Wirtschaft

Bad Mergentheim: Industriepark Würth wächst weiter

Der Industriepark Würth auf dem Bad Mergentheimer Drillberg wächst weiter und kann mit einigen Superlativen aufwarten. Eine halbe Milliarde Euro wurde schon investiert.

Von 
Sascha Bickel
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Oberhalb der Kurstadt und des Taubertals wächst der Industriepark Würth weiter. Hier werden gerade Regalbediengeräte durchs Dach eingehoben. © Würth Industrie Service

Bad Mergentheim. Sie sind 46 Meter lang, 22,5 Tonnen schwer und sehen aus der Ferne aus wie lange Stifte, doch es handelt sich um modernste Technik. Sie müssen 100 Meter in die Höhe gehoben werden, um dann in anstrengender Millimeterarbeit durchs Dach in das 50 Meter hohe Hochregallager eingebracht zu werden. Die Rede ist von so genannten Regalbediengeräten, die einmal 59 000 Paletten-Stellplätze ansteuern werden, wenn im nächsten Frühjahr alles fertig ist.

30 Millionen Euro investiert

Ja, auf dem Bad Mergentheimer Drillberg bei Würth Industrie Service geht das Wachstum weiter. Aktuell investiert man 30 Millionen Euro, um mehr Lagerkapazitäten zu schaffen – auch eine Folge der Corona-Krise und der weltweiten Lieferschwierigkeiten, wie Marcus Otto, Geschäftsführer Einkauf und Produkt bei Würth Industrie Service, bestätigt.

Im Juli 2022 begannen die Erdarbeiten zum Bau eines neuen, automatisierten Hochregallagers mit weiteren 59 000 Lagerplätzen auf einer Fläche von über 4000 Quadratmetern. In den vergangenen Tagen wurden die ersten drei von insgesamt sechs Regalbediengeräten eingebracht, die laut Würth-Pressemitteilung fortan das automatisierte Ein- und Auslagern von Paletten im Lager übernehmen. Die Inbetriebnahme des Neubaus, der 50 Meter hoch, aber auch 34 Meter breit und 121 Meter lang ist, ist für April 2024 geplant.

Die Regalbediengeräte werden aus über 100 Metern Höhe eingelassen. © Würth

Zahl der Beschäftigten soll weiter gesteigert werden

Marcus Otto freut sich, dass man im Zeitplan ist und die logistische Drehscheibe für Europa hier oberhalb der Kurstadt Bad Mergentheim gestärkt und ausgebaut wird. „Wir haben in diesen Standort schon rund eine halbe Milliarde Euro investiert“, sagt Otto stolz. Auf Nachfrage betont er gerne, dass auch die Zahl der rund 1800 Beschäftigten weiter gesteigert werden soll.

Zu den technischen Details des Neubaus erklärt dann Frank Freudenberger, Logistikleitung am Standort, zusammen mit Otto, dass es nicht allzu viele Hochregallager in dieser Höhe in Deutschland gibt. Man warte sehnsüchtig darauf das neue Lager in Betrieb zu nehmen, um dann ausgelagerte Kapazitäten in der Region (unter anderem bei Speditionsunternehmen) wieder abbauen und auf dem Drillberg zusammenführen zu können, so Freudenberger: „Denn es ist logistisch sehr anstrengend, wenn man von verschiedenen Standorten aus operiert, statt alles an einer Stelle vereint zu haben.“

Komplexität auf der Baustelle

Beide sind zufrieden, dass trotz der Komplexität auf der Baustelle und dem Operieren in über 100 Metern Höhe mit Hilfe großer Kräne, die vom Taubertal aus auch gut zu sehen waren, bislang alles funktioniert habe. Drei Regalbediengeräte wurden nun eingebaut, drei weitere folgen in den nächsten Wochen – ebenfalls per Schwertransport über die Autobahn 81.

Jochen Strauß von der Geschäftsleitung der Firma „Kardex MLog“ aus Neuenstadt am Kocher weiß dazu noch mehr. Er erläutert: „Wir bauen hier für Würth die Regalbediengeräte und auch die Fördertechnik im Innern des Hochregallagers.“

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Etwa 20 Großaufträge bewältige man in einem Jahr, „aber das in Bad Mergentheim ist etwas ganz Besonderes, denn wir sind parallel mit Würth an diesem Standort gewachsen, und haben jetzt, wenn alles fertig ist, insgesamt 27 Gassen, die wir mit unseren Regalbediengeräten bestückt haben“.

Strauß berichtet zudem von einem neuen Rekord: „Das bislang höchste Regalbediengerät an einem Stück läuft in Polen mit einer Höhe von 45 Metern und wir legen jetzt hier noch einen Meter drauf, damit schaffen wir einen neuen Weltrekord bei Regalbediengeräten, die an einem Stück gebaut und in Betrieb genommen werden!“

Das Regalbediengerät (kurz RBG) arbeitet übrigens laut Strauß „wie ein selbstfahrender großer Gabelstapler, der mehrere Paletten parallel transportieren kann, über die Höhe und ebenso die Länge“.

Vollautomatisierte Ein- und Auslagerung von Paletten

Über eine Gassenlänge von 120 Metern übernehmen die schienengeführten Fahrzeuge, also die RBG, die voll automatisierte Ein- und Auslagerung von Paletten mit Kleinteilen im Lager. Dabei operieren sie in sechs Gassen mit einer maximalen Fahrgeschwindigkeit von 180 m/min und einer Hubgeschwindigkeit von bis zu 70 m/min. Jedes RBG verfügt über zwei Teleskopgabeln als Lastaufnahmemittel mit einer Gesamttragfähigkeit von circa 2400 kg.

Die effizienten, 46 Meter hohen RBG sind durch ihre einsäulige Bauart besonders platzsparend und können mit ihren jeweils zwei Lastaufnahmemitteln bis zu 600 Paletten-Bewegungen pro Stunde ausführen.

Auch mit dieser Technik unterstreicht der Industriepark Würth seinen Ruf als modernes Logistikzentrum für Industriebelieferung in ganz Europa.

Von hier aus werden nach eigener Darstellung rund 20 000 Kunden mit Produktionsmitteln sowie Hilfs- und Betriebsstoffen sicher beliefert. Dabei kommen voll automatisierte Hochregal- und Shuttlelager mit einer Kapazität von über 650 000 Lagerplätzen, eine 34 Kilometer lange Fördertechnik, autonom fahrende Behältershuttles, Kameraprüfsysteme sowie selbstlernende Roboter zum Einsatz.

Marcus Otto (links), Geschäftsführer Einkauf und Produkt bei Würth Industrie Service, sowie Frank Freudenberger (Logistikleitung; daneben stehend) freuen sich zusammen mit Jochen Strauß (Dritter von rechts) von der Geschäftsleitung der Firma „Kardex MLog“ und weiteren Beteiligten über das Millionenprojekt am Standort Bad Mergentheim. © Sascha Bickel

Nachhaltigkeit der Investitionen

Das Unternehmen achtet übrigens auch auf die Nachhaltigkeit seiner Investitionen. Wie das im Falle der Regalbediengeräte gelingt? „Per Zwischenkreiskopplung, welche die Energie zwischen zwei Antrieben sinnvoll umlenken kann, wird der Energiebedarf der Regalbediengeräte optimiert. So kann die eingesparte Energie des Hubantriebs beim Senken wiederum für den Fahrantrieb mitgenutzt werden. Außerdem überzeugen die Regalbediengeräte im Hinblick auf Robustheit, Langlebigkeit, Wartung und vor allem Qualität“, so die Pressestelle von Würth Industrie Service, die weiter erklärt: „Einen zusätzlichen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit leistet die treibhausgasneutrale Energieversorgung. Deshalb wird die Südfassade des neuen Hochregallagers mit einer großflächigen Photovoltaikanlage, bestehend aus rund 24 000 Modulen mit einer Leistung von insgesamt 1028 kWp, ausgestattet. Damit soll eine Gesamtleistung von knapp 2000 kWp und eine Erzeugungsmenge von rund 1 500 000 kWh erzielt werden.“

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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