Zur Not CSU

Ralf Müller analysiert den Parteitag der CSU: Die drohende Zersplitterung des Landtags könnte der Partei Auftrieb geben

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Ralf Müller
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In Phasen großer Bedrängnis kehrt die CSU stets zu jener Geschlossenheit zurück, die auch von ihr selbst gerne als „legendär“ bezeichnet wird. Und derzeit ist sie sehr bedrängt, die CSU. Es wäre zwar nicht das erste Mal, dass sie bei einer Landtagswahl die absolute Mehrheit verliert. 2008 ist das schon einmal passiert. Aber eine Drei vor dem Wahlergebnis lag bisher außerhalb des Vorstellungsvermögens christsozialer Parteigänger.

In solchen Situationen läuft die CSU-Basis zu großer Form auf. Viele haben viel zu verlieren, wenn man die Macht mit einer oder gar zwei anderen Parteien teilen müsste. Es entspricht deshalb durchaus der Realität, wenn die ehemaligen Vorsitzenden Edmund Stoiber und Erwin Huber eine „Jetzt-erst-recht-Stimmung“ in ihrer Partei beobachten. Da wachsen auch Personen und Teile zusammen, die nicht zusammen gehören, wie etwa Parteichef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder.

Das „querulatorische Image“, dass der Politikforscher Werner Weidenfeld der CSU bescheinigte, soll vergessen gemacht werden. Mehr als Jubel, das Beschwören eigener Erfolge und das Aussparen heikler Themen war deshalb vom Parteitag am Wochenende in München nicht zu erwarten.

Klar gemacht wurden nochmals die Grundlinien des CSU-Wahlkampfs: Mit einer Koalition wird nicht geliebäugelt, die Rechtspopulisten werden entschieden bekämpft. Dem Wähler werden die Folgen von Instabilitäten drastisch vor Augen geführt. Das schlimmste Szenario, das die CSU beschwört: Sollte sie nicht mehr (allein) regieren, droht der wirtschaftliche und gesellschaftliche Abstieg der selbst ernannten Nummer eins unter den Bundesländern auf das Niveau von Berlin und Bremen.

Die letzte Umfrage, die sage und schreibe sieben Parteien im bayerischen Landtag sieht, könnte tatsächlich noch ein paar Prozentpunkte für die CSU mobilisieren. Denn die Aussicht auf ein derartig zersplittertes Parlament missbehagt auch jenen, die nur zu gerne die CSU unter der 40-Prozent-Marke sehen würden. Ursache dafür ist das Zerbröseln der (ehemaligen) Volkspartei SPD. Eine stabile Mehrheit außerhalb der CSU ist nicht zu erreichen, wenn eine 35-Prozent-Partei einer Ansammlung von Fünf- bis 15-Prozent-Parteien gegenübersteht. Wechsel ja, Destabilisierung nein. In so manchem Fall könnte das bedeuten: Doch lieber wieder CSU.

Korrespondent