Adelsheim. In diesem Jahr kann die Stadt Adelsheim das Jubiläum „650 Jahre Stadtrecht“ begehen. Anlass für die FN, in zwei Teilen auf die Geschichte der Baulandstadt zu blicken.
Die Erhebung zur Stadt erfolgte am 10. Dezember 1374, als Kaiser Karl IV. den Brüdern Johannes und Götz sowie ihren Vettern Zeisolf, Friedrich und Conrad, „um treuer Dienste willen die Ihm und dem Reiche geleistet“, auf der Kaiserburg zu Nürnberg „für ihre Veste zu Adoltzheim und alle die darin wohnen“ das Stadtrecht verlieh.
Mittelpunkt des Territoriums
Im Zuge dieser Stadtrechtsverleihung privilegierte Kaiser Karl V. den Mittelpunkt des kleinen Territoriums im Fränkischen Reichsritterkreis mit Jahrmärkten, Gerichtsstand und weiteren bedeutenden Konzessionen unter dem Schutz von Kaiser und Reich. Die Freiherren von Adelsheim wurden zu einem großen und bedeutenden Geschlecht, gehörten dem Fränkischen Reichsritterkreis „Kanton Odenwald“ an, in dem sie eine gewichtige Rolle spielten.
Sie begleiteten hohe Ämter in kurpfälzischen wie auch in kurmainzischen Diensten. 1422 wurde ihnen auf dem Reichstag zu Nürnberg durch König Sigismund das Adelsheimer Wappen bestätigt, „ein Schild mit weißem Feld und darin ein schwarzes Steinbockshorn, darüber ein Helm und über dem Helm eine Jungfrau mit gelben Zöpfen“. Das Steinbockshorn ist auch heute das offizielle Wappen der Stadt Adelsheim.
1504 lässt Sebastian von Adelsheim, „Churmainzischer Amtmann zu Krautheim“ (1470 – 1512), zusammen mit seiner Frau Ursula von Rechberg das Oberschloss im fränkischen Fachwerkstil mit einem mächtigen Torbogen am Südeingang der Altstadt errichten. Das Oberschloss bildet mit dem großen Innenhof und den Neben- und Wirtschaftsgebäuden bis heute ein geschlossenes historisches stadtprägendes Ensemble und kann ebenfalls in diesem Jahr seinen 520. Geburtstag feiern.
Am Erker des Schlosses hält das Wappenmännchen ein Allianz-Wappen – bis heute ein Wahrzeichen der Stadt und Hinweis für seine reichsritterliche Vergangenheit. Das Wappen zeigt das Steinbockshorn für den Erbauer des Schlosses sowie das Wappen seiner Frau, die springenden Löwen derer von Rechberg, ferner das Wappen von Sebastians Großeltern, die roten Beile derer von Stetten und das geteilte Schachbrett der Herren von Lentersheim.
Der Torturm unweit des Schlosses wurde 1826 im Zuge der Stadterweiterung abgebrochen. Die Zeit um 1500 war besonders für die Herren von Adelsheim wie auch für ihre Stadt „eine Epoche höchster Geltung und Blüte“. Umgeben von Kurmainz, Kurpfalz, Würzburg, Hohenlohe und den adligen Berlichingen, Rüdt, Gemmingen und Stetten war Adelsheim Mittelpunkt eines kleinen Reichsritterterritoriums im Fränkischen Reichsritterkreis „Kanton Ottenwald“ von erheblicher Bedeutung.
Teilweise hatten die Freiherren Besitzungen als Eigentum oder Lehen unter anderem in Wachbach bei Bad Mergentheim, Edelfingen, Pfedelbach, Altheim, Laudenberg, Oberschefflenz, Sennfeld sowie etwas später auch am Neckar sowie am Mittelrhein in Lorch, Nassau und Lahnstein, als Juliane von Stein durch die Vermählung mit Christoph Albrecht (1630 – 1707), kurpfälzischer Amtmann zu Stromberg, einigen Besitz am Mittelrhein in diese Ehe eingebracht hat.
Kirche erbaut
1489 lässt Martin von Adelsheim, kurmainzischer Amtmann von Amorbach, Miltenberg und Krautheim, somit zuständig für die Mainzer Territorien südlich des Mains und östlich des Neckars, die spätgotische Jakobskirche erbauen. Die eindrucksvollen Grabdenkmäler in der Jakobskirche spiegeln in besonderer Weise die Bedeutung des Adelsheimer Geschlechts als Träger hoher und höchster Ämter in Verwaltung, Militär und Kirche wider.
Als ein Zeuge bewegter Jahre kann das alte Rathaus gelten. Bei der Planung für ein neues Verwaltungsgebäude unter Bürgermeister Peter Hütt wurde sehr kontrovers diskutiert. Mit dem Einzug in den neu entstandenen Rathauskomplex in den Jahren 1999/2000 ist man letztendlich eine Symbiose eingegangen, Altes mit Neuem zu verbinden und daraus eine moderne Verwaltungszentrale zu schaffen, was aus heutiger Sicht hervorragend gelungen ist.
So hat man, neben der über 500 Jahre alten kunsthistorisch bedeutenden Jakobskirche, den freiherrlichen Schlössern sowie der barocken Stadtkirche mit dem 1619 im fränkischen Fachwerkstil erbauten Gasthaus „Zum güldenen Hirschen“, dem späteren Rathaus, ein weiteres besonderes Juwel in der Stadt erhalten können. Nutzung und Funktion dieses über 400 Jahre alten Denkmals offenbart anschaulich Wandel und Entwicklung in dem Städtchen vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zur Gegenwart.
So hat das Haus in seiner langen Geschichte kriegerische und friedliche Zeiten erlebt, Freude und Leid, Seuchen, Hungersnöte und Brände, immer wiederkehrende Hochwasser in der Seestadt sowie gewaltige gesellschaftliche Veränderungen, vom einstigen bäuerlichen Kleinstädtchen mit ländlichen Traditionen bis hin zum Bezirksamtsstädtchen von zentraler Bedeutung.
Wer zog an diesem an der bedeutenden Durchgangsstraße von Böhmen, Sachsen und Franken nach Speyer, Worms, und Heidelberg gelegenen Haus nicht alles vorbei? So berichtet Hans Rückert im Heimatkalender „Unser Land“ von 2002 von vielen historischen Passanten, wie von Kurfürst Friedrich von der Pfalz, dem unglücklichen „Winterkönig“, der 1619 dem Ruf der böhmischen Stände nach Prag folgte; dem Romantiker Joseph von Eichendorff 1807 auf dem Weg nach Heidelberg; und von den Kutschen mit dem 1849 aus Frankfurt nach Stuttgart flüchtenden Rumpfparlament der Nationalversammlung. Miterleben durfte das Gebäude auch 1909 den Besuch Kaiser Wilhelms II. beim Kaisermanöver im Bauland. Dieses dominante Haus wurde von Gastwirt Andreas Schleud als Gasthaus „Zum güldenen Hirschen“ mitten in der 1374 von Kaiser Karl IV. zur Stadt erhobenen Gemeinde an der bedeutenden Durchgangsstraße von Böhmen, Sachsen und Franken nach Heidelberg, Worms und Speyer im Jahre 1619 erbaut. Es gehörte schon Mut dazu, zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges ein solches Projekt zu verwirklichen. Aber der Mut des Erbauers wurde belohnt, war doch das Gasthaus mehr als 200 Jahre kaiserliche Poststation und somit Herberge und Raststätte für Reisende, Pilger und Händler.
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