Bad Mergentheim/Wertheim. Erst kürzlich kam das Thema in den öffentlichen Fokus, als Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen Hitzeschutzplan ankündigte. „Wir müssen uns auf die zunehmenden Hitzewellen vorbereiten und an besonders heißen Tagen Schutzmaßnahmen ergreifen“, gibt Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) die Richtung vor. Daher haben sein Ministerium, die Landesärztekammer und der Deutsche Wetterdienst nun ein Aktionsbündnis zum Schutz vor den gesundheitlichen Auswirkungen gegründet.
In der allgemeinen Debatte rücken auch die Kommunen in den Fokus: Was tun sie, um die Allgemeinheit und speziell die durch Hitze besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen vor der enormen Wärmebelastung zu schützen? Denn Hitze hat einen messbaren Einfluss auf die Gesundheit, so steigen in Hitzephasen die Einsatzzahlen der Rettungsdienste, Krankenhausaufnahmen und Arztbesuche. Und gerade Bad Mergentheim sorgte mit einem kurzzeitig aufgestellten Landeshöchstwert von 40,3 Grad in der Vergangenheit schon für Aufsehen. Auch wenn dieser Wert später revidiert wurde: Die Hitzebelastung im Sommer erreicht teils große Ausmaße.
Laut Landesgesundheitsminister seien sogar circa 1500 Todesfälle durch Hitze explizit mitverursacht worden und machten Handeln erforderlich. Auch wenn die Vorlage eines kommunalen Hitzeschutzplans bislang freiwillig ist, gehen dennoch einige größere Kommunen im Land mit gutem Beispiel voran. Städte wie Stuttgart, Karlsruhe oder Mannheim zeichnen Pläne mit kühlen und schattigen Orten, begrünen Flächen und stellen Trinkwasserspender auf. Auch im Main-Tauber-Kreis ist das Thema auf der Agenda. „Die Stadt nimmt das Thema Hitzeschutz und Klimaanpassung sehr ernst. Auch weil wir jetzt schon zu den sehr heißen Orten in Deutschland gehören und den Prognosen zufolge mit einer noch stärkeren Hitzebelastung im Zuge des Klimawandels rechnen müssen“, erklärt Bad Mergentheims Pressesprecher Carsten Müller.
Man setzt dabei vor allem auf bauliche Veränderungen. „Mit dem Gänsmarkt werden wir in diesem Sommer beginnend erstmals einen Innenstadt-Platz auch nach Kriterien der Klimaanpassung bauen. Er wird Grünflächen zur Kühlung, vor allem aber Bäume zur Beschattung haben. Das besondere dabei ist, dass die Bäume schon im Tiefbau ideale Bedingungen für gutes Wachstum und ihr Überleben bekommen. So genannte „Rigolen“ sind als Wasserspeicher miteinander vernetzt und eine Zisterne sammelt Regenwasser. Weiter verfolgen wir in den Gänsmarkt-Planungen die Themen Trinkbrunnen sowie „Sprühnebel“-Anlage zur Kühlung“, so Müller weiter. Parallel sei im Mai das Sanierungsgebiet Altstadt/Stadtgarten gestartet, wobei private Maßnahmen, zur Klimaanpassung förderfähig sind.
Konkrete Ziele
Bereits im Vorjahr gab die Stadt das Ziel aus, mit dem Pflanzen von 440 Bäumen und dem Entsiegeln von insgesamt 40 000 Quadratmetern versiegelter Fläche eine Abkühlung zu erreichen. Wie steht es um diese Ziele? „Wir haben unsere Pläne, die in der Landesgartenschau-Bewerbung noch grob umschrieben waren, inzwischen planerisch weiter präzisiert. Bei der Bürgerwerkstatt Landesgartenschau im Januar konnte beispielsweise das Thema Aufwertung der Igersheimer Straße/ Deutschordenstraße zum „Grünen Boulevard“ präsentiert werden. Hier sind wir inzwischen soweit, dass wir allein in diesem Bereich durch die bisherige Über-Breite der Straße ein Entsiegelungs-Potenzial von rund zwei Hektar aufzeigen können. Das ist für einen innerstädtischen Bereich immens und hätte spürbare Effekte“, gibt Müller einen Einblick. Bereits 2021 war ein erster öffentlicher Trinkwasserspender versuchsweise aufgebaut worden, diese könnten nach Auskunft der Stadt zukünftig dauerhaft an verschiedenen Plätzen installiert werden.
Ähnliche Pläne hat die Wertheimer Verwaltung, wenngleich man die Ausgangslage anders einschätzt als die Verantwortlichen der Kurstadt: „Hitzeschutz ist in Wertheim sicher weniger herausfordernd als in Ballungsräumen mit hoher Siedlungsdichte. Von unserer Gemarkungsfläche sind nur 13 Prozent überbaut, der Waldanteil hingegen beträgt 36 Prozent. Die Stadt liegt an zwei Flüssen, die Einwohner verteilen sich auf 15 Ortschaften und fünf Stadtteile. Von jedem Wohnort aus ist man nach wenigen Schritten im Grünen“. Dennoch trifft man auch hier Vorkehrungen: Die Anlage und Pflege des Stadtgrüns, Sonnenschutz an kommunalen Gebäuden, begrünte Dachflächen und der 2020 am Mainvorplatz installierte Trinkwasserbrunnen werden hier auf FN-Anfrage genannt.
Zusätzlich legt man hier einen Fokus auf Ressourcenschonung. „Ein durchdachtes Regenwassermanagement zielt darauf ab, Regenwasser zu sammeln, zu speichern und zu nutzen, anstatt es abzuleiten. Das anfallende Niederschlagswasser soll auf natürliche Weise zurückgehalten werden“, erklärt Sprecherin Angela Steffan. Mithilfe einer Klimaanalyse des Regionalverbandes Heilbronn-Franken sollen Hotspots mit besonderer Hitzebelastung identifiziert werden, um hier mit Maßnahmen wie Baumpflanzungen ein besseres Wohnklima zu schaffen. Über die Pläne der Kreisstadt Tauberbischofsheim war nichts zu erfahren, eine entsprechende Anfrage wurde nicht beantwortet.
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