Bürgerinitiative "Windwahn - Nein, danke" - Daten aus Naturbeobachtungen unter "absoluter Vertraulichkeit" der Stadt zur Verfügung gestellt / 5000 Bilder gemacht

1900 Stunden in der Natur verbracht

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Die Luftaufnahme zeigt links die Ortschaft Apfelbach und in der Umgebung die möglichen Windkonzentrationszonen 1 und 3. Der Gemeinderat der Stadt Bad Mergentheim will im Herbst entscheiden, ob die Stadt an diesen Zonen und deren bisher geplanten Umfang festhält, um dort den Bau von Windkraftanlagen zu erlauben.

© Bürgerinitiative

Bad Mergentheim. Windkraft und Naturschutz, sind diese beiden Begrifflichkeiten vereinbar? Wird der Natur beim Ausbau der Windkraft genügend Raum gegeben? Werden die vorgeschriebenen Gutachten mit der nötigen Sorgfalt erstellt? Werden die geltenden Gesetze und Verordnungen eingehalten? Kommt die heimische Natur unter die Windräder?

All das waren Fragen, die sich die Aktivisten der Bad Mergentheimer Bürgerinitiative (BI) "Windwahn - Nein, danke" in der Gründungsphase gestellt haben.

Vogelwelt dokumentiert

Dem satzungsgemäßen Vereinszweck der BI entsprechend und um selbst etwas Einfluss auf das Verfahren nehmen zu können, entschied man sich recht schnell dazu, eigene Daten zu erheben, um den tatsächlichen Bestand der heimischen Vogelwelt zu dokumentieren.

Auch die Anregung von Oberbürgermeister Udo Glatthaar bei einer Bürgerversammlung, dass wichtige Beobachtungen von Bürgern zur Reduzierung der Anzahl von Windkraftanlagen beitragen könnten, sorgte für zusätzliche Motivation bei den BI-Mitgliedern in Althausen und Apfelbach. Zugute kamen der Beobachtungsgruppe hierbei die eigene Ortskenntnis sowie Erfahrungswerte der Bürger. Nichtsdestotrotz war großes ehrenamtliches Engagement nötig, um nun nach gut zweieinhalb Jahren auf ein umfangreiches Datenmaterial zugreifen zu können. Allein bei den Beobachtungen der beiden sich noch in Planung befindlichen Windkraftkonzentrationszonen in Apfelbach wurden rund 1900 ehrenamtliche Stunden in der Natur verbracht und über 5000 Bilder geschossen sowie 60 Filme gedreht.

Nicht mitgezählt sind hier die endlosen Stunden, die die Aufbereitung des Datenmaterials am heimischen PC in Anspruch genommen hat. Es wurden umfangreiche Nachweise über Flugbewegungen und Brutvorkommen unter anderem von Rotmilanen und Wespenbussarden sowie verschiedenen anderen Bussardarten geführt, die sich über die gesamte Fläche der Konzentrationszonen in Apfelbach verteilen, so die BI.

Das komplette Datenmaterial hat die BI teils unter Mithilfe eines Ornithologen einem eigens beauftragten Gutachter zur Auswertung weitergegeben um es später durch einen eigenen Rechtsanwalt in das Verfahren rechtsgültig einzubringen.

Erste Datensätze wurden im zweiten Halbjahr 2013 in mehreren Blöcken der Stadt Bad Mergentheim übergeben, damit diese Eingang ins Verfahren finden. "Leider wurden diese Daten" nach Ansicht der BI "nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt". Deshalb entschloss man sich, keine Daten mehr vor der offiziellen Einspruchsphase zu übergeben. Dieser Entschluss sollte auch dem Schutz der sensiblen Daten dienen, erklärt die BI.

"Mehrere gute Gespräche"

Nachdem in der Zwischenzeit "mehrere gute Gespräche" mit Teilen des Gemeinderates geführt wurden und OB Glatthaar die Wichtigkeit der Übergabe der Daten im Vorfeld zur Entscheidung zu den Windkraftkonzentrationszonen im Gemeinderat schriftlich erläuterte, entschied sich die BI dazu, die sensiblen Daten zu den Brutplätzen unter anderem von Rotmilan und Wespenbussard der Stadtverwaltung zu übergeben. Diese wurden mit dem Hinweis der absoluten Vertraulichkeit und lediglich nur mit der Erlaubnis zur Herausgabe an die untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Main-Tauber zur Bewertung weitergereicht.

"Ich danke der Bürgerinitiative für die Übergabe aller Unterlagen. Sie helfen uns mit ihren Detailkenntnissen einen rechtssicheren Beschluss für Bad Mergentheim zu fassen", sagte Oberbürgermeister Udo Glatthaar dazu in der Ratssitzung Ende Juli (unsere Zeitung berichtete).

Wie die Bürgerinitiative weiter mitteilt, fand auch vor kurzem eine Vor-Ort-Begehung über vier Stunden in den Wäldern rund um Apfelbach mit zwei Vertretern der unteren Naturschutzbehörde und einer Vertreterin der Stadtverwaltung sowie dem örtlichen Jagdpächter und Vertretern der BI statt. Dabei machte man sich gemeinsam ein Bild von der Situation vor Ort von den möglichen Windkonzentrationszonen 1 und 3 nahe Apfelbach.

Diese Erkenntnisse werden nun nach Aussage der Stadtverwaltung, so die BI, zu einer Beurteilung durch die untere Naturschutzbehörde führen, worauf sich die Gemeinderäte unter anderem in ihrer Entscheidung im Herbst zur Festlegung der Konzentrationszonen für Windkraftanlagen stützen.

Vor allem die Brutnachweise von Rotmilan und Wespenbussard lassen nach Überzeugung der Bürgerinitiative die Festlegung von Konzentrationszonen für den Bau von Windkraftanlagen in der bisher geplanten Form rund um Apfelbach nicht zu. bi/sabix

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