Wer Comedian Atze Schröder, oder den "großen Unbekannten" hinter der beliebten Figur, immer noch als "machistoiden Proll" ansieht, der täuscht sich: Längst hat das Ruhrpott-Schandmaul eine scharfe Beobachtungsgabe entwickelt, mit der er gesellschaftliche Strömungen aufs Korn nimmt, ohne jedoch seinen krachenden Humor gegen allzu viel Feinsinn eingetauscht zu haben. "Schmerzfrei" heißt das aktuelle Programm von Atze Schröder, mit dem er am Freitag, 26. Oktober, in der Würzburger S. Oliver Arena auftritt. Im Interview spricht der Künstler über seine aktuelle Tour und über seine besondere Beziehung zum Würzburger Stadtoberhaupt.
Herr Schröder, als Sie zum letzten Mal in Würzburg waren, haben Sie sich im Hörfunk vorgestellt als "Ich bin der mit derselben Frisur wie Euer Bürgermeister". Laden Sie OB Rosenthal in die Show im Oktober ein?
Atze Schröder: Der Schorschi! Der Herr Rosenthal, na klar, ein feiner Kerl ist das. Ich denke, dass er wieder da ist. Schließlich hat er gesagt, er sei ein Fan von mir. Und ich glaube ihm das auch. Wenn man so gut aussieht wie er, dann spricht das freilich für ihn.
Ihr neues Programm heißt "Schmerzfrei", was doppeldeutig zu verstehen ist. Wie soll man es verstehen?
Schröder: Als Parodie auf den Zeitgeist. Vielen Leuten ist heute alles ziemlich egal. Wenn man sich das Programm auf RTL am Nachmittag anschaut, dann merkt man das. Oder neulich in Nürnberg, da stand auf einem Schild bei einem Bäcker "Coffee to go" und daneben "Jetzt auch zum Mitnehmen". Es denkt anscheinend niemand mehr groß darüber nach, was er so verzapft. Und wer völlig schmerzfrei ist, der lacht und tanzt auch nicht mehr, und das ist doch blöd.
Sie bauen Ihr Publikum am Ende aber wieder auf?
Schröder: Auf jeden Fall. Die größte Form der Schmerzfreiheit ist ja der Tod, und am Ende meiner Show trifft Atze ja auf den Tod in Persona und diskutiert mit ihm darüber, dass man eben nicht in diesem Sinne schmerzfrei sein soll.
Ist der Mann hinter der Figur Schröder auch manchmal in dem Sinne schmerzfrei?
Schröder: Glücklicherweise nicht. Ich versuche immer neugieriger durchs Leben zu gehen. Und das ist jetzt auch kein "Geschleime": Mir macht mein Job von Jahr zu Jahr mehr Spaß. Das ganze Tourleben, abends auf der Bühne zu stehen. Ich freu mich ehrlich schon nachmittags auf den Abend.
Sie geben auf der Bühne ja gut zwei Stunden lang Vollgas und sind völlig auf sich alleine gestellt. Wie schaffen Sie es, auch an einem miesen Tag diese Power wieder aufzubauen?
Schröder: Ich kann noch so lustlos sein, das ändert sich bei mir gottseidank schlagartig, wenn ich die Bühne betrete. Kürzlich hatte ich vor einem Auftritt in Köln mit Fieber zu kämpfen. Aber als ich dann oben stand, war das wie weggeblasen.
Sie haben sich ja schon längst von der eindimensionalen Proll-Gag-Schau verabschiedet und sind mittlerweile geradezu gesellschaftspolitisch. Was bringt Sie derzeit so auf die Palme, dass Sie nicht umhin können, es durch den Kakao zu ziehen?
Schröder: Da geht es mir wie Euch Journalisten, die sich ja auch täglich etwas einfallen lassen müssen. Aber im Moment sind es die alltäglichen Aufreger, wie die Kirche, die sagt, was man machen darf und was nicht. Und natürlich Christian Wulff. Oder wenn eine Fußballmannschaft wieder mal einen großen Erfolg gefeiert hat, dann würde ich mir drei Spieler herausnehmen und mir die vornehmen.
Welche heiße Eisen würden Sie nicht anfassen?
Schröder: So etwas gibt's bei mir eigentlich nicht, ich mache schon, was ich will. Mein Credo ist lediglich, mir keine Opfer, sondern nur die Täter vorzuknöpfen. Und wenn jemandem das widerfährt, dann hat er sich das meistens auch selbst eingebrockt. So wie der Schauspieler Fritz Wepper, der vor wenigen Wochen mit seiner jungen Freundin wieder Papa wurde. Also der hat es zum Beispiel verdient, aufs Korn genommen zu werden.
Sie sind seit Jahren in einer Spirale "neues Programm - Tour - DVD" drin. Warum reizt es Sie nicht, mal ganz andere Wege zu gehen und etwas anderes zu machen?
Schröder: Ich halte es da mit Angus Young, der zwar immer den selben Stil hat, in dem aber immer besser werden will. Wenn Alfred Brendel zum 2000. Mal Mozart auf dem Klavier gespielt hat, dann hat er wahrscheinlich auch wieder neue Seiten entdeckt. Und so geht's mir im Prinzip auch.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/leben_artikel,-veranstaltungen-schmerzfreies-ruhrpott-schandmaul-_arid,335656.html