Bad Mergentheim. Die Kurstadt verliert ein weiteres Traditionsgeschäft in der Innenstadt. 197 Jahre „Sambeth am Markt“ sprechen für sich.
Michael Sambeth ist mit seiner Familie der Eigentümer der großen und bekannten Immobilie an der Ecke Marktplatz/Burgstraße. Er führte mit seiner Frau auch das zugehörige Ladengeschäft im Erdgeschoss mit Zugang zur Burgstraße und direktem Blick auf den Marktplatz, das nun in Kürze schließt.
„Nicht mehr zeitgemäß“
Schweren Herzens sei die Entscheidung getroffen worden, dass Schluss sein soll, sagt Michael Sambeth im Gespräch mit unserer Zeitung.
„Sambeth am Markt“ wurde 1825 gegründet und die Hintergründe für das Aus „sind schnell erzählt“, so Sambeth: „Das Einkaufsverhalten der Menschen hat sich geändert. Unser Angebot ist wohl nicht mehr zeitgemäß. Das Geschäft lohnt sich einfach nicht mehr.“
Schuld sei nicht die Corona-Krise, sondern viele Faktoren kämen hier zusammen – unter anderem das verstärkte Einkaufen im Internet, die veränderte Innenstadt und andere Kundenwünsche.
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Das Reformhaus bot zusätzlich allerlei Delikatessen sowie eine große Weinauswahl und hochwertige Spirituosen.
Zur fast 200-jährigen Firmentradition hieß es bis vor kurzem auf der eigenen Homepage: „Aus Tauberrettersheim kommt Johann Caspar Sambeth (1718-1773) nach Mergentheim und erwirbt 1742 das Bürgerrecht und den ,Gasthof zum Goldenen Hirschen’ (,berühmt wegen seiner guten Weine!’). Sein Sohn Johann Georg wird 1809 zum königlichen Postmeister ernannt.
Franz Ludwig Sambeth gründet 1825 das Familiengeschäft, das sein Sohn Josef Ludwig Sambeth weiterführt. Durch die Hochzeit des Enkels Georg Sambeth mit Margaretha Schleich werden die Sambeth’sche ,Wachszieherei, Lebküchnerei und Hostienbäckerei’ und das Schleich’sche ,Spezerei- und Seilwaarengeschäftes am Markt’ im Eckhaus am Markt vereint.
Sechste Generation seit 1999
Der plötzliche Tod Georgs im Jahre 1928 ruft sein neuntes Kind Alois ins elterliche Geschäft zurück. Im Jahre 1971 ging die Firma auf Helmut Sambeth über.“ Seit dessen Tod im Jahre 1999 führte bereits die sechste Generation den Familienbetrieb im „Hause Sambeth“.
Zum Gebäude selbst wurde Folgendes auf der Homepage überliefert: „Erbaut 1594: Der Deutschmeister Schutzbar, genannt Milchling, hielt im Juni 1561 in Mergentheim ein Provinzialkapitel der Bastei Franken ab. Dabei kam das alte, baufällige Rathaus, das an der Stelle des heutigen Hauses Sambeth stand, zur Sprache: ,Daß, das radhauß in Mergentheim zum theil innegefallen, die Ziegel und sparren zerschlagen, also das zue beferchten gewest, das andere geholtz werd nit stehen plyben, denn das geholtz ist verfaulet gewest.’
Der Bau des noch heute stehenden Rathauses am Marktplatz wurde beschlossen und von 1562 bis ’64 durchgeführt. Erst 1594, also 30 Jahre später, wurde auf dem zwischenzeitlich gepflasterten Platz das heutige Haus Sambeth errichtet.
Im Hause befand sich lange Jahre die Schenkstatt ,Zum Straußen’, deren erster bekannter Besitzer um 1620 Michael Biertümfel war. Im 17. und 18. Jahrhundert wechselten mehrmals die Besitzer, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Kaufmann Carl Schleich das Haus kaufte. Er übergab das Haus an seinen Schwiegersohn Georg Sambeth.“
Michael Sambeth, der heutige Eigentümer und Nachfahre, bestätigt auf Nachfrage der Redaktion, dass er mit seiner Familie vor Ort wohnen bleibe und bittet um Verständnis, dass er über seine persönliche berufliche Zukunft keine Details preisgeben möchte. Er betont aber: „Mit dem Ladengeschäft geht es anders weiter. Es kommt etwas Schönes, etwas mit Hand und Fuß.“
Etwas Neues
Ab 1. April belege ein Geschäft mit Schmuck- und Mode-Accessoires die komplette Fläche mit ihren rund 180 Quadratmetern. „Der Mieter kommt von auswärts“, sagt Sambeth noch und fügt an, dass die zwei langjährigen Mitarbeiterinnen von „Sambeth am Markt“ Arbeitsverträge vom Nachfolger angeboten bekommen hätten.
Das neue Geschäft wird den Namen „Canvero Accessoires“ haben. Geschäftsführer ist Marco Reeb aus Rothenburg ob der Tauber.
Bei „Canvero“ handelt es sich laut Reeb „um ein seit 2017 bestehendes Franchise-System der Firma Goldline GmbH in der Nähe von Kiel, welches mittlerweile schon über 60 Stores in ganz Europa (hauptsächlich Deutschland) vorzuweisen hat. Unsere Familie betreibt aktuell zehn Standorte; in Heidelberg, Speyer, Ulm, Füssen, Lindau, Kempten, Bamberg, Bad Harzburg, Göttingen und Marburg. Hinzu kommt ein Multibrand-Store in Rothenburg ob der Tauber. Hier befindet sich auch unser Haupt-Wohnsitz. Dieses Jahr sind sechs weitere neue Standorte geplant – in Erfurt, Oberstdorf, Mittenwald, Neustadt/Weinstraße, Gießen und eben Bad Mergentheim“, erklärt Reeb in einer Pressemitteilung.
Bei der Ware handelt es sich um Schmuck- und Mode-Accessoires. Marco Reeb teilt weiter mit: „Es freut uns auch, dass wir die Mitarbeiter des derzeit noch von Familie Sambeth betriebenen Geschäftes als neues Personal für den Canvero-Store Bad Mergentheim gewinnen konnten.“
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