„Art & Eat“

Satte Farben versprühen Lebensfreude

Pop-Art-Künstler Niko Nikolaidis zeigt in Schillingstadt sein Können

Von 
Elisabeth Englert
Lesedauer: 
Niko Nikolaidis in Schillingstadt vor seinem Werk „Indian Spirit“ mit der Doppelhelix. © Elisabeth Englert

Schillingstadt. Wer kennt nicht das knallbunte Bildnis von Hollywood-Ikone Marilyn Monroe mit den quietschgelben Haaren und dem hellblauen Lidschatten? Wer kennt nicht die vermutlich berühmteste Tomatensuppendose der Welt mit dem Campbells-Schriftzug? Fällt der Begriff Pop-Art, schießen diese Bilder in den Sinn, ebenso Andy Warhol oder große Metropolen wie New York, London und seit Neustem Schillingstadt.

Schillingstadt? Jawohl – richtig gelesen. Denn der renommierte Vertreter dieses Genres, Niko Nikolaidis, stellte im Rahmen der Veranstaltung „Art & Eat“ im orientalischen Garten des Dokumentations- und Begegnungszentrums eine Auswahl seiner Werke aus und ließ die Zuschauer beim Live-Painting hautnah die Entstehung eines Werkes miterleben.

Doch von Anfang an. Großflächige, farbenfrohe, kräftig-bunte Bilder stehen locker verteilt um Brunnen, Kugeldisteln oder Zeder. Die Strahlkraft der satten Farben bannt die Blicke, versprüht Lebensfreude. Blue Heart, Flowers of Love, Beautiful Eyes, um nur einige wenige zu nennen, lassen innehalten, lassen nicht vorbeischlendern.

All zu viel gibt’s in diesen Werken zu entdecken, das sich dem Betrachter erst öffnet, wenn er sich die Zeit nimmt, in diese Farbenpracht einzutauchen. „Sie führen das Auge“, weiß der international bekannte Künstler aus Erfahrung, der vom Gesamtkonzept Garten und Kunstausstellung begeistert war. Dieser Garten sei ebenfalls ein Kunstwerk, so dass dieser Abend mehrere Künste wie Malerei, Gartengestaltung und Kulinarik zusammenführe.

„Ein Einklang“, so der empathische 32-Jährige, der bereits in Miami, New York oder China Ausstellungen hatte. Die wichtigste, eindrücklichste Reise indessen, die er bislang angetreten habe, sei die Reise nach innen gewesen, erinnert er sich. Denn Nikolaidis habe sich selbst ein neunmonatiges Schweigegelübde auferlegt. So ließ er „zerstörerische Gedanken“ hinter sich, zur Stille des Kopfes und Herzens finden. Wichtig für ihn, da seine Kreativität in der Stille gründe, wobei hiermit nicht die äußere, vielmehr einzig die innere Stille gemeint sei.

Musik hingegen sei eine inspirierende Quelle. In diesen neun Monaten, die anfangs recht hart gewesen seien, habe er sich besser kennengelernt, habe „Liebe, Frieden, Freude“, die im Innern des Menschen angelegt seien, wiedergefunden. Diese Freude, Selbst- und Nächstenliebe strahlen seine kunterbunten Bilder aus.

Der Betrachter entdeckt in der Abstraktheit Blumen, fixierende Augen, volle Lippen, umrahmt von filigranen Flügeln, Strahlen, das stolze Antlitz einer Gottheit – seinen griechischen Wurzeln geschuldet? Ein Füllhorn voll Farbenfülle. Nach seiner Reise ins Innere sei seine Kunst tiefgreifender geworden. Überhaupt sei alles im Fluss, dynamisch, wandelbar. So auch seine Werke, die „leben“. Mit einer speziellen Tiefenfarbenbrille treten Linien und Muster hervor. Plötzlich kommt der Handabdruck dem Betrachter entgegen. Die Bilder blähen sich stetig auf, gleichsam als würden sie atmen, zum Leben erwachen.

Ein immer wiederkehrendes Motiv, mal prominent in Szene gesetzt, mal dezent erst auf den zweiten Blick zu erspähen, ist die Doppelhelix. Damit wurde man geboren, in der DNA sei angelegt, was für die Menschen möglich sei, darin liege aber gleichsam auch der Auftrag zur „Selbstermächtigung“.

Zu gerne schiebe man die Schuld auf andere, doch sein man für sein Wachstum selbst verantwortlich.

Wie dieses Wachstum aussieht, durften die Zuschauer hautnah beim Live-Act miterleben.

Vor einer recht großen, weißen Leinwand und wirr umherstehenden Farbtöpfen und Farbtuben unter freiem Himmel auf der Dachterrasse des Begegnungszentrums kniet der gebürtige Hannoveraner in sich zusammengekauert auf dem Boden.

Die Wolkenberge des gerade vorbeigezogenen Sommergewitters zaubern eine eigentümliche Stimmung. In Trance, weit weg, mit den Fäusten auf den Boden trommelnd, schwer atmend, stöhnend, sich krümmend, „erwacht“ er, erhebt sich zu voller Größe.

Jede Faser, aufgrund seines nackten Oberkörpers gut zu beobachten, vibriert, füllt sich mit Energie, die sich unter vollem Körpereinsatz explosionsartig auf der Leinwand entlädt. Mit der flachen Hand, mit den Fingerkuppen malend, spritzend, tupfend, entrückt, ganz im Hier und Jetzt, archaisch, intuitiv bringt er Flächen, Linien, Sprenkel auf die Leinwand. Es entsteht eine Komposition aus Farben und Formen. Spannend und faszinierend Zeuge dieser „Geburt“ eines Werkes zu sein. Nach dieser kräftezehrenden Performance, ausgepowert, aber augenscheinlich zufrieden und in sich ruhend, genoss Nikolaidis den Applaus seines beeindruckten Publikums.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten