Mannheimer Landgericht - Schweizer Großbank zahlt knapp vier Millionen Euro / Beweise für Beihilfe zur Steuerhinterziehung fehlen

UBS-Prozess endet abrupt

Von 
Walter Serif
Lesedauer: 
Das Logo der Schweizer Großbank UBS. Das Hauptverfahren wird wahrscheinlich noch diese Woche eingestellt. © dpa

Mannheim. Das Hauptverfahren gegen die Schweizer Großbank UBS vor dem Mannheimer Landgericht wird diese Woche eingestellt. Die UBS zahlt nach der außergerichtlichen Einigung knapp vier Millionen Euro in die deutsche Staatskasse. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem schließlich doch abrupten Prozessende vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer.

Warum wird das Hauptverfahren gegen die Schweizer Großbank UBS jetzt eingestellt?

Während des Prozesses, der am 16. Mai 2019 startete, konnte die Mannheimer Staatsanwaltschaft nicht die notwendigen Beweise auf den Tisch legen. Deshalb musste sie den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung fallen lassen.

Woher kommt der Verdacht, dass die UBS Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben soll?

Die UBS Deutschland mit Sitz in Frankfurt soll es deutschen Kunden zwischen 2001 und 2012 ermöglicht haben, über eine zweite Bankleitzahl ihr Geld in die Schweiz zu transferieren. Die Transfers wurden in Frankfurt nicht überwacht, durch die zweite Bankleitzahl entstand der Eindruck, es handele sich um Inlandsüberweisungen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Mannheim war das ein perfektes Instrument zur verschleierten Steuerhinterziehung, bei der die UBS Beihilfe geleistet habe. Dass die Schweizer Großbank beileibe kein weißes Schaf war, ist bereits aktenkundig. 2014 verhängte das Landgericht Bochum in einem spektakulären Prozess nach einem Deal der Staatsanwaltschaft mit der Verteidigung ein Bußgeld von mehr als 300 Millionen Euro gegen sie. Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Warum hat es dann noch einen zweiten Prozess in Mannheim gegeben – die UBS hat doch damals schon alles gezahlt?

Das kritisierten auch die Frankfurter Staranwälte Hanns W. Feigen und Bernd Groß, die die UBS schon in Bochum vertraten und sich deshalb in Mannheim wie im falschen Film vorkamen. Ihre Mandantin hatte in Bochum die hohe Geldbuße in der Annahme gezahlt, dass dadurch jegliche Haftung des UBS-Konzerns als Ganzes erlischt. Der Mannheimer Oberstaatsanwalt Thomas Pfeiffer brachte den zweiten Prozess mit einem auf den ersten Blick genialen Schachzug in die Quadratestadt: Er erklärte, die Bochumer Kollegen hätten den Vergleich nur mit der Schweizer UBS-Zentrale geschlossen – dieser gelte aber nicht für die UBS Deutschland AG, gegen die die Mannheimer Staatsanwaltschaft schon seit 2012 ermittele. Und weil es diese nicht mehr gebe, würde nun die UBS Europe SE, die ebenfalls in Frankfurt sitzt, als deren Rechtsnachfolgerin in Mannheim verklagt. Pfeiffer konnte mit dieser Argumentation immerhin den Vorsitzenden Richter Ulrich Bunk überzeugen, das Hauptverfahren zu eröffnen.

War nicht von Anfang an klar, dass die Beweise fehlten?

Nein, das stellte sich erst im Laufe des Verfahrens heraus. Die Ankläger in Bochum konnten immerhin auf zahlreiche Steuer-CDs zurückgreifen, die das Land Nordrhein-Westfalen 2012 aus geheimen Quellen in der Schweiz gekauft hatte. Deshalb war die Beweislast erdrückend. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft verwies dagegen beim Prozessauftakt auf die eigenen Ermittlungen, die sich auf die Zeit zwischen 2001 und 2012 beziehen würden. Deren Qualität bezweifelten Feigen und Groß aber von Anfang an. Pfeiffer nannte damals zwei Fälle: Bernhard S. aus Mannheim und Andreas K. aus München. Der Mannheimer soll 660 000 Euro in der Schweiz als Schwarzgeld gebunkert haben. Feigen dazu: Beide hätten normale Namenskonten besessen, die Kontoauszüge seien nach Deutschland an ihre Adressen geschickt worden. Die Staatsanwaltschaft habe 21 Verdächtige ermittelt, bis heute sei keiner verurteilt worden. Bochum, so Feigen, habe ordentlich gearbeitet, Mannheim aber nicht. „Wir werden das alles beweisen“, versprach Pfeiffer damals. Ein Versprechen, das er nie einlösen konnte. Es gab keine Haupttäter und damit auch logischerweise auch keine Haupttat.

Um wie viel Geld ging es denn anfangs in Mannheim?

Die Summen waren niedriger als in Bochum, das Verfahren lief aber nach demselben Muster ab. Die Anklage beantragte die Festsetzung einer Unternehmensgeldbuße, mit der die Großbank für das Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter mit einer Million Euro bestraft werden sollte. Zusätzlich wollte die Mannheimer Staatsanwaltschaft den Gewinn, den die UBS angeblich aus der Beihilfe zur Steuerhinterziehung erzielte, abschöpfen. Dieser belief sich nach ihren Berechnungen auf 82 Millionen Euro. Die UBS hätte also 83 Millionen Euro zahlen müssen.

Warum zahlt die UBS doch etwas, wenn es keine Beweise gibt?

Vielleicht wollte sie die Sache einfach vom Tisch haben, die UBS hat noch einen Prozess am Hals, bei dem es in Frankreich um 3,7 Milliarden Euro geht. Da sind die knapp vier Millionen Euro in Mannheim ein Klacks dagegen. Zumal dies nicht mit einem Schuldeingeständnis verbunden ist. Die UBS zahlt jetzt dafür, dass sie aus einer Fahrlässigkeit heraus zum Nutznießer einer möglichen Straftat (Steuerhinterziehung) ihrer deutschen Kunden wurde. Sie hat ja diese an die Schweizer Zentrale vermittelt und dafür Provisionen eingestrichen. Die Gewinnabschöpfung erfolgt nach Paragraf 73b Strafgesetzbuch, weil die UBS selbst an der Straftat nicht beteiligt war, anders als bei der Unternehmensgeldbuße nach Paragraf 30 Ordnungswidrigkeitengesetz. Die UBS kommt deshalb recht glimpflich davon.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen