Adelsheim. Sie sind wieder offen, die Tore von Schlosspark Adelsheim für eine der markantesten und eigenständigsten Ausstellungsformen, die das Kunstdeutschland zu bieten hat. Die beiden Künstler Louis von Adelsheim und Karl Anton Koenigs laden zu einer Sinnes- und Geisteserfahrung „Emergency Exit“.
Was es damit auf sich hat, wurde den Besuchern der Vernissage am Freitag in einer engagierten und hingebungsvollen Ansprache vom Hausherrn deutlich gemacht.
Magische Spannung
Es soll im diesjährigen „Adelsheim leuchtet“ um nicht weniger als um Alles gehen. Zentraler Punkt, um den die gesamte Installation kreist, ist eine überraschend echt wirkende Raketennachbildung im Schlosspark. Passend dazu wird die Schlossfassade selbst durch eine der meisterlichen Laserprojektionen in eine Weltraumszene getaucht, belebt von Astronauten, die Schwerelosigkeit suggerieren und den Ausstellungs-Besucher in eine magische Spannung zwischen Erde und Space und zwischen Historie und Zukunftsvision versetzen.
Als Astronaut verlässt der Mensch freiwillig und kurzzeitig die Erde – das Gedankenspiel einer erzwungenen Erdenflucht nimmt „Emergency Exit“ auf, hier wird die Rakete zur Notfall-Lösung, wenn ein Dasein auf der Erde für uns Menschen einmal nicht mehr möglich sein sollte.
Das biblische Urbild der Arche Noah wird aufgegriffen: die Rakete Noah ist die zeitgenössische Entsprechung. In ihr sollen die DNA aller Lebewesen und das Wissen der Menschheit im schlimmsten Zerstörungs-Falle den Planeten verlassen und – wenn die Erde wieder gesundet ist – nach Adelsheim zurückkehren.
Bei allem Ernst und tiefer Sorge um den Gang der globalen Dinge, die der Künstler zum Ausdruck brachte, schnell wurde deutlich: das Prinzip des Spiels, der sinnlichen und assoziativen Erfahrbarkeit des Kunstwerks und die individuelle Anwendung des surrealen Ansatzes sind auch im diesjährigen „Adelsheim leuchtet“ kennzeichnend für die ganz spezielle Ausstrahlung dieser Ausstellungsreihe.
Hoch erfreut darüber zeigten sich darüber auch die Grußwortredner. Der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk brachte seine Dankbarkeit dafür zum Ausdruck, dass der besondere Bezug zur Heimat hier diesen charakteristischen Ausdruck gefunden hat, der vielfältiges Auslösen zum Nachdenken möglich macht.
Landrat Dr. Achim Brötel freute sich, wieder bei seinem „Lieblingsbaron“ zu sein und sprach von dessen bisher „politischter“ Ausstellung. Er würdigte auch die Bedeutung des Ehrenamts in Zusammenhang mit der Ausstellung, die ohne den Einsatz zahlreicher engagierter Mitglieder des Vereins „Adelsheim leuchtet e.V.“ so nicht möglich wäre.
Dem Bürgermeister von Adelsheim, Wolfram Bernhard, war deutlich anzumerken, wie sehr er selbst im Einklang mit den Aktivitäten rund um „Adelsheim leuchtet“ in Einklang ist – der Humor seines Vortrags zeugte davon. Er freute sich auch, von dem neuen Stipendium „Artists in Residence“ zu berichten, das die Stadt gemeinsam mit dem Verein „Adelsheim leuchtet e.V.“ ins Leben gerufen hat.
Louis von Adelsheim ging in seiner eigenen Ansprache auf die meisten Stationen des Ausstellungsrundgangs kurz ein. Auch wenn die Themen eine weite Spannbreite aufzeigen, so ist ihnen doch gemeinsam, dass sie alle Bezug zum Status des modernen Menschseins, der globalen Situation haben, dass sie schwierige Fragen beleuchten.
Da ist der Krieg, die Umweltzerstörung, es geht um den Punkt der Überforderung durch digitale Überflutung. An einer Station wird der Besucher mit dem herausfordernden Themenbereich des Kindesmissbrauchs konfrontiert.
Doch bleibt sich das Team von „Adelsheim leuchtet“ treu und hat ein Gesamtkunstwerk erschaffen, das wohl zu erreichen vermag, was Louis von Adelsheim als Ziel verkündet. Es geht nicht darum, mit dieser Kunsterfahrung die äußere Welt unmittelbar zu verändern, sondern die Erfahrung positiver Werte zu stärken – er sprach dabei von Freundschaft und Liebe.
Dazu soll auch eine Station beitragen, die auf eigene Weise zum Leuchten gebracht werden kann und am Eröffnungsabend bereits stark frequentiert wurde: ein marokkanisches Königszelt soll der Meditation ebenso dienen wie Platz für die „Silent Disco“ schaffen – wer mag, kann sich dort niederlassen und per Kopfhörer stiller Musik oder auch Naturklängen lauschen und die eben erlebte Kunsterfahrungen nachwirken lassen. Denn es erzeugt sicher heftige Eindrücke, wenn man sich auf die Botschaften in der „Aussegnung des Wahnsinns“, der „Kriegskiste“ oder im „Dinner maritim“ einlässt.
Louis von Adelsheim und Karl Anton Koenigs haben gemeinsam mit dem technischen Team um Stefan Krenger und Roland Deutsch dabei aber eine ganz eigene Sprache der Kunst gefunden, die der Betrachterin, dem Betrachter, einen Weg aufzeigt, intensiv berührt, aber nicht umgeworfen zu werden.
Die Ausstellung fasziniert auch in technischer Hinsicht, denn die Lichtinstallationen variieren wieder von Fassaden- bis Bildschirmgröße und beeindrucken sowohl durch technische Exaktheit wie durch ihre visuelle Ausdruckskraft und eigene Charakteristik.
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