Bad Mergentheim. Um die Werbung der Corona-Teststelle am Stadteingang von Bad Mergentheim, von Edelfingen kommend, gibt es Streit. Es geht um die Frage, ob von der Öffentlichkeit finanzierte Schnelltests noch mit kostenlosen Zusatzangeboten umworben werden dürfen. Die Meinungen darüber gehen auseinander. Die Behörden reagieren zurückhaltend.
Die privat betriebene Corona-Schnellteststelle an der Ecke B 290/Herrenwiesenstraße warb schon Ende März mit folgendem Facebook-Eintrag um „Kunden“: „Gratis Red Bull oder Slushy? Kein Problem! Einfach kostenlos an unserer Corona-Teststation testen lassen, Gutschein erhalten und in unserem Tankstellen-Shop gegen eins von vielen ausgewählten Produkten einlösen. Bei fünf Gutscheinen gibt es sogar eine Autowäsche gratis.“
Daran und an den Werbebannern in Sichtweite der Straße störte sich von Anfang an Allgemeinmediziner Dr. Uwe Steinorth aus Bad Mergentheim und er wandte sich direkt ans Gesundheitsamt. Doch es änderte sich nichts.
Gruppenweise erst Test, dann Eis?
Als er nun vor kurzem davon Kenntnis erlangte, dass es bei Grundschülern und anderen Jugendlichen „zur lieben Gewohnheit geworden“ sei, „sich am Abstrichzentrum zu verabreden und sich gruppenweise für ein (kostenloses) Eis einen Teststab in die Nase rammen zu lassen“, schrieb er einen Leserbrief, den die Fränkischen Nachrichten am Mittwoch veröffentlichten. Im Gespräch mit der Redaktion betonte Dr. Steinorth, dass sich seine Kritik „auf die Werbepraktiken, den Umgang mit Vorgaben der Testverordnung und die Kontrollfunktion des Gesundheitsamtes“ bezieht.
Kevin Mikrut (26) weist die Kritik an seiner Teststelle zurück. Er stellte sich den Fragen der Redaktion und betonte, dass er an seiner Werbung festhalten wolle, so lange es ihm nicht verboten werde. „Ich bin der Meinung, dass jeder Test zählt, um die Verbreitung von Corona einzudämmen“, so Mikrut. Er arbeite offen und transparent und wollte Anreize schaffen, „sich testen zu lassen, auch für diejenigen, die es eigentlich nicht mehr müssten, weil sie vollständig geimpft sind“.
Weiter sagte Mikrut zum Vorwurf, hier würden öffentliche Gelder für die Gratis-Angebote und damit letztlich zur Steigerung seines Umsatzes zweckentfremdet: „Ich verzichte auf einen gewissen Teil meines Ertrages.“ Nur so würden die Gratis-Angebote finanziert.
„Natürlich ist es mein Ziel, wirtschaftlich zu sein“, stellt Mikrut klar, schließlich müsse er davon leben. Er betont aber auch sogleich, dass er selbst gut 90 Stunden pro Woche (inklusive Vor- und Nachbereitung) die Teststelle betreibe – sieben Tage die Woche. „Ich habe Fachabitur und bin gelernter Einzelhandelskaufmann und habe dann“ als Quereinsteiger „alle nötigen Zertifkate für den Testbetrieb erworben, so wie bundesweit Tausende andere auch“, so der 26-Jährige, der durch die Pandemie seinen Arbeitsplatz verlor und sich deshalb neu orientieren musste: „Corona hat mir drei Jahre meines Lebens gestohlen.“
„Kein Ausflugsziel“
Er weist auch den Vorwurf zurück, dass seine Teststelle inzwischen zum „Ausflugsziel“ für Schüler geworden sei. Bis zum Alter von zwölf Jahren dürfe nur getestet werden, wenn die Eltern dabei sind. 13- bis 17-Jährige bräuchten eine schriftliche Genehmigung der Eltern. Darauf achte er, sagt Mikrut.
Mikrut erklärt den FN, dass seiner Kenntnis nach Dr. Steinorth selbst an einem Testzentrum beteiligt sei und wohl hier gegen einen „missliebigen Konkurrenten“ austeile. Dagegen verwehrt sich Dr. Steinorth: „Ich betreibe keine Teststellen!“ Hier handele es sich wohl um ein Missverständnis. Lediglich eine Mitarbeiterin seiner Praxis arbeite zeitweise als Testerin – „ich ziehe keinerlei Vorteil aus dieser Tätigkeit“, so Steinorth deutlich.
Und was sagen nun das Landratsamt (Gesundheitsamt) und das Ordnungsamt Bad Mergentheim zu den Werbemaßnahmen an Mikrut’s Teststelle? „Grundsätzlich ist das Gesundheitsamt nicht für die Kontrolle“ der Werbung an Corona-Teststellen „zuständig, sondern vor allem für die Prüfungen zur Einhaltung der Hygienevorgaben und die Erstzulassung“, teilt Markus Moll, der Pressesprecher des Landratsamtes mit und fügt noch an, dass man „Lockangebote wie ein Gratis-Eis zu jedem Test äußerst kritisch“ sehe. Mit dem Regierungspräsidium (RP) Stuttgart sei Kontakt aufgenommen worden. „Die Durchführung entsprechender Kontrollen oder das Verhängen von Auflagen obliegen dem RP“, so Moll abschließend.
Kurz und knapp
Von der Stadt Bad Mergentheim heißt es lediglich: „Das Ordnungsamt ist derzeit in der klärenden Absprache mit dem Gesundheitsamt und wird dann gegebenenfalls weitere Schritte unternehmen“, so Lorena Klingert, die stellvertretende Pressesprecherin.
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