Eubigheimer „Boachscheißer“ - Buntes Programm beim traditionellen Rosenmontagsball begeisterte das närrische Publikum

Gelungener Angriff auf die Lachmuskeln

Von 
Elisabeth Englert
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Viel geboten war beim Eubigheimer Rosenmontagsball, einem der Höhepunkte der aktuellen Kampagne.

Eubigheim. „Drum soll in Zukunft, wenn die Fastnacht zieht ein, das Symbol aller Narren der Boachscheißer sein“ – nach diesem Schwenk in die Historie aus der Proklamation von 1968, der erklärt wie der „Boachscheißer“ zu seinem Namen kam, versammelte sich die Narrenschar auf der Bühne und gab den Startschuss zum Ball, bei dem Höhepunkt nach Höhepunkt aus der karnevalistischen Ideenkanone auf die Lachmuskeln des Narrenvolks abgefeuert wurde. Der Grand Seigneur der Moderatoren, Carsten Kistner, und seine charmante Co-Moderatorin Jennifer Lang führten humorvoll und wortgewandt durch das vierstündige Potpourri aus Frohsinn, Heiterkeit und Lebensfreude.

Während einer Schunkelrunde von Werner Schifferdecker, der das Publikum unterhielt, verwandelte sich die Bühne in eine Poststelle, prall gefüllt mit verschiedensten Päckchen und Paketen, worunter sich sogar ein „lebendiges“ (Beate Friedrich) befand, in die die nur mäßig motivierte Postbotin (Tanja Dötter) eher weiteres Chaos brachte. Denn wegen vertauschter Adressaufkleber musste ihre Kundschaft (Ann-Kathrin Zimber, Melanie Gehrig, Michael Dötter) die Pakete öffnen, um festzustellen, ob es sich dabei auch um die für sie bestimmten handelte. Mit Plüschhandschellen oder Negligé bis hin zur fernöstlichen Haushaltshilfe (Lukas Schwarz) entpuppte sich manch Paket als wahre Wundertüte. Frei nach „Wenn der Vater mit dem Sohne einmal ausgeht“, machte sich Papa Hans-Peter Scherer als Walross mit Tochter Mia-Maria als Robbe auf ins ewige Eis, und sie beklagten auf ihren weiß glitzernden Eisbergen den Klimawandel. Mit viel Lokalkolorit gewürzt, servierten sie einen Kalauer nach dem andern und erspähten als neuen Lieblingsplatz die Getränkekühlschränke als kalte Ecke mit „bester Versorgung“.

In Erinnerungen geschwelgt

In Erinnerungen schwelgten Präsident Bernhard Offner und Jennifer Lang, inzwischen als Hausmeister bzw. Klofrau in der Narrenscheune tätig, von ihrem Gardetanzauftritt 2007 „als sie noch in Schuss waren.“ Motiviert bis in die Haarspitzen wollten sie an ihren damaligen Erfolg anknüpfen, doch musste unbedingt eine „rückenschonende“ Variante gefunden werden. Da ein Streifzug durch verschiedene Musikgenres wie Ententanz, Mambo, Ballett oder das heiße „You can leave your hat on“, das das Publikum zum Grölen brachte, nicht den erwarteten Erfolg brachte, landeten sie wieder beim Gardetanz. Trotz altersgerechtem Sprungspagat und rückenschonender Ausführung ohne „Hebefigur“ rissen sie das Publikum mit.

Als „Glücksfee“ zog Torsten Stein die Gewinner des Preisrätsels, dem hierbei für das sichere Fahren des Umzugswagens gedankt wurde. Ein weiteres Beispiel gelungener Nachwuchsförderung bot Urgestein Heinz Wagner mit seinem Neffen Matteo Simonides. Schon äußerlich, der Ältere im glitzernden Kampfsportanzug, der Jüngere im Frack und Zylinder, waren die unterschiedlichen Auffassungen von guter Unterhaltung erkennbar. Nach einem von Verve, Selbstironie und Schlagfertigkeit sprühenden Wortwechsel bewiesen beide ihr musikalisches Können am „Flügel“ bzw. an Gitarre und Akkordeon. Ohrwürmer wie „Cordula Grün“ oder „Sweet Caroline“ brachten die Zuschauer in Wallung.

Ein Jägerhochsitz beherrschte die Bühne, Fichten standen wie gewachsen umher, grün dominierte – man befand sich im Ahornwald. Die, wie bereits im Waidmannsrock geboren aussehenden Nachwuchsjäger Felix Dötter und Leon Strenkert übten im „Nachholkurs für Durchfaller“ von Ausbilder Max Adelmann anpirschen, Hochsitz besteigen, Ausschau halten und schießen. Doch so authentisch sie aussahen, so talentfrei präsentierten sich beide und strapazierten gehörig die Nerven ihres Lehrers. Immerhin, wenngleich das „Sehbild noch net des schärfste ist, weil ich heut die fünf Kolben noch net getrunken hab“, nahmen sie zielsicher die Lachmuskeln des Narrenvolks ins Visier.

Heiß und kalt wurde es, als die Showtanzgruppe der Spvgg Sindolsheim eisblau und feurigrot zu ihren fetzigen „Fire-and-ice“-Tanz über die Bretter fegte.

Schlag auf Schlag ging’s weiter, und so sorgte der Standort Eubigheim mit seinem „FvdF-Spezialeinsatzkommando“ für ein positives Image der Bundeswehr in der öffentlichen Wahrnehmung, wobei FvdF für „Flucht vor dem Feind“ stand. Der mit AKK (Eva Geiger) und Flinten-Uschi (Lisa Wagner) angekündigte hohe Besuch wollte die ihnen unbekannte Einheit live erleben, um zu prüfen, ob noch mehr Geld in dieses Programm gesteckt werde. Kommandantin Sandra Dötter ließ ihre Rekruten (Michael Dötter, Sven Dünzl, Carsten Kistner, Marco Offner, Jörg Zink)zu „Ausdauer und Fitness“, „Zielgenauigkeit“ sowie „tarnen und täuschen“ antreten, wobei vor allem der „Ernstfall mit Feind“ überzeugte.

Für Sicherheit im Boachscheißerland sorgten die CSI-Ermittler „Shörlik-Likör“ (Katharina Hilscher) und General Motas (Thomas Walz), die „gemeinsam gegen das Böse“ antraten, mit ihren FKWP, kurz für „Fleischkäswecklepause“ indessen ihrer Polizeichefin (Kerstin Schmitt) manch Nerv raubten, denn es galt, die Umstände eines Boachscheißerleichenfundes, kurz BL (Lara Stein) im Park zu klären. Mit hollywoodreifen, wohl dosierten Videosequenzen von Thomas Walz, die den renommierten Krimiproduktionen nichts nachstanden, verfolgten die Zuschauer die Ermittlungsarbeit sowohl in den Straßen Eubigheims als auch auf der Bühne. Mit Linda Dünzl, der wandlungsfähigen Marie Dötter, Leon Strenkert und Falk Dötter boten sie beste Unterhaltung auf hohem Niveau, wobei sich glücklicherweise die BL als ihren Rausch ausschlafende Boachscheißerin entpuppte.

Dass Humor und Ernsthaftigkeit sich nicht ausschließen, bewiesen die „Dancing Moskitos“ mit ihrem imposanten Schelmenstück „Im Spiegel der Zeit“ in dem sie á la Till Eulenspiegel dem Publikum den Spiegel vorhielten. Ein Höhepunkt jagte den Nächsten, wenn auch etwas befremdlich zu vorgerückter Stunde die Kindergartenkinder-Tanzgruppe sich zu ihrer Generalprobe für den Kinderfasching auf die Bühne trollte.

Die bunte, närrische Mischung von Prinzessin, Cowboy bis hin zu Fee oder Koch bot einen wahren Augenschmaus und führte gleichzeitig die verschiedensten Charaktere vor Augen. So hatte die mit stoischer Ruhe und Engelsgeduld gesegnete Erzieherin (Simone Strenkert) alle Hände voll zu tun, mit ihren Schützlingen den „Körperteileblues“ zu proben.

Denn von schüchtern über lustlos, hyperaktiv bis hin zu hungrig offenbarte sich die Bandbreite der Befindlichkeiten in ihrer Rasselbande (Annika, Felix, Marie und Sandra Dötter, Beate Friedrich, Eva Geiger, Carolin Haueisen, Katharina Hilscher, Lisa und Marco Offner, Monika Reznicek, Leon Strenkert, Lisa Wagner, Jörg Zink).

Erfahrene Erziehein

Selbstverständlich gelang der erfahrenen Erzieherin, die authentischen und mit schauspielerischem Talent dargebotenen Streitigkeiten zu meistern und dem tobenden Auditorium einen Vorgeschmack auf den Kinderfasching zu bieten. Dieses war nun bereit für das Finale, für das Carolin Haueisen und Bernhard Offner zu den Mikrofonen griffen und „Wir sind Boachscheißer und sind gut drauf“ anstimmten. Dass dies tatsächlich so ist, merkte man allein schon an der Tatsache, dass außer den beiden Tanzeinlagen das gesamte, aus 50 Rollen bestehende Programm von den Boachscheißern selbst gestaltet wurde. Doch nicht nur dieser legendäre Kulturpunkt aus Kreativität und Ideenreichtum, auch der nur vier Wochen zuvor stattfindende alljährliche Kappenabend, bei dem ebenfalls mit viel närrischem Herzblut ein tolles Programm geboten wird, unterstreicht eindrucksvoll den Gemeinschaftssinn dieser gut organisierten und strukturierten Narrenfamilie und macht Lust auf mehr.

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