„Women only“

Schloss-Serenade als Besuchermagnet

Feuerwehr- und Stadtkapelle Adelsheim trifft mit dem Motto ins Schwarze

Von 
Kevin Retlich
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Die Feuerwehr- und Stadtkapelle hat eine ganz besondere Schloss-Serenade im Schlossgraben des Unterschlosses veranstaltet. © Kevin Retlich

Adelsheim. Schon bevor der erste Ton erklang, war klar, dass es eine besondere Schloss-Serenade werden würde, die die Feuerwehr- und Stadtkapelle im Schlossgraben des Unterschlosses veranstalten würde. Zusätzliche Sitzgelegenheiten mussten aufgestellt werden, um den gut 200 Besuchern im und über dem Burggraben Platz zu bieten.

Mit dem ersten Stück „Ascent to the Summit“, Aufstieg zum Gipfel, wurde bereits deutlich, dass das Motto der Serenade – „Women only“ – auch klanglich zum Ausdruck kommen würde.

Tara Islas, die Komponistin, hat sich zwar von John Williams und seinen Eröffnungsfanfaren inspirieren lassen, doch die von Islas gewählte Instrumentierung schafft es, dass der charakteristische Klang ausschließlich von Blechbläsern und Schlagwerk erzeugt wird. Tara Islas, Hornistin in der US Air Force Band, verzichtete bewusst auf die Holzbläser, um „ihrem“ Instrument, dem Horn, und dem gesamten Blechregister Raum zu geben, beim „Aufstieg zum Gipfel“ zu glänzen.

Andreas Eibner begrüßte die Gäste im Namen der Feuerwehr- und Stadtkapelle Adelsheim und führte als Conférencier unterhaltsam und informativ durch das Programm.

Respekt und Wertschätzung

Statt „Women only“ hätte das Motto der Serenade auch „Ladies first“ lauten können, wenn Suzanne Welters dies nicht als Titel für ihren Konzertmarsch gewählt hätte. „Ladies first“ steht für den Respekt und die Wertschätzung, die Frauen verdienen. Es ist eine Hymne an die Kraft, den Charme und die Leidenschaft der Frauen und erinnert daran, dass Frauen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen und dass ihre Stimmen und Talente genauso gehört und gefeiert werden sollten wie die der Männer. Der Marsch, der am Ende des Abends vom Publikum als Zugabe gewählt wurde, unterstrich dies auf eindrucksvolle Weise.

Wie sehr Frauen manchmal im Schatten stehen, zeigt das Beispiel von Julie Giroux. Sie arbeitete mit Film- und Musikgrößen wie Bill Conti, Martin Scorsese, Clint Eastwood, Madonna, Michael Jackson, Paul Newman und vielen anderen zusammen, wurde für Oscars und Emmys nominiert und ist dennoch einem breiten Publikum kaum bekannt. Dass dies ein Fehler ist, unterstrich die Stadtkapelle Adelsheim eindrucksvoll mit dem Werk „Journey through Orion“. Giroux hatte sich von Bildern des Weltraumteleskops Hubble inspirieren lassen und es sich zur Aufgabe gemacht, diese zu vertonen. Herausgekommen sind wunderbare Melodien, galaktische Klängen und kleine Anspielungen auf Raumschiff Enterprise.

In der Literatur kennt man sogenannte „Chose your adventure“-Romane. Man entscheidet beim Lesen, an welcher Stelle die Geschichte weitergehen soll. In der Musik kannte man so etwas bisher nicht. Zumindest bis Erika Svanoe auf den Plan trat und mit „Band of Heroes“ ein Werk schrieb, das das Publikum direkt mit einbezog. Die Krone der Königin war gestohlen worden. Also rief diese ihr Volk zusammen und fragte, wer bereit sei, sie zurückzuholen. Klar, dass sich die „Heldenschar“, bekannt als das Adelsheimer Publikum, auf den Weg machte und während des Stückes per Smartphone den Verlauf der Musik bestimmte. Svanoes Plan ging auf. Die Stadtkapelle begleitete die Zuhörer sicher durch das märchenhafte Land und unterstützte kräftig beim abschließenden Kampf mit dem Riesen Gurg um die Krone der Königin. – Beate Krieger hatte als Märchenerzählerin im Märchenstuhl Platz genommen und übernahm den Erzählpart.

Wenn es mitten im Sommer schneit, noch dazu in Kalifornien, dann weiß man, dass etwas nicht stimmt. So erging es auch der Komponistin Jennifer Jolley, die mitten im Sommer zum ersten Mal Schnee sah. Dieser entpuppte sich jedoch bald nicht als Schnee, sondern als Asche von Waldbränden, die in der Nähe wüteten. Für Jolley war dies unter anderem der Ausgangspunkt, um sich in ihren Kompositionen mit so unterschiedlichen Themen wie Klimawandel, #MeToo, feministischer Geschichte und den Missständen des Putin-Regimes auseinanderzusetzen. Dementsprechend erlebten die Besucher der Schloss-Serenade fragile Klangelemente, dichte, wuchernde Harmonien und vertonte Bilder, die als Kontrast des Abends zum Nachdenken einluden.

Mit „Il Cinghiale di Bronzo“ der Komponistin Kumiko Tanaka ging es anschließend in die Märchenwelt von Hans Christian Andersen. Die fesselnde Komposition erzählt die Geschichte eines armen Jungen, der auf einem lebendig gewordenen, wasserspeienden Bronzeschwein durch die verwinkelten Gassen von Florenz reitet. Ein zauberhaftes Abenteuer, inspiriert von Andersens Märchen und der zauberhaften Atmosphäre der wunderschönen Stadt Florenz, wurde von der Stadtkapelle Adelsheim auf leichte und unterhaltsame Weise dargeboten, so dass der ein oder andere sicherlich einen genaueren Blick auf die Skulpturen im Schlossgraben warf, um sich zu vergewissern, dass diese nicht zum Leben erwacht waren.

Europäische Erstaufführung

Mit dem letzten Stück, der europäischen Erstaufführung von „Unidad enRitmo“ aus der Feder von Michele Fernández, setzte die Feuerwehr- und Stadtkapelle einen besonderen Schlusspunkt. Die Komposition „Unidad en Ritmo“ entführt in die bezaubernde Welt des Afro-Latin-Jazz. Die Musik beschreibt die Verschmelzung europäischer Melodien und harmonischer Klänge mit den rhythmischen Schätzen Afrikas.

Diese faszinierende Fusion wird in vier ikonischen Stilen präsentiert: Guaguanacó, Son Montuno, Bolero und Afro-Cuban. Jeder Teil repräsentiert Aspekte des Lebens, die am besten durch Einheit, gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung der Herausforderungen, die jeder auf seine Weise erlebt, erfahren werden können.

Die Komponistin betont, dass diese musikalische und spirituelle Vereinigung ohne die tragischen Umstände der Sklaverei und das Leiden der versklavten Menschen in der Karibik nicht möglich gewesen wäre.

Man spürt die Emotionen

In einigen Stücken, wie dem Bolero und dem Afro-Cuban, spürt man die Emotionen, die durch die Betrachtung ihres Leidens geweckt werden. Dieses Werk, wie auch die anderen Stücke des Abends, stellten für die Stadtkapelle eine Herausforderung dar, die das Orchester aber annahm und meisterte.

„Komponistinnen komponieren anders“, stellte Dirigent Steffen Siegert am Ende des Abends fest. Andere Tonarten, ungewohnte Harmonien und deutlich komplexere Melodieverläufe zeichneten die Stücke der Serenade aus. Für die Stadtkapelle Adelsheim also durchaus eine Herausforderung, aber eine, die man sich im Jahr ihres 150-jährigen Bestehens bewusst gestellt hatte.

Das sahen auch die vielen Besucher so, die noch lange im Schlosshof verweilten und sich vom Verein „Adelsheim leuchtet“ bewirten ließen.

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