Mozartfest - Eröffnungskonzert im Kaisersaal der Würzburger Residenz

Eine starke bildlich-poetische Mitteilungskraft entfacht

Von 
Klaus Linsenmeyer
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Mit einem Konzert im Kaisersaal der Würzburger Residenz wurde am Freitag das Mozartfest eröffnet. © Diana Seufert

Oberbürgermeister Christian Schuchardt eröffnete am Freitag im Kaisersaal der Residenz das diesjährige Mozartfest, welches mit seinem vielfältigen Programm das Interesse der Mozartfreunde erwecken wird. Viel Prominenz war geladen. Die Camerata Salzburg, das Schumann Quartett mit Erik Schumann, Violine, Ken Schumann, Violine, Liisa Randalu, Viola und Mark Schumann, Violoncello, sodann die Klarinettistin Annelien Van Wauwe und Dirigent Hartmut Haenchen riefen gleich mit der eingangs gespielten Sinfonie C-Dur KV 2o8/102 „Il re pastore“ von Wolfgang Amadeus Mozart die Aufmerksamkeit der Zuhörer hervor.

Kurzweilige Sinfonie

Diese kurzweilige Sinfonie ist eine Rarität, die Haenchen in der Gestalt, in der sie heute erklingt, wiederentdeckt und zum Mozartfest mitgebracht hat. Bereits hier markierte der Dirigent selbstbewusst seine Interpretationsvorstellungen als ein Mann mit ausgreifendem Künstlerprofil. Wie mit der abschließenden Jupiter-Sinfonie Nr. 41 C-Dur KV 551 gelang ihm eine Darbietung aus einem Guss in vital ausgeführten Tempi, durchsetzt mit starken Forte-Akzenten, die elektrisierend auf die Zuhörer wirkten.

Auf die musikalische Entdeckungsreise nahm Haenchen das Publikum spontan mit und durchkämmte schroffe und liebliche Landschaften als ein unverzärteltes Mozartbild. Mit dem Verständnis für die bildlich-poetische Mitteilungskraft, die unter scheinbar floskelhaften Spielfiguren steckt, unterstrich der Dirigent erlebbar die Erfahrungen, die einem komponierenden Zeitgenossen ausrufen ließen, „dass dieser Knabe der größte Mann ist, welcher dermalen in der Welt lebt“. Mit einem kerngesunden Pulsschlag steuerte Haenchen kühn die imposanten Ereignisse jener letzten Sinfonie des Salzburger Meisters durch die Seiten der Partitur. Befeuernd regulierte der Maestro vom Dirigentenpult aus den musikalischen Verkehr, bei dem es nirgendwo zum Stau kam. Radikal und ohne Schmerzen betonte er die Wiedergabe der gestisch-theatralischen Ausdruckspotenz, bei der Phrasenwiederholungen nicht einfach nur dupliziert, sondern dynamisch stark kontrastiert durchweg als Dialoge inszeniert wurden. Die kontrapunktischen Finessen der Jupiter-Sinfonie offenbarten in Haenchens brillant entfachtem Feuerwerk ihre Genialität.

In der Mitte des Programms stand das Kammerkonzert für Klarinette, Streichquartett und Streichorchester des Münchner Komponisten Karl Amadeus Hartmann, ein Opus aus den dreißiger Jahren. Hartmann war der Begründer der Münchner Musica-Viva-Konzerte, in denen damals zeitgenössische Musik noch nicht unter den Wehen schmerzhafter Dissonanzen-Orgien oder unter skorbutischem Mangel an Vitamin C, um es medizinisch zu vergleichen, gelitten hat.

Hochexpressiv erklingt da eine Musik, die nichts mit einem atonalen Schmierfinken zu tun hat, also die Umwelt musikalisch nicht verschmutzt. Hartmann, dieser gemeinhin „letzte große Sinfoniker“, hätte es verdient, im Konzertsaal häufiger präsent zu sein. Auf dem Plattenmarkt indessen ist er glücklicherweise gut vertreten. Durch sein Studium bei Anton Webern und die geistige Verbindung zu Alban Berg ist er in die Nähe der Wiener Schule angesiedelt. Ausdrucksvoll in leisen melodischen Bewegungen und stark in eruptiven Ausbrüchen vernimmt man samt farbenreicher Orchestrierung rhythmische Attacken im Geiste Bela Bartoks sowie impressionistische und dezent romantische Impulse, die den Neutöner Hartmann in einem gemäßigten Licht erscheinen lassen.

Keine schrägen Akkorde

Keine grell lärmenden oder zuhauf schrägen Akkorde beleidigen das Ohr. Nur da und dort brechen dissonante Zusammenklänge aus dem Kontext hervor, die aufrüttelnd eine Musik widerspiegeln, die spürbar aus dem Herzen kommt. Hartmann gibt sich als Ausdrucksmusiker, der selten den Boden der Tonalität verlässt, begriff er sich doch als Tonsetzer aus dem Geiste der Romantik. Unglaublich virtuos und intonationsreich in vielen Schattierungen meisterte die niederländische Klarinettistin Van Wauwe die differenzierten Facetten dieser beeindruckenden Komposition.

Ein Konzertabend, der nachhaltige Eindrücke hinterlassen und die Zuhörer zu starkem Beifall hingerissen hat.

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