Bad Mergentheim. Ein Highlight am frühen Morgen – seit 2004 gestaltete Angelika Segl-Johannsen immer zu Sommerferienbeginn ihren „Morgenweg“. Um 6 Uhr trafen sich bis zu 50 Personen zum meditativen Rundgang durch den Kurpark.
Es gehe ihr um „die religiöse Erfahrung, die trägt und durchträgt“, erläuterte die langjährige Kur- und Reha-Pfarrerin. Körper, Seele und Geist sollten gleichermaßen angesprochen werden bei diesem, fünf Tage lang durch das morgenstille Grün, unterbrochen durch Stationen zur Besinnung und mit sorgsam ausgearbeiteten geistlichen Impulsen. Etwas habe sie erproben wollen, so die Seelsorgerin, was auch „Menschen anspricht, die sich der Kirche nicht so nahe fühlen“. Eine ökumenische Aktion sollte es sein, das war für sie klar schon vor 21 Jahren und so band sie, angefangen mit Pater Norbert, ganz selbstverständlich die katholischen Kurseelsorger mit ein. Ihren letzten Morgenweg - Angelika Segl-Johannsen geht im Herbst in den Ruhestand – wollte sie allerdings einmal ganz allein gestalten.
Von Anfang an kamen Einheimische und Kurgäste zu der frühmorgendlichen Veranstaltung. Auch Regenschauer schreckten nicht ab und sogar während der Coronazeit fand der meditative Morgenweg immer statt. In diesem Jahr waren drei Personen dabei, die alle 22 Morgenwege besucht hatten. Nicht ohne Grund: „Dieser Weg bringt Stille und Gelassenheit hinein in meinen Tag“, war am Freitag zu hören. Man spüre in der Ruhe des Morgens ganz intensiv die Verbindung mit dem Gott, der einen den Tag über begleiten wolle. Das Hören auf die Worte der Seelsorger, ergänzt durch ausgewählte Körperübungen, tue einfach gut.
An der noch stillen großen Fontäne am Parkeingang führte Angelika Segl-Johannsen mit einer Atemübung hin zu Gott als tragendem Grund im Leben, große Bäume riefen dazu auf, sich selbst aus diesem Fundament heraus wachsen zu lassen. Den Alltag sollte man hinter sich lassen und Ruhe und Geborgenheit bei Gott fühlen. Übungen mit Ohr und Auge halfen dazu, wach zu werden. Ungewohnte Wege der für ein Leben notwendigen Verwurzelung wurden deutlich gemacht am umgestürzten und doch weiterwachsenden Baum in der Mitte des Parks. Nach Martin Luthers Morgensegen und einem Meditationstext durfte man am Oktagon zum Kanon „Schweige und höre“ still eine Kerze entzünden. Den Abschluss bildete der Segen am Kneipp-Becken.
„Der Morgenweg ist wie Weihnachten“, versicherte Margit Kroboth, als man sich am Freitag (wie stets am letzten Tag des Morgenwegs) noch zum gemeinsamen Frühstück zusammensetzte – diesmal des Regens wegen innen im Studio. Ohne den Morgenweg fehle im Jahreslauf etwas ganz Wesentliches und darum sei sie von 2004 an dabei. Und die treue Besucherin hat auch noch für das Wohl aller gesorgt: Von Anfang an hat Margit Kroboth die Teelichter beschafft und auch stets eine große Kiste mit einer duftenden Auswahl frischer Brötchen. Die anderen, die nur noch Kaffee und Brotaufstrich mitbringen mussten, wussten es ihr zu danken. Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung überreichte Elisabeth Müller im Namen aller Gäste Blumen und ein Geschenk an Angelika Segl-Johannsen und Margit Kroboth.
Kur- und Reha-Pfarrerin Angelika Segl-Johannsen wird am 12. Oktober in einem feierlichen Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet. Ihre Stelle ist dem landeskirchlichen Pfarr-(Spar-)-Plan zum Opfer gefallen. Befristet bis 2030 wird sie allerdings noch einmal besetzt. Der Dienstantritt von Pfarrerin Anna Wolf steht noch nicht genau fest.
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