Gibt es Notfall-Apotheken am Streiktag? Wo findet man Sie?
Auch wenn die Apotheken mit großer Masse geschlossen sein werden: Die Notdienstapotheken sind für die Notversorgung geöffnet. Welche Apotheke Notdienst hat, ist an jeder Apotheke angeschlagen. Im Internet kann man die Notdienstapotheken unter www.aponet.de finden.
Sind weitere Streiks geplant? Und wie soll es jetzt weitergehen?
Krombholz: „Wir werden fein beobachten, wie die Politik auf unseren Protest reagiert und dann entscheiden, wie es weitergeht. Klar ist aber: So, wie es jetzt ist, kann und darf es nicht weitergehen.“
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