Im Neckar-Odenwald-Kreis

Wieso Paragraf 13b bei Bauherren und Kommunen für lange Gesichter sorgt

Für Enttäuschung bei Bauherren und Kommunen sorgt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass beschleunigte Verfahren bei Bebauungsplänen rechtswidrig sind. In Adelsheim ist das Baugebiet „Steinäcker rechts“ betroffen

Von 
Daniela Käflein
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Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Paragrafen 13 b des Baugesetzbuchs war für Kommunen und Bauherren unklar, wie es mit den laufenden Verfahren weitergehen soll, wie hier im Baugebiet „Steinäcker rechts“ in Adelsheim. Inzwischen steht fest, dass der Umweltbericht neu gefasst werden muss. Damit einher geht ein weitere Zeit mit Unsicherheit, Verzögerung und finanziellen Einbußen. Die Bauherren sind sauer. © Daniela Käflein

Adelsheim.  „Das Ärgerliche ist die Unsicherheit. Wir haben alles richtig gemacht und können trotzdem nicht bauen. Dazu kommt das Finanzielle“, sagt Tobias Bangert, der mit seiner Frau im Baugebiet „Steinäcker rechts“ einen Bauplatz gekauft hat.

Enttäuschung über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

So wie Tobias Bangert geht es zurzeit vielen Bauherren in Deutschland. Grund für die Enttäuschung ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Etliche im sogenannten „beschleunigten Verfahren“ ohne Umweltbericht, Umweltprüfung und Ausgleichsplanung zugelassene B-Pläne sind durch das getroffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts rechtswidrig und können juristisch angegriffen werden. „Dabei hat die Stadt Adelsheim ihren guten Willen gezeigt und ein Biotop umgesiedelt“, verdeutlicht der Bauherr und moniert, dass hier zu pauschal entschieden worden sei.

Die Entwicklung von Baugebieten gemäß Paragraf 13 b des Baugesetzbuches zielte darauf ab, schnellstmöglich Wohnraum bereitzustellen. In der Tat sollte sich dieses Gesetz positiv auf die Bürger auswirken. Allerdings wurde dieses Verfahren letztlich für ungültig erklärt, da die Umweltaspekte angeblich nicht ausreichend berücksichtigt würden. „Diese Entscheidung verdeutlicht die zunehmende Herausforderung, die Bedürfnisse unserer Gesellschaft mit den Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes in Einklang zu bringen“, betont Bürgermeister Wolfram Bernhardt im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten.

Das besagt Paragraf 13b des Baugesetzbuchs

Paragraf 13 b des Baugesetzbuchs erlaubt eine beschleunigte Aufstellung von Bebaungsplänen für Freiflächen bis zu 10 000 Quadratmetern im Außenbereich, wenn diese Flächen der Wohnnutzung dienen und an den bebauten Innenbereich anschließen.

Danach darf im beschleunigten Verfahren vor allem auf eine Umweltprüfung und einen Umweltbericht verzichtet werden. Darüber hinaus ist eine nachträgliche Anpassung des Flächennutzungsplans erlaubt. Um dem allgemeinen Wohnungsmangel zu begegnen, haben viele Gemeinden in den letzten Jahren von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Großer Schaden für Umwelt und Natur

Der BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz) Baden-Württemberg geht davon aus, dass auch im Ländle in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Bebauungsplänen in diesem nunmehr als rechtswidrig bestätigten „vereinfachten, beschleunigten Verfahren“ aufgestellt wurden. „Der dadurch bereits entstandene Schaden für Umwelt und Natur dürfte immens sein“, heißt es auf der Homepage des BUND. In welcher Größenordnung Biotope und sonstige ökologisch wertvolle Landschaftsbestandteile ohne jeglichen Ausgleich überplant wurden und ersatzlos verschwunden sind, könne nur grob erahnt werden.

Das Verfahren werde von den kommunalen Planungsträgern seit seiner Einführung im Jahr 2017 zunehmend genutzt. Es sei mit nicht unerheblichen Erleichterungen im Hinblick auf die Umweltprüfung verbunden. „Und wir können nicht davon ausgehen, dass die Städte und Gemeinden dieses Planungsinstrument zielgerichtet und verantwortungsvoll einsetzen, also explizit für den so dringend benötigten bezahlbaren, flächeneffizienten und verdichteten Wohnungsbau“, meint Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND.

Sie empfiehlt, zunächst einmal zwischen den Baugebieten zu unterscheiden, die es schon gibt, und denen, bei denen lediglich der Bebauungsplan aufgestellt wurde. „Hier geht es keineswegs um den Abriss bereits gebauter Häuser. Aber es sind auch noch einige Baugebiete auf dem Weg“, erklärt sie.

Und genau dort müsse man Einhalt gebieten. Wenn der Bebauungsplan länger als ein Jahr zurückliege, sei das Thema ohnehin durch. „Ansonsten ist nach unserer Ansicht eine Eingriffs-Ausgleichs-Bilanz vorzunehmen“, so die Landesvorsitzende. Mit dem Paragrafen 13 b habe man weder dem Flächenverbrauch Einhalt geboten, noch günstigen Wohnraum geschaffen, kritisierte sie.

Der Paragraf ist zwar inzwischen nicht mehr gültig, er räumte Kommunen aber von 2017 bis Ende 2022 ein, kleinere Baugebiete schneller auszuweisen. Vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden–Württemberg scheiterte der BUND zunächst, das Bundesverwaltungsgericht gab den Klägern Mitte Juli aber recht.

Schon zum Urteil im Juli hatten die Richter erklärt, dass 13 b nicht mit EU–Recht vereinbar sei. Demnach sei eine Umweltprüfung zwingend. Der Bund, der für Baurecht zuständig ist, habe zwar Vorgaben gemacht: Baugebiete nach 13 b dürfen maximal 10 000 Quadratmeter groß sein, müssen direkt an einen Ort anschließen und nur zum Wohnen genutzt werden. „Das ist jedoch unzureichend“, erklärt das Gericht. Denn auch solche Pläne könnten erhebliche Umweltauswirkungen haben.

Bauvorhaben hängen in der Luft

„Besonders ärgerlich ist, dass diese Möglichkeit zur Entwicklung von Wohnraum erst nach mehreren Jahren aufgehoben wurde, zu einem Zeitpunkt, als bereits viele Städte und Gemeinden Wohngebiete nach diesem Verfahren entwickelt hatten. Der Ärger war umso größer, weil erst vier Monate, nachdem der Paragraf 13 b für rechtsungültig erklärt wurde, klar war, wie man dieses Problem heilen kann. In dieser Zeit hingen alle in der Luft – Baurechtsbehörden, Städte und Bauwillige. Insofern bin ich froh, dass nun klar ist, was zu tun ist, und wir hoffentlich bald den ersten Spatenstich sehen können“, erklärt das Adelsheimer Stadtoberhaupt im Gespräch mit den FN. Trotzdem müsse man den kompletten Umweltbericht nun noch einmal erstellen. Das heiße auch, noch einmal ein halbes Jahr Verzögerung.

„Weiterhin ist völlig unklar, wann wir mit dem Bauen anfangen können“, moniert Tobias Bangert. Die Unsicherheit sei nach wie vor groß. Jetzt im Januar hätte der Aushub auf seinem Grundstück beginnen sollen. Da das Umweltgutachten jetzt neu erstellt werden müsse, könne er dem Bauträger keinen festen Termin nennen. Dabei haben er und seine Frau die Verträge mit Bauträger und Bank bereits im Mai letzten Jahres unterschrieben. „Ab Mai zahlen wir also die vollen Zinsen und müssen auch viel länger in Miete wohnen als geplant“, weist er auf die deutliche finanzielle Mehrbelastung hin.

Paragraf 2017 von der großen Koalition eingeführt

Eingeführt wurde der Paragraf 2017 von der Großen Koalition im Bund. Erklärtes Ziel damals war: schnell Wohnraum schaffen nach dem Zuzug durch die Flüchtlingskrise 2015/16. Umweltverbände hatten von Beginn an kritisiert, dass vor allem Einfamilienhäuser im ländlichen Raum entstehen würden, die die Wohnungsnot kaum milderten. Die Zahlen von 2020 zeigen, dass bis dahin fast jede zweite Kommune im Land den Paragrafen 13 b genutzt hat.

Dazu hat sich das Gericht nicht geäußert. Zunächst herrschte weiter Unsicherheit. Der Sprecher der Landesbauministerin verweist auf den Bund. Er müsse mit den Ländern und Kommunen besprechen, wie mit dem Urteil nun umgegangen werde. „Wir wünschen uns, dass möglichst schnell nun Klarheit geschaffen werden kann — im Interesse der betroffenen Kommunen und der betroffenen Häuslebauer.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat im September die Urteilsbegründung veröffentlicht. Darin stellt es klar, dass Bestandspläne nach Paragraf 13 b, die nicht innerhalb der Jahresfrist angegriffen worden sind, nicht an einem beachtlichen Fehler leiden.

Für nach Paragraf 13 b begonnene Bebauungsplanverfahren und für innerhalb der Jahresfrist gerügte Paragraf-13b-Bestandspläne beabsichtigt das Bundesministerium kurzfristig eine gesetzliche Reglung vorzuschlagen, mittels derer diese Verfahren europarechtskonform zu Ende geführt beziehungsweise die Pläne im ergänzenden Verfahren geheilt werden können.

Planungsprozesse gestoppt

Etliche Städte und Gemeinden haben den Planungsprozess für Baugebiete nach Paragraf 13 b gestoppt. Manche Kommune könnte dies finanziell unter Druck setzen, wenn sie fest mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Grundstücken geplant hat. Bauwilligen geht es ähnlich. Sie hängen mitunter in der Luft, und das bei steigenden Preisen und Zinsen.

Und die Moral von der Geschicht’? Bürgermeister Bernhardt meint: „Dieses ganze Verfahren verdeutlicht die Komplexität und die stetig wachsenden Anforderungen im Spannungsfeld zwischen Stadtentwicklung und Umweltschutz. Es wird in Zukunft wohl zunehmend schwieriger sein, neue Wohngebiete im Außenbereich zu entwickeln.“

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