Kurstadt

Bad Mergentheim: Heilquellen-Schutzzone im weiten Umkreis

Das Heilbad Bad Mergentheim ist auf die Heilquellen angewiesen. Sie werden rund um die Uhr überwacht. Die Schutzzone umfasst mehrere Kilometer im Umkreis.

Von 
Sascha Bickel
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Dr. Harald Reger, der Heilquellenbeauftragte, und Jürgen Wagner von der Kurverwaltung checken die Heilwasserzentrale. © Sascha Bickel

Bad Mergentheim. Der Heilbad-Status der Kurstadt Bad Mergentheim hängt unmittelbar mit den örtlichen Heilquellen zusammen. Sie zu schützen, hat oberste Priorität für die Kurverwaltung und die Stadt selbst. Deshalb gibt es auch eine große Schutzzone im weiten Umkreis um Bad Mergentheim und regelmäßige Kontrollen durch eigene und externe Fachleute.

„Wir haben einen sehr guten Überblick über die Heilquellen“, deren Zustand gut sei und deren Schüttung stimme, hat Dr. Harald Reger gleich zu Beginn des FN-Gesprächs eine gute Nachricht zu verkünden. Er erzählt über seine Aufgaben als „Heilquellenbeauftragter“ und Jürgen Wagner als technischer Leiter der Kurverwaltung (und so genannter „Herstellungsbeauftragter“) über seinen Job. Beide berichten zudem von den Herausforderungen der täglichen Überwachung der Heilquellen, der intensiven Beprobung des Arzneimittels „Heilwasser“ und den Folgen durch Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Hochwasser in der Tauber.

Dr. Harald Reger kommt aus Sommerhausen im nahen Unterfranken. Er ist Apotheker und staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker und seit einiger Zeit im Ruhestand. Seit zweieinhalb Jahren ist er die so genannte „Sachkundige Person“, eine Funktion aus dem Arzneimittelrecht – er hat die Verantwortung für die Prüfung und Freigabe von Arzneimitteln und dazu zählt auch das Heilwasser in Bad Mergentheim. Denn: „Heilwässer sind Arzneimittel“, so Dr. Reger.

Eingriffsrechte reichen bis zur Notabschaltung

Einmal im Monat kommt er nach Bad Mergentheim, um Besichtigungen durchzuführen, die Dokumente der Kurverwaltung und die Unterlagen von den beauftragten Laboren zu prüfen. Ihm obliegt die arzneimittelrechtliche Freigabe. Dabei erfüllt er eine öffentlich-rechtliche Funktion. Bestellt ist er vom „pharmazeutischen Unternehmer“, also der Kurverwaltung. Er ist jedoch unabhängig tätig und offiziell dem Regierungspräsidium Tübingen als zuständiger Überwachungsbehörde unterstellt. Dr. Reger hat volle Eingriffsrechte und kann im Notfall auch die Heilwasserabgabe an Patienten untersagen!

Wie steht es um die Heilquellen in Bad Mergentheim? Wie ist deren Zustand? Dazu gibt Dr. Reger entspannt Auskunft: „Also der Zustand ist sehr gut, zum Glück. Es gab erst vor einigen Monaten eine ganz große Heilwasseranalyse. Diese wird alle fünf Jahre durchgeführt. Da geht es um zahlreiche Kennzahlen zur Mikrobiologie und das Heilwasser wird auf alle möglichen schädlichen Stoffe untersucht sowie auf Umwelteinflüsse.“ Jährlich gibt es einen „großen Checkup“, zudem alle drei Monate umfangreichere mikrobiologische Untersuchungen und weitere Tests gar im Monatsrhythmus.

Muss sich Bad Mergentheim Sorgen um seinen Heilbad-Status machen? „Nein, wir haben die Heilwasser-Qualität fest im Blick und die stimmt“, gibt Dr. Reger ohne zu zögern zur Antwort.

Bad Mergentheim umgibt ein großes Heilquellen-Schutzgebiet mit verschiedenen priorisierten Zonen. Der Kurpark und die Quellen bilden den Mittelpunkt. Es erstreckt sich in alle vier Himmelsrichtungen und reicht bis vor die Tore von Edelfingen und Markelsheim beziehungsweise Harthausen und Althausen. Bauliche Aktivitäten, die Landwirtschaft und besonders Umweltverschmutzungen sind besonders im Fokus. Aber auch Hochwasser. „Wenn die Tauber Hochwasser führt und der Pegel in Bad Mergentheim über 1,50 Meter liegt, dann wird beispielsweise die Wilhelmsquelle abgeschaltet, weil die Gefahr besteht, das Wasser von der Tauber in die Quelle eindringt. Sie liegt ja nur ein paar Meter vom Ufer entfernt“, berichtet Dr. Reger und Jürgen Wagner schiebt ergänzend nach: Das komme mehrfach im Jahr vor, allein 2024 drei Mal.

Hochwasser bringt Gefahren für Wilhelmsquelle mit sich

Die Hauptgefahr bestehe laut Dr. Reger darin, „dass durch das Hochwasser Keime in die Quelle gelangen“. Werden in den mikrobiologischen Proben Keime gefunden, „wird die Quelle nach dem Hochwasser komplett desinfiziert“ und kann unter Umständen ein paar Wochen ausfallen.

„Die Wilhelmsquelle enthält wenig Salz, aber ausreichend von den Stoffen, die bei Magen-Darm-Problemen helfen“, kommt Dr. Reger auf die Wirkung des Heilwassers zu sprechen: „Die Karlsquelle I und II sind ähnlich, enthalten aber schon deutlich mehr Salz. Die Albertquelle ist eine richtig salzige Solequelle - und dann gibt es noch die Paulsquelle, die kein Heilwasser, sondern Badewasser aus über 300 Metern Tiefe liefert, sehr salzig ist und zur Versorgung der ‚Solymar‘-Therme dient.“

Zum baulichen und technischen Zustand der Quellen(-Häuser) äußert sich Jürgen Wagner. Er sagt: „Da haben wir in den letzten paar Jahren einiges an Technik nachgerüstet.“ Zu tun gebe es immer etwas. Aktuell werde die Heilwasserausgabe im Brunnentempel im Zuge der gesamten Modernisierung der Wandelhalle erneuert. Investiert werde zusätzlich in die Heilwasserzentrale. „Über eine App können wir jetzt schon unsere Quellen steuern und überwachen“, freut sich Wagner. Dr. Reger nickt: „Zusammenfassend lässt sich sagen, wir haben eine sehr gute Kontrolle über die Quellen und jede Quelle ist über eine Software ansteuerbar. Das ist sicher nicht in jedem Heilbad so, da muss ich Herrn Wagner ein Kompliment machen! Die Daten werden im Viertelstundentakt aufgezeichnet. Aus meiner Sicht wird alles getan, um die Quellen optimal am Laufen zu halten und so bin ich als Aufsichtsperson sehr zufrieden und auch sehr zuversichtlich, dass wir die Nachhaltigkeit der Quellen gewährleisten können.“

Optimale Schüttung und hohe Wasserqualität sind das Ziel

Die Schüttung der Quellen lässt also nicht nach? Dazu antwortet Dr. Reger, dass erst vor knapp zwei Jahren ein hydro-geologisches Gutachten in Auftrag gegeben wurde und es auch darum ging, noch mehr darüber zu erfahren wie die Quellen zusammenhängen und wie die geologische Situation rund um Bad Mergentheim ist. „Das war sehr interessant, weil wir daraus etliche Erkenntnisse gewonnen haben, wie wir die Quellen schonend behandeln können. Neuigkeiten gab es zu den einzelnen Grundwasserströmen und wie diese auf die Quellen einwirken, warum zum Beispiel die Karlsquelle oder die Wilhelmsquelle den Pegel ändert, wenn es in der Umgebung Hochwasser an der Oberfläche gibt“, so Dr. Reger. Er und Jürgen Wagner haben keine Sorgenfalten bezüglich der Schüttung der Quellen und sie erklären auch, dass stets versucht werde, die Quellen zu schonen und ein Optimum zwischen Schüttung und der hohen Qualität des Heilwassers hinzubekommen. Unter- und Obergrenzen für die Entnahme seien sowieso festgelegt. Jürgen Wagner sagt dazu: „Wir entnehmen den einzelnen Quellen zwischen einem und 1,5 Kubikmeter Wasser am Tag. Und wir versuchen uns im untersten Bereich der Mindestentnahme-Menge, die mit dem Regierungspräsidium vereinbart ist, zu bewegen. Wir überwachen zudem ständig die Pegel.“

Bei keiner der Quellen ist ein Versiegen nach Auskunft von Dr. Reger feststellbar, „bei der Wilhelmsquelle sehen wir lediglich eine leicht sinkende Mineralisation über die vergangenen zehn Jahre“. Das Naturprodukt Wasser reagiere natürlich mit Verzögerung auf den Klimawandel und auch auf veränderte Grundwasserströme.

Das Heilquellenschutzgebiet rund um Bad Mergentheim: im Zentrum ist der Kurpark mit den Heilquellen. © Kurverwaltung

Schutzgebiet soll wasserführende Schichten schützen

Jürgen Wagner kommt abschließend nochmals auf das Heilquellen-Schutzgebiet zu sprechen: „Das ist eine sehr sinnvolle Sache.“ In der innersten Schutzzone dürfe man nicht zu tief in die Erde reingehen, das betreffe beispielsweise Bauvorhaben wie das Medi-Spa-Hotelprojekt am Kurpark, das nun abgesagt sei. Für dieses Projekt habe es umfangreiche Untersuchungen gegeben und es sei klar geworden, dass man drei bis vier Meter in den Boden hinein bauen dürfe, tiefer aber nicht, weil sonst wasserführende Schichten erreicht werden und dies zur Gefahr für die Heilquellen werden könnte.

Das Wasser für die Heilquellen komme aus mehreren Richtungen, „vom Löffelstelzer Berg runter, von der Tauber, vom Wachbach“, so Wagner: „Deshalb das Schutzgebiet im Umkreis von mehreren Kilometern rund um den Kurpark!“ Selbst das Oberflächenwasser, das versickere, könne die Quellen irgendwann erreichen. Verschmutzungen seien daher stets gefährlich. „Es gibt Jahrhunderte alte Tiefenwässer, die die Quellen speisen, aber auch neuzeitliche Wässer, die den Quellen zulaufen. Durch die stetige Überwachung und die vielen Werte aus den vergangenen Jahrzehnten können wir ständig vergleichen wie es um die Qualität der Heilquellen steht“, betont Wagner in seiner Bilanz und fügt an: „Wir können feststellen, dass wir sehr gute und stabile Quellen haben. Und bei einer vernünftigen Bewirtschaftung gehen wir davon aus, dass wir sie auch noch viele, viele Jahre haben werden und Bad Mergentheim als Heilbad und Kurstadt Bestand hat.“

Die Bad Mergentheimer Heil- und Badequellen

Die Heilquellen in Bad Mergentheim liegen im Bereich des äußeren und inneren Kurparks, nahe der Tauber. Drei der vier Quellen , Albertquelle, Karlsquelle und Wilhelmsquelle, sind nach der mineralischen Zusammensetzung Trinkquellen, die zum Trinken ungeeignete Paulsquelle ist hingegen eine Badequelle. Die Quellen bildeten die Grundlage für Bad Mergentheim als Kurstadt und internationales Heilbad.

Die Paulsquelle wird als reine Badequelle genutzt und an die „Solymar“-Therme geliefert, wo sie in den Becken verwendet wird. Zudem wird sie hier im Kurpark im Gradierpavillon eingesetzt. Die Bohrtiefe beträgt bei ihr 551 Meter.

Die Albertquelle gehört mit ihrer hohen Konzentration zu den stärksten zu Trinkkuren verwendeten Sulfatquellen. Sie wird meist in kleinen Mengen rasch voraus oder in Mischung mit der Karlsquelle getrunken. Die Bohrtiefe beträgt hier 31 Meter.

Die Karlsquelle verdankt ihre Wirkung dem hohen Magnesium- und Sulfatanteil. Ihre Bohrtiefe liegt bei 27 Metern. Das Heilwasser der Karlsquelle wird täglich unter anderem von der Vötisch-Klinik abgeholt, da viele ihrer Gäste mobil eingeschränkt sind und es nicht bis in den Kurpark schaffen.

Die Wilhelmsquelle hat nur eine Bohrtiefe von neun Metern. Ihre Konzentration beträgt weniger als ein Drittel der Karlsquelle. Mit ihrem geringen Gehalt an Natrium-Ionen zählt sie zu den gesündesten Sulfatquellen überhaupt. Die Schmerzklinik holt je nach Bedarf Wasser von allen drei Trinkquellen ab, allerdings nicht täglich, sondern abhängig vom Verbrauch.

Zu den Besucherzahlen im Brunnentempel teilt die Kurverwaltung mit Blick auf das Jahr 2023 mit (also vor dem Beginn der Bauarbeiten im Kurpark und an der Wandelhalle), dass durchschnittlich 3000 Besucher an der Heilwasserausgabe pro Monat gezählt wurden. Trink- und Badekuren gelten schon seit der Antike als naturheilkundliche Heilmethoden. Die Trinkkur ist in Bad Mergentheim eine tragende Säule der Kur. Die richtige Anwendung des Bad Mergentheimer Heilwassers beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und ärztlicher Erfahrung seit fast 200 Jahren. Die Kurärzte informieren übrigens an den folgenden Donnerstag-Nachmittagen über die örtlichen Heilquellen: 3. April, 8. Mai, 5. Juni, 3. Juli, 18. September und 2. Oktober; jeweils von 16 bis 17 Uhr im Haus des Gastes; freier Eintritt.

Die Wilhelmsquelle in Bad Mergentheim. © Kurverwaltung

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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