Trotz seiner 71 Jahre gehört Steven Spielberg noch immer zu den produktivsten Filmemachern Hollywoods. In den 70er Jahren wurde er mit Filmen wie „Der weiße Hai“ und „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ als Wunderkind gefeiert. In jene Zeit kehrt er nun mit seinem neuen Film „Die Verlegerin“ zurück. Ein politisch höchst brisanter Film über Geheimdokumente der US-Regierung, mit deren Veröffentlichung die Pressefreiheit angegriffen wurde. Spielberg bewies schon mit „Schindlers Liste“, „München“ und „Bridge of Spies“, dass er nicht nur das Blockbuster-Kino bedienen will.
„Die Verlegerin“ ist ein Plädoyer für die amerikanische Pressefreiheit, weil Spielberg Parallelen zwischen der angespannten Situation zwischen Presse und Präsident von 1971 und heute sieht. „Zwei Präsidenten, die den Massenmedien den Krieg erklären. Nixon hatte damit keinen Erfolg, und letztendlich musste er sogar zurücktreten. Ich denke, dahingehend müssen wird uns alle nochmals mit dem, was wir in den letzten Monaten erlebt haben, auseinandersetzen“, meint Spielberg, der mit seinen Hauptdarstellern – Meryl Streep in der Rolle der damaligen Verlegerin der Washington Post, Katherine Graham, und Tom Hanks als ihr Chefredakteur Ben Bradlee – nach Paris kam, um den Film zu bewerben.
Und er führt weiter aus: „Die Presse muss heute noch härter kämpfen, denn sie steht weit mehr unter Beschuss als noch in den 70ern. Im Wesentlichen muss sie dabei um die eigene Würde kämpfen, um der Öffentlichkeit die Wahrheit zu sagen.“ Dafür unterbrach die Hollywoodlegende die Vorbereitungen seines nächsten Kinokrachers „Ready Player One“ (ab 5. April im Kino), denn er sah eine gewisse Notwendigkeit, der „Verlegerin“ den Vorrang zu geben. Es habe ja etwas sehr Ungezwungenes, einen Science-Fiction-Film zu drehen, weil man keinen Regeln unterstellt sei und nur der eigenen Fantasie folgen müsse. Als Steven jedoch las, was 1971 zwischen dem damaligen Präsidenten Nixon und der Presse vorfiel und wie sich „eine Frau, Katherine Graham, in einer damals von Männern dominierten Gesellschaft behaupten musste“, sah er „sofort eine hohe Relevanz.“
Spielberg wagte 1971 mit 24 Jahren seine ersten kleinen Schritte im großen Filmgeschäft. Dabei reizte ihn das Traumkino mehr als die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen der ‚New Hollywood’-Generation von damals. Nach Abenteuerfilmen wie „Jäger des verlorenen Schatzes“ und Science-Fiction-Märchen wie „E.T.“ wollte er auch andere Filme jenseits des Blockbuster-Kinos drehen. In Filmen wie „Schindlers Liste“, „München“ und „Bridge of Spies“ setzte er sich vor allem mit der Vergangenheit auseinander.
„Es ist für mich sehr anregend, Filme mit einem historischen Hintergrund zu realisieren. Dieses Genre empfinde ich heute sogar als anregender als das, mit dem ich gewöhnlich in Verbindung gebracht werde, wenn es um unglaubliche Träume geht, die sich auf die Leinwand zaubern lassen“, so Spielberg. Für ihn sei „Die Verlegerin“ auch deshalb eine willkommene Reise in die Vergangenheit, um den heutigen Zuschauern zu zeigen, wie vor über 40 Jahren noch Zeitung gemacht wurde. Spielberg macht es „eine große Freude, zu präsentieren, welches Handwerk damals noch dahintersteckte, eine Zeitung überhaupt drucken zu können.“ Heute sei das weit weniger kompliziert. Mit 71 ist er in einem Alter, in dem er sich zurückziehen könnte. Aber daran ist nicht zu denken: „Mein Enthusiasmus und meine Energie werden von der gleichen Sache angeregt, die wahrscheinlich auch Ben Bradlee, den damaligen Chefredakteur der ,Washington Post’, jeden Morgen aufstehen ließ.“ Dem Filmemacher zufolge kam es Bradlee auf eine gute Story an, mit der er Aufsehen erregen konnte. Dafür habe er alle Verbindungen genutzt, um diese Story zu finden und zu veröffentlichen. „Was mich zum Brennen bringt, ist genau das Gleiche, denn alles, was ich brauche, ist eine gute Story. Damit fühle ich mich wieder 20 Jahre jünger. Jetzt fühle ich mich wieder wie mit 50“. Markus Tschiedert
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