Bürgerforum Stadtbild

Als im Schlosshof Kartoffeln angebaut wurden

Serie „Mergentheim im Spiegel der Jahrhunderte“ (Teil 6)

Von 
Carlheinz Gräter
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Das Stadtmodell im Deutschordensmuseum zeigt „das freundliche, gutgebaute Mergentheim . . .“ um das Jahr 1750. © Deutschordensmuseum

Bad Mergentheim. „Das freundliche, gutgebaute Mergentheim im schönen weinreichen Taubertal, von etwa 2400 Seelen, ist jetzt ein verwaistes Städtchen, arm, einsam und öde… Im Schlosshofe werden jetzt Kartoffeln gebaut… alle alte interessante Ordens-Wappen hat man hinweggemeißelt, indessen sieht man noch Ordenskreuze genug, denn jedes Luftloch musste die Gestalt eines Ordenskreuzes haben, Keller-, Scheunen- und Abtrittslöcher!“

Bei dem enzyklopädisch angehauchten aufklärerischen Plauderphilosophen Carl Julius Weber (1767-1832) wird man gleich doppelt über Mergentheim aufgeklärt: In seinem dreibändigen „Ritterwesen“, aus dessen zweiter posthumen Auflage von 1837 hier zitiert wird, sowie im ersten Band seines mehrbändigen Deutschland-Werkes, laut Verlagsanzeige von 1855 „längst eine Lieblings-Lektüre aller Gebildeten der deutschen Nation.“ Ernst Jünger hat immerhin noch aus Webers Hauptwerk „Demokritos oder hinterlassene Papiere eines lachenden Philosophen“ zitiert.

Weber, gebürtiger Langenburger, kannte Mergentheim als Privatsekretär des Ordensstatthalters Christian Graf zu Erbach-Schönberg in den 1790er Jahren; später hat er das junge Heilbad an der Tauber besucht und gelobt. Sein Lebensbild habe ich 2002 in der zweibändigen Demokritos-Auswahl „Die Komödie des Menschen“ gezeichnet.

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In seinem „Ritterwesen“ merkte Weber über den Spätsommer der Deutschordens-Residenz an: „Es war ein geistreiches Höfchen, besucht von vielen Fremden… die Untertanen des kleinen Ordensstaates waren vielleicht die glücklichsten und zufriedensten aller deutschen Untertanen, ohne Constitution und Stände.“

Dabei, so fuhr Weber fort, „gab es Ordensritter, die nicht bloß religiös aufgeklärt dachten, sondern auch ihre politische Fortdauer als einen Missbrauch und komische Antiquität ansahen, während im Städtchen solche Ideen wohl nur wenigen klar gewesen sein mögen.“

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