50 Jahre JVA Adelsheim

Jugendlichen positive Impulse für die Zukunft vermitteln

Rückblick auf die Geschichte der Einrichtung. Ministerin Marion Gentges würdigt die Arbeit

Von 
Mario Landauer
Lesedauer: 

Adelsheim. Ein Jubiläum ist üblicherweise ein Anlass für Freude und Festlichkeiten. Jedoch bekommt dieser Begriff einen bitteren Beiklang, wenn es darum geht, dass Menschen hinter Gittern leben, die aufgrund von Straftaten verurteilt wurden. Seit 1974 ist die Haftanstalt in Adelsheim in Betrieb. Anlässlich dieses Jubiläums gab es einen Festakt.

In einer sympathischen Eröffnungsrede anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Justizvollzugsanstalt Adelsheim, griff Katja Fritsche, Amtsleiterin der Anstalt, zu einem Mix aus Humor und Ernsthaftigkeit, um die Bedeutung der Arbeit innerhalb der Gefängnismauern zu unterstreichen. Mit einem anfänglichen Scherz – „ohne sie wären wir heute alle nicht hier“ –, bezog sich Fritsche augenzwinkernd auf die Insassen der Anstalt und sorgte so für eine lockere Atmosphäre unter den Anwesenden. Doch schnell schlug ihre Rede in einen ernsteren Ton um, als sie die zentrale Frage aufwarf: „Haben wir einen Grund zum Feiern?“

Neue Chance

Trotz der leichten anfänglichen Worte, machte Fritsche deutlich, dass ihr an diesem Tag nicht wirklich zum Feiern zumute sei. Der Anlass der Zusammenkunft sei schließlich ein schwerwiegender: Es gehe um die Konfrontation mit Gewalt und anderen Delikten sowie die herausfordernde Aufgabe, Menschen durch die Arbeit der Justizvollzugsanstalt auf einen Weg zurück in die Gesellschaft zu führen, der ihnen eine neue Chance bietet. Fritsches Worte legten das Gewicht der Verantwortung offen, das auf den Schultern derjenigen laste, die im Justizvollzug tätig sind, und betonten die Bedeutung ihrer Arbeit für die Resozialisierung und Rehabilitation der Insassen.

Wichtiger Beitrag

Auch Marion Gentges, die baden-württembergische Justiz- und Migrationsministerin, verdeutlichte in einer Ansprache die signifikante Rolle der Justizvollzugsanstalt Adelsheim für das Bundesland. „Einen wichtigen Beitrag für Baden-Württemberg“, so beschrieb sie den Einfluss der Anstalt, die „damals die größte und modernste ihrer Art“ gewesen sei. Gentges, die die feste Verankerung der Vollzugsanstalt in Adelsheim hervorhob, würdigte auch ausdrücklich die Arbeit des Personals, das Jugendlichen positive Impulse für die Zukunft vermittle. Bei einem Besuch im letzten Jahr habe sie sich selbst von der „guten Arbeit“ überzeugen können, insbesondere von der schulischen Bildung innerhalb der Anstalt.

Sie zitierte die Erfolge von 2023, wo „36 Gefangene ihren Hauptschulabschluss und elf Gefangene ihre Mittlere Reife“ erwarben, als Beleg für die effektive Arbeit der Einrichtung und ihres Schulleiters Jochen Knühl. Gentges sprach zudem von geplanten Modernisierungen, darunter dem Bau einer Modulküche und der Einführung einer Betreuung in Wohngruppen – Maßnahmen, die die Entwicklungschancen der Häftlinge maßgeblich verbessern sollen.

Hohe Rückfallzahlen

Das durchschnittliche Alter der Neuankömmlinge in der JVA Adelsheim läge bei etwa 20 Jahren, bedingt durch die umfangreichen „Maßnahmen, die Gerichte vor der Inhaftierung von Jugendlichen ergreifen“, so Dr. Wolfgang Stelly vom Kriminologischen Dienst Baden-Württemberg. Diese Vorgehensweise führe zu einer signifikanten Herausforderung: Angesichts einer durchschnittlichen Haftzeit von elf bis zwölf Monaten wäre es laut seiner Aussage schwierig, eine wirksame Resozialisierung zu erzielen, was sich in den hohen Wiederinhaftierungsquoten von 52 Prozent und sonstigen Verurteilungen von 31 Prozent (Stand 2019) niederschlagen würde. Zusätzlich verschärfe sich die Problematik durch ein zunehmend „problematischer gewordenes Klientel“ und das Fehlen eines Wohngruppenvollzugs sowie spezieller Ausbildungen für den Umgang mit jugendlichen Insassen. Die Abschaffung dieser erweiterten Ausbildungsprogramme für Justizvollzugsmitarbeiter aus Kostengründen kritisierte er scharf, während er betonte, dass diejenigen Mitarbeiter, die diese Ausbildung absolviert haben, deutliche Fortschritte im Umgang mit den Jugendlichen verzeichnen hätten können.

Lockerungsmaßnahmen wie Freigänge, die den Inhaftierten mehr Verantwortungsbewusstsein für ihre Handlungen vermitteln würden und eine „Orientierung nach Außen“ für das Leben nach der Haft bieten sollten, bezeichnete der Kriminologe jedoch als „vorteilhaft für den Resozialisierungsprozess“. In seinem Schlusswort äußerte Stelly seinen Wunsch, dass Inhaftierte weniger im Zuge ökonomischer Richtlinien behandelt werden sollten, sondern mehr darauf eingegangen werden solle, sie richtig wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Auftritt des Theaters Konstanz

In einem emotional tiefgreifenden und ergreifenden Theaterstück, das in Zusammenarbeit zwischen dem Theater Konstanz und Inhaftierten der Justizvollzugsanstalt Adelsheim auf die Bühne gebracht wurde, gelang ein beeindruckender Auftritt, der eindringlich darauf abzielte, die komplexe Botschaft zu vermitteln, dass „das Leben nicht immer nur geradlinig verläuft“. Diese spezielle Aufführung gab den beteiligten jugendlichen Inhaftierten eine wertvolle Plattform, auf der sie eine eigene Geschichte erzählen konnten. Dabei drehte sich das Narrativ um ihre Vergangenheit, in der sie durch kriminelle Handlungen zu Geld gekommen waren – ein Weg, den sie aus Mangel an besseren Kenntnissen und Alternativen beschritten hatten.

Doch markierte die Inhaftierung einen entscheidenden Wendepunkt in ihrem Leben. Dieses Theaterprojekt bot nicht nur eine Chance zur Selbstreflexion für die jungen Insassen, sondern auch eine Gelegenheit für das Publikum, die vielschichtigen Pfade und Umstände zu erkennen, die Menschen manchmal auf Abwege führen können.

„Knastlädle“ wird eröffnet

Ab Freitag, 15. März, soll eine neue Einrichtung die Justizvollzugsanstalt Adelsheim bereichern: das „Knastlädle“. Dieser Verkaufsladen, der sich auf dem Areal der hauseigenen Gärtnerei befindet, öffnet erstmals seine Pforten für die Allgemeinheit. Die Besucher haben dann die Gelegenheit, jeden Freitag zwischen 11 und 14.30 Uhr Produkte direkt aus der Produktion der JVA zu erwerben. Diese Initiative soll nicht nur einen Einblick in die handwerklichen Fähigkeiten der Inhaftierten bieten, sondern auch den Brückenschlag zwischen der Institution und der lokalen Gemeinschaft fördern.

Persönliche Rede

Ein weiterer Redner der Veranstaltung war der Bürgermeister von Adelsheim, Wolfram Bernhardt, der in einer persönlichen Rede über seinen Großvater erzählte, der als Lehrer bereits vor Jahren für die JVA Adelsheim tätig war.

Wissenswertes zur JVA

Gründung: Mit 400 Haftplätzen für männliche Jugendstrafgefangene; von Anfang an mit Unternehmensbetrieben, gegliederter Schule, Turnhalle und zwei Sportplätzen.

Ausbildungsbetriebe: Zwei Jahre nach Eröffnung fertiggestellt.

Externe Ausbildungsplätze: Seit 1978 bis zu 25 Plätze.

Außenstellen: Gerichtsgefängnisse in Tauberbischofsheim (bis 2004) und Mosbach mit Platz für 17 Freigänger.

Untersuchungsgefangene: Seit 1981 ein Haus mit 50 Plätzen reserviert.

Erweiterungen: 1983 zwei Behelfsbauten gegen Überbelegung; Haus G3 („Just Community“) und Haus G4 für Berufsschulunterricht.

Sanierungen: Seit 1989 laufend.

Drogenberatung: Seit 1991 stationäre Mitarbeit der Drogenberatung Baden-Württemberg.

Wohngruppenprojekte: „Just Community“ (1994), Kooperationen für Wohngruppenvollzug seit 2015.

Sozialtherapeutische Abteilung: Ab 1997 für Sexual- und Gewalttäter mit 24 Plätzen.

Überbelegung und Erweiterung: Erneute Überbelegung ab 1999, Bezug eines Hafthauses Q mit 48 Plätzen im Jahr 2003.

Jugendstrafvollzug in freien Formen: Ab 2004 mit Projekt Chance und Seehaus Leonberg.

Projekte für psychisch auffällige Gefangene: Recreation (seit 2017), stabil (seit 2022), und „your future“ seit 2021 zur Vorbereitung auf externe Suchttherapien. mal

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten