"Herz über Kopf" hieß es am Mittwochabend in der Würzburger Posthalle - endlich, würde manch einer sagen, denn die Fans des deutschen Senkrechtstartes Joris mussten etwa einen Monat länger als geplant auf ihr Konzert in der Posthalle warten. Aufgrund einer Verletzung des Musikers an der Schulter wurde die Veranstaltung einen Monat nach hinten verschoben. Umso aufgeregter war die Stimmung, als der Junge mit den blauen Augen die Bühne betrat und vor allem die weiblichen Fans in seinen Bann zog. "Es tut mir leid, ich werde nie wieder Fußball spielen", versprach Joris den Würzburger Fans letztendlich zu seiner Entschuldigung.
Auch wenn das Fassungsvermögen der Posthalle mit nur etwa 1000 Besuchern lange nicht erschöpft war - oder gerade deswegen - schien Joris mit seinen Texten alle zu erreichen, fast zwei Stunden lang begeisterte er seine Fans mit guter Musik und Publikumsnähe.
Mit im Gepäck hatte der aus Bremen stammende Musiker neben seiner Band die gesamte Palette der Songs aus seinem Debutalbum "Hoffnungslos Hoffnungsvoll". Mit seinen Texten, die er selbst schreibt, gehört Joris zu denjenigen, denen man noch jedes Wort abnimmt. Vielleicht gerade weil er den Eindruck eines bodenständigen Sängers erweckt, der erst im Musikmachen so richtig aufgeht. "Seit 20 Jahren mache ich Musik und es hat niemanden interessiert. Im letzten Jahr hatte ich so viel Glück", erzählte er zwischen den Liedern "Feuerwerk" und "Rom". Dass er jetzt durch Deutschland tourt, könne er selbst nicht so richtig fassen. "Würzburg, ihr macht mich hoffnungslos hoffnungsvoll", behauptete er in Anlehnung an das gleichnamige Lied.
In jedem Fall schien Joris in der Posthalle alle musikalischen Register zu ziehen. Von satten, dröhnenden Bässen und zuckendem Scheinwerferlicht, die den Boden der Halle zum Beben und die Besucher zum Tanzen brachten, bis hin zu leisen, gefühlvollen Momenten, in denen nur er - am Klavier sitzend - im richtigen Moment seine herzzerreißenden Songs voller Schmerz und Hingabe auspackte. So war es im Publikum totenstill, als Joris die Songs "Er" oder "Im Schneckenhaus" zu singen begann. Alles wirkte unverfälscht, seine Stimme mal durchdringend laut und kratzig, mal ganz weich und zerbrechlich.
Einige Songs von Joris leben von eindringlichen Melodien, andere von tiefgründigen Texten, die sofort ins Herz gehen. Auch wenn manch einer vielleicht sagen würde, viele Lieder des Albums klängen ähnlich, kommen bei näherem Zuhören doch Dinge zum Vorschein, die einen tieferen Sinn der Texte erahnen lassen.
Die meisten kennen Joris durch Lieder wie "Herz über Kopf" oder "Sommerregen", die an diesem Abend natürlich nicht fehlen durften. "Mach die Augen zu und tanz" heißt es in letzterem und auch Joris forderte die Würzburger immer wieder dazu auf.
Anfangs etwas verhalten und vorsichtig, tauten diese schließlich doch noch auf und ließen sich auf die musikalische Performance ein.
Einen kleinen Scherz konnte sich Joris dennoch nicht verkneifen: "Ich habe Herz über Kopf schon so oft gespielt, heute Abend werde ich das nicht mehr tun." Für richtige Fans war das natürlich ein Schock, waren sie doch gekommen, um unter anderem dieses Lied endlich einmal live zu hören. Zum Schluss machte Joris dann doch "eine Ausnahme", wie er schmunzelnd behauptete und stellte das Publikum mit dem Song zufrieden. Dabei wurde kurzerhand das bekannte Lied zu einem Reggae umfunktioniert, das Würzburger Publikum stieg begeistert mit ein. Der Song "Bis ans Ende der Welt" wurde, ebenfalls als Zugabe, von Joris gemeinsam mit einem Bandmitglied zunächst zweistimmig zum Besten gegeben, bevor am Ende die ganze Band einstieg.
Vor allem textsichere Fans, die jedes Lied von vorne bis hinten auswendig mitsingen konnten, kamen auf ihre Kosten. Die Resonanz des überwiegend junge Leute zählenden Publikums fiel jedenfalls sehr positiv aus. "Es war wirklich wunderschön, er kann einfach toll singen", schwärmte eine Besucherin voller Begeisterung. Joris, ein sympathischer Musiker, der "im Winter die Wärme und im Sommer den Schnee" vermisst, wird nach diesem Konzert noch Vielen in Erinnerung bleiben.
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