Kommunalwahlen am Sonntag, 9. Juni

Bad Mergentheim: Fünf Stadträte verlassen den Gemeinderat

Fünf Mitglieder des Bad Mergentheimer Gemeinderats treten bei der anstehenden Neuwahl am Sonntag, 9. Juni, nicht mehr an und scheiden somit im Sommer aus. Thomas Tuschhoff (Grüne) war allein 40 Jahre im Gremium aktiv.

Von 
Sascha Bickel
Lesedauer: 
Fünf Stadträte in Bad Mergentheim verlassen den Gemeinderat. © Tuschhoff/Dehner/Löbbecke/Gebert/Tremmel

Bad Mergentheim. Thomas Tuschhoff (Grüne), Hermann Dehner (Freie Wähler) sowie Katrin Löbbecke, Ulrich Gebert und Thomas Tremmel (alle CDU) verlassen auf eigenen Wunsch den Gemeinderat Bad Mergentheim, denn sie kandidieren nicht mehr für das neue Gremium. Die Kommunalwahlen finden am 9. Juni statt. Damit verabschieden sich insgesamt 95 Jahre „Erfahrung“.

Die Redaktion bat alle fünf um Stellungnahmen zu ihren Gründen und fragte sie auch, welche Ratschläge sie den künftigen Stadträten mit auf den Weg geben wollen und was ihnen im Gemeinderat besonders viel Freude und was am meisten Kopfzerbrechen bereitet hat.

Thomas Tuschhoff



Thomas Tuschhoff (Grüne): 40 Jahre lang – also seit 1984 – sitzt er im Bad Mergentheimer Gemeinderat. Er sagte den FN: „Nach so langer Zeit hat man zwar viel Erfahrung und Hintergrundwissen, aber nicht mehr den Schwung früherer Jahre. Ich setze darauf, dass neue Leute mit neuer Energie in die Debatten um den besten Weg für Bad Mergentheim gehen und Erfolg haben werden.“

Tuschhoff ist für sein politisches Engagement weithin in der Region bekannt, ebenso für die teils hitzigen Wortgefechte im Gemeinderat Bad Mergentheim mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Lehr.

Der Grüne möchte nach eigenen Angaben politisch aktiv bleiben, aber eben nicht mehr als Stadtrat. Ratschläge für mögliche Nachfolger will er nur geben, wenn diese ihn darum bitten, jedoch nicht an dieser Stelle öffentlich über die Tageszeitung.

Auf die Frage, was ihm in den vier Jahrzehnten besonders viel Freude bereitet hat und was am meisten Kopfzerbrechen oder Ärger, antwortet er wie folgt: „Mitglied im Gemeinderat wird man nicht zum Vergnügen, sondern aus staatsbürgerlicher Verantwortung, um sein unmittelbares Lebensumfeld mitzugestalten und seine Stadt voran zu bringen. Enttäuscht bin ich, dass nahezu alle unsere guten Anträge und Vorschläge mehrheitlich abgelehnt wurden, nur weil sie von uns Grünen kamen. Man wollte uns offenbar keine Erfolge gönnen. Das hat der Stadt geschadet. Bei den erneuerbaren Energien, im Verkehrsbereich und insbesondere beim Klimaschutz ist dadurch enorm viel versäumt worden und wird nach wie vor viel versäumt. Große Sorgen macht mir zudem die desolate finanzielle Lage unserer Stadt.“

Hermann Dehner



Hermann Dehner (Freie Wähler): Er wirkte jetzt 20 Jahre im Gemeinderat mit. 30 Jahre ist er zudem im Wachbacher Ortschaftsrat aktiv, davon anfangs fünf Jahre lang als stellvertretender Ortsvorsteher und stolze 25 Jahre lang als Ortsvorsteher.

„Ich möchte für mich und meine Familie mehr Zeit haben“, nennt er als Grund für den Verzicht auf eine erneute Kandidatur. Als wertvoll an seiner Arbeit im Gemeinderat stuft er ein, dass es immer wieder gelang, „durch konstruktive Diskussionen Entscheidungen in eine optimale Richtung zu bringen“. Weniger Freude bereitete ihm, dass es „lange und unnötigen Diskussionen über Kleinigkeiten“ gab.

Seinen Nachfolgern rät er grundsätzlich, „den Blick für die gute Entwicklung der Stadt nicht aus den Augen zu verlieren und die Interessen der Allgemeinheit über die privaten oder parteilichen zu stellen“.

Zudem teilt er mit: „In meiner Funktion als Obermeister der Zimmererinnung Main-Tauber/Künzelsau und als stellvertretender Kreishandwerksmeister möchte ich auch weiterhin das Handwerk stärken und mit der Politik in Kontakt bleiben. Weiterhin werde ich in den örtlichen Vereinen aktiv bleiben.“

Ulrich Gebert



Ulrich Gebert (CDU) war 15 Jahre im Gemeinderat tätig. Er peilt „mehr freie Abende und Zeit für mich und die Familie“ an und „weniger Aufregung“.

„Ich war stolz darauf, Projekte für die Stadt Bad Mergentheim mitgestalten zu dürfen, die für alle von Nutzen waren. Auch Dinge wie das mittlerweile verschwundene Haushaltskonsolidierungskonzept. Ärgerlich ist für mich, dass immer mehr Ideologie anstatt Fachkompetenz und gesunder Menschenverstand Entscheidungen beeinflusst“, so Gebert.

Dem neuen Gemeinderat schreibt er ins Stammbuch, dass man nicht vergessen dürfe, „dass die Hälfte der Einwohner der Kurstadt in den Stadtteilen außerhalb lebt“ und es die weitere Spaltung der Gesellschaft zu verhindern gelte. Gebert: „Es kann nicht sein, dass eine laut schreiende Minderheit aus der Stadt der Mehrheit auf dem Land vorschreibt mit was sie noch fahren und heizen darf, wo sie noch hinfahren und parken darf, was sie noch essen darf und wie sie zu leben haben. Wir müssen wieder zusammen Lösungen für alle suchen.“

Politisch will er an anderer Stelle aktiv bleiben, „wenn es nötig ist“.

Thomas Tremmel



Thomas Tremmel (CDU) ist ebenso – wie Gebert – seit 2009 im Gemeinderat engagiert. Auch ihm geht es jetzt um „mehr Zeit für Familie, Freizeit und die Selbstständigkeit“. Sein Anliegen sei es stets gewesen, die Arbeit im Orts- und Stadtgeschehen mit zu begleiten. „Mein größter Ärger besteht darin, dass unser historisches Stadtwappen, welches durch Gauleiter Seitz 1942 geändert werden musste nicht wieder in original hergestellt ist.“ Eine weitere Verärgerung nennt Tremmel auch noch: „Dass mich die Fraktion nach achtjähriger Tätigkeit als Aufsichtsratmitglied des Stadtwerks Tauberfranken grundlos ausgetauscht hat.“

Den möglichen Nachfolgern empfiehlt er, „Zeit, viel Engagement und Sachverstand mitzubringen“.

Tremmel selbst will politisch aktiv für Kreis und Land bleiben, in seiner Funktion als Ehrenpräsident des Verbandes der Teilnehmergemeinschaften aller Flurbereinigungen in Baden-Württemberg und in der Agrar-Sozialen Gesellschaft Deutschlands. Er strebt zudem an, im Ortschaftsrat Löffelstelzen sein politisches Engagement nach über 30 Jahren fortsetzen zu dürfen.

Katrin Löbbecke



Katrin Löbbecke (CDU): Die ehemalige Kurdirektorin gehörte in den vergangenen fünf Jahren dem Gemeinderat an. Persönliche und private Gründe hätten gegen eine erneute Kandidatur gesprochen, so Löbbecke, denn „die Zeit, die ich jetzt mit vor allem meinen Kindern und vier Enkelkindern verbringen kann, bekomme ich nie wieder zurück“. Schon „während meiner Berufstätigkeit mussten sie alle oft auf mich verzichten“. Zudem würde sie sich freuen, wenn jüngere Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinderat gewählt würden. Sie selbst wolle aber auch politisch aktiv bleiben.

Eine Freude sei die Arbeit als Stadträtin gewesen, weil es „eine sehr vielseitige und vielschichtige Arbeit“ war und „stets ein sehr angenehmes Miteinander – vor allem in der Fraktionsarbeit“. Besonders freue sie sich, „dass es gelungen ist, die Landesgartenschau 2034 nach Bad Mergentheim zu bekommen. Vieles, was in den nächsten Jahren umgesetzt wird, wäre ohne die Zusage der LGS nicht möglich.“

Die Kehrseite der Gremiumsarbeit sei: „Vieles dauert doch viel länger in der Umsetzung als ich mir das vorher vorgestellt hatte.“

Den künftigen Stadträten gibt sie mit auf den Weg: „Jede/r sollte sich nach bestem Wissen und Gewissen für die Weiterentwicklung Bad Mergentheims einsetzen.“

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke