Zehn Tierschutzvereine schreiben Brandbrief

Bad Mergentheim: „Politik soll Katzenelend endlich beenden“

„Kastrieren rettet Leben. Ausreden nicht. Katzenschutzverordnung: Jetzt!“ Mit diesen klaren Worten wenden sich zehn Tierschutzvereine an die Politik.

Von 
Sascha Bickel
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Das Katzenleid ist groß. Die Tierschutzvereine und -heime der Region drängen auf ein schnelles Handeln der Politik. © Jasmin Paul

Bad Mergentheim. „Kastrieren rettet Leben. Ausreden nicht. Katzenschutzverordnung: Jetzt!“ Mit diesen klaren Worten wenden sich zehn Tierschutzvereine und Tierheime aus der gesamten Region an die lokale und überregionale Politik und fordern diese endlich zum flächendeckenden Handeln auf. Das Katzenelend soll beendet werden.

Der ausformulierte Brandbrief, der der FN-Redaktion vorliegt, geht auf die Initiative des Tierschutzvereins Bad Mergentheim und Umgebung sowie auf ein Netzwerktreffen vor kurzem in der Kurstadt zurück. Mit unterschrieben haben den Brief der Tierschutzverein Tauberbischofsheim und Umgebung, der Tierschutzverein Buchen, der Tierschutzverein Heilbronn, der Tierschutzverein Hohenlohe, der Tierschutzverein Rothenburg ob der Tauber, der Tierschutzverein Ansbach, der Tierschutzverein Kitzingen Stadt und Landkreis, der Tierschutzverein Würzburg und die „Katzenhilfe in und um Würzburg“ (Mainfränkischer Tierschutz).

Überregionales Tierschutztreffen

Jasmin Paul, die zweite Vorsitzende des Bad Mergentheimer Tierschutzvereins, bringt es im FN-Gespräch auf den Punkt: „Nachdem das ganze Katzenelend nach vielen verpassten Chancen zu einer Katzenschutzverordnung – zuletzt durch die abgewählte Bundesregierung trotz entsprechender Zusage im Koalitionsvertrag – nicht mehr auszuhalten ist, haben die zehn Tierschutzvereine aus Baden-Württemberg und Bayern gemeinsam bei einem ersten überregionalen Tierschutztreffen diesen Brandbrief aufgesetzt und unterzeichnet.“ Die Politik schaue vielerorts leider weg, statt zu handeln, beklagt Paul die Situation. Deshalb habe man sich entschieden, öffentlich Alarm zu schlagen.

„Unsere Tierheime und Pflegestellen platzen aus allen Nähten, unsere Konten sind leer, unsere Helferinnen und Helfer am Rand der Erschöpfung. Wir arbeiten seit Jahren am Limit – und trotzdem kommen jedes Jahr mehr Katzen: krank, verletzt, verhungert“, heißt es in dem Brandbrief. Und weiter: „Vielerorts werden unsere Warnungen von Politik und Ordnungsämtern ignoriert, verharmlost oder als ‚nicht belegt‘ abgetan. Doch wer nur einen Tag in einem Tierheim verbringt, weiß: Die Belege schreien aus jeder Katzenunterkunft.“

Entscheidung vertagt, Neuwahlen abgewartet

Von einem politischen Versagen auf allen Ebenen ist die Rede. Es wird darauf hingewiesen, dass der Deutsche Tierschutzbund bereits 2023 einen eigenen Brandbrief in gleicher Sache veröffentlichte – mit der klaren Forderung: „Bundesweite Kastrationspflicht für Freigänger und eine bundesweite Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für alle Katzen.“ Das neue Tierschutzgesetz war vorbereitet. Die Bundesregierung hätte nur noch handeln müssen, erklären die Tierschutzvereine und fügen bedrückt an: „Stattdessen: Entscheidung vertagt, Neuwahlen abgewartet – und das Thema in der Schublade versenkt. Schlüssel weggeworfen. Die Verantwortung wird seit Jahren von oben nach unten vor sich her geschoben. Doch Regelungen sind notwendig: sei es auf Bundes-, Länder- oder kommunaler Ebene.“

„Die Fundtierversorgung und -aufnahme ist eine politische Pflichtaufgabe“, erinnern die Tierschützer und führen aus: „Vielerorts geht diese Aufgabe über so genannte Fundtierverträge an uns über. Mit diesem Ergebnis: Unverständnis, zu viele Tiere, Kleinbeträge aus den Fundtierverträgen (oder teils nur als Zuschuss), die nicht einmal die jährlichen Tierarztkosten decken. Futter? Medikamente? Betriebskosten? Personal? – Fehlanzeige! Die Unterstützer, Mitglieder und Spender der Tierschutzvereine werden es schon richten. Doch das ist nicht der Sinn der Sache. Die nackte Realität in unseren Tierheimen ist: Jedes Jahr hunderte, teils tausende Katzen pro Einzugsgebiet. Der Zustand der Tiere: abgemagert, voller Parasiten, verletzt, teils infiziert mit tödlichen Krankheiten.“

In zehn Jahren über 80.000 Tiere

„Eine einzige unkastrierte Katze kann mit ihren Nachkommen in zehn Jahren über 80.000 Tiere hervorbringen!“ Das steht als Warnung und unmissverständlich auch im Brandbrief. Zudem heißt es dort noch: „Wir nehmen auf, pflegen gesund – und währenddessen werden draußen doppelt so viele neue Katzen geboren. Das ist ein Kampf, den wir ohne Hilfe der Entscheidungsträger nicht mehr gewinnen können.“

Weiter heißt es: „Doch Politik und Ordnungsämter wissen: Wir werden nicht streiken. Wir lassen keine Tiere leiden – selbst wenn es uns in den Ruin treibt. Dieses System lebt davon, dass Ehrenamtliche und Tierpfleger sich aufopfern, während Tierschutz als ‚freiwillige Leistung‘ behandelt wird. Dabei ist Tierschutz Staatsziel – Artikel 20a Grundgesetz – und damit Pflicht! Vor allem lokal. Dort, wo das Leid entsteht.“

„Lösung liegt auf dem Tisch“

Die Lösung liegt nach Ansicht der Tierschutzvereine seit Jahren auf dem Tisch: „Eine Katzenschutzverordnung mit Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht.“ Sie verlangen: „Stoppt langfristig das Leid tausender Straßenkatzen, entlastet die Tierheime und Tierschutzvereine, erspart den Kommunen und Steuerzahlern auf Dauer Kosten. Denn es funktioniere nachweislich: „In Frankenberg (Hessen) sank beispielsweise die Zahl der Fundkatzen im Tierheim nach Einführung der Kastrationspflicht um rund 25 Prozent.“

Abschließend steht im Brandbrief: „Unser unmissverständlicher Appell: Wir fordern die sofortige (bundesweite) Einführung einer verbindlichen Katzenschutzverordnung in allen Städten und Gemeinden. Nicht in fünf Jahren, nicht nach weiteren ‚Prüfungen‘ – jetzt.“

Jeder Monat Untätigkeit bedeute tausende neue Katzenwelpen, welche Tierheime und Pflegestellen fluten, teils auch draußen elendig verenden. „An Politik und Behörden: Sie tragen die Verantwortung. Sie wissen, was zu tun ist. Also tun Sie es. – Jetzt!“

Die Unterschriften unter dem Brandbrief. © Jasmin Paul
Ein überregionales Netzwerktreffen fand im neuen Tierheim Bad Mergentheim statt. © Tierschutzverein

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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